Die Gelbe Bürg

in fränkischer Zeit

Freie Leute und Ministerialen

Nicht alle Königsfreien haben diese Schicksal der Ergebung in die Kirche geteilt. Einige unter ihnen, wohl die begüterten und reichen, die selber über einige Eigenleute verfügten, werden im hohen Mittelalter ihre Freiheit bewahrt haben. Sie wuchsen sozial weit über die Bauern empor, führten ein standesgemäßes Leben, angelockt durch die ritterlichen Ideale der Edelfreien. Andere wieder blieben ihrer kriegerischen Tradition treu und ergaben sich als Ministerialen in den Dienst eines großen Herren. Sie waren ja von Haus aus zum Kriegsdienst verpflichtet, waren im Waffenhandwerk geübt. Dem Reich konnten sie keine Dienste mehr leisten, wenigstens nicht überall, aber einem größeren Herren konnten sie sich als ritterliche Leute ergeben (1).

Heinrich Dannenbauer ist das Nebeneinander von kleinen bäuerlichen Freien und Ministerialen im nördlichen Ries, am Hesselberg und an der oberen Altmühl aufgefallen (2). Auch um den Hahnenkamm und die Gelbe Bürg sitzen Ministeriale und Freie nebeneinander. 1146 erscheint ein Diepertus de Spilberc, der Lehen von König Konrad III. besitzt (3). Er gehört zu den freien Herren wie Ulrich de Spyleberg (4), die aber nicht wie der Hochadel über ausgedehnten Grundbesitz verfügen, sondern nur in einem oder wenigen Dörfern der engeren Umgebung begütert sind. Den Spielbergern ebenbürtig scheinen die Freien von Gnotzheim. Diese Familie zählt zu den Freigeborenen. Ein Pertold de Gnozzesheim ist 1122 Lehensmann des Bischofs von Bamberg. Er erscheint in der Zeugenreihe vor den Ministerialen (5). Als freier Mann darf wohl auch der 1160 genannte Priester Rapoto de Glozzesheim (Gnotzheim) angesprochen werden, der zusammen mit Heinrich von Tilenhouen (Theilenhofen), Heinrich von Beroldsheim (Berolzheim), Chunrat von Sammenheim und Engelbert de Stophenheim (6) auftritt . Scheinbar entstammen die Freien von Spielberg und die von Gnotzheim einer gemeinsamen Sippe (7).

Dem Stande der Königsfreien mögen auch die Freien von Dittenheim entsprossen sein. Die Brüder Ruopreht und Luodewich de Titenheim sind Bamberger Lehensleute (8), Adelbert de Titenheim erscheint 1130unter freien Zeugen (9). Kleine freie Leute sitzen auch in Degersheim, während jener Chono die Woluesprunnen Eichstätter Ministeriale ist (10). Nach Heidenheim nennt sich ein Manegoldus de Heidenheim (11), der wohl Ministeriale der Eichstätter Kirche ist. In einer Liste der Rebellen gegen Kaiser Friedrich II. erscheint um 1235 ein Heinricus de Heidenheim (12), von dem angenommen werden kann, daß er nach unserem Heidenheim benannt ist. 1267 ist ein H. de Heidenheim Deutschordensbruder in Nürnberg (13).

Diese freien Leute um den Hahnenkamm, die noch im 12. Jahrhundert greifbar sind, können wohl kaum als die verarmten Nachfahren großer, edelfreier Geschlechter angesprochen werden. Ihr Besitz bleibt uns leider unbekannt, weil aus dieser frühen Zeit die Güterverzeichnisse Fehlen. Nach dem Auftreten in den Zeugenreihen der Urkunden scheint ihr Besitztum auf wenige Hufen beschränkt gewesen zu sein. Daß einige aus diesen freien Familien sich einem größeren Herrn als Ministerialen angeloben, erscheint uns daher nicht verwunderlich. Sie sind alle Nachfahren einstiger vornehmer Königsfreienfamilien, die in fränkischer Zeit in dem Königsland um den Hahnenkamm und vor allem um die Gelbe Bürg angesiedelt wurden. Die Wurzeln ihrer Freiheit reichen in jene Zeit zurück, da der fränkische König durch zielbewußt gelenkte Staatssiedlung die alemannische Vorbevölkerung überlagerte und einen "fränkischen Korridor" zwischen dem alemannischen und bayerischen Stammesraum öffnete. H. H. Hofmann hat in einer interessanten Arbeit nachgewiesen, daß auch die noch im späten Mittelalter nachweisbaren Freidörfer in ihrer Wurzel auf die alte Königsfreiheit der Merowinger- und Karolingerzeit zurückreichen (14).

Sammenheim

Sammenheim und der Gelbe Berg

Im Jahr 1301 verpfändet König Albrecht seinem Oheim, dem Grafen Ludwig von Oettingen, weil er ihm 3000 Pfund für sein Kriegsvolk vorgestreckt hatte, verschiedene Orte, die zum Amt Sammenheim gehören: Aichach, Auernheim, Dittenheim, Hechlingen, Obermögersheim, Röckingen, Sausenhofen, Windsfeld, Oberwurmbach, Pfäfflingen, Fünfstetten, Breitenlohe, Flotzheim, Ursheim, Gnotzheim, Laubenzedel, Nußbühl, Ostheim, Spielberg, Schobdach, Oberschwaningen und Westheim (15). Diese Dörfer unterstanden bisher dem Reich, nicht, daß der König dort samt und sonders alleiniger Grundherr gewesen wäre, sondern die Vogtei über den gemeineigenen Grund, über Wasser, Wun und Weid usw. wird vom König verpfändet. Überblickt man die Lage dieser Freidörfer, so fällt auf, daß sie sich, von einigen abgesehen, sehr dicht um die Gelbe Bürg konzentrieren. Daß Sammenheim Sitz des Amtes ist, zu dem diese Dörfer gehören, scheint doch nicht reiner Zufall zu sein. Vielleicht darf man für die Merowingerzeit den Sitz einer Centene auf der Gelben Bürg vermuten. Die Centene ist nach Heinrich Dannenbauer ein Bezirk, in dem Leute auf Königsland sitzen und dafür einen Zins an den König entrichten (16). Der Centenar, der Befehlshaber einer Centene, saß wohl in der Nähe der Burg. Es ist leider nicht möglich, einen Centenar oder eine Centene an der Gelben Bürg urkundlich zu fassen. Die Ungunst der schriftlichen Überlieferung versagt uns hier den letzten Einblick. Damit ist aber nicht gesagt, daß hier in dem Altsiedelland um die Gelbe Bürg nicht eine solche Centene bestand. Vielleicht ist das Amt Sammenheim noch ein später Rest einer solchen Centene, der sich in das Mittelalter hinübergerettet hat. Die Häufung von personenbestimmten "-heim"-Namen, die Parafreda in der Heidenheimer Immunitätsurkunde sowie das Auftreten zahlreicher kleiner bäuerlicher Freier im hohen Mittelalter lassen es für wahrscheinlich erscheinen, dass um die Gelbe Bürg einst eine solche Centene existierte, die in merowingischer Zeit auf ehemaligem Königsland erstand.

Anmerkungen

  1. Heinrich Dannenbauer, Königsfreie und Ministerialen in Grdl. d. m. Welt, S.329 - 353
  2. Ebenda S. 34
  3. Heilsbr. Urk.-Reg. Nr. 7 und Nürnb. Urk.-Buch Nr. 32,41 und 49
  4. Heidingsfelder Nr.46
  5. Ebenda Nr. 311
  6. Amrhein, Archivinventare der kath. Pfarreien Diözese Würzburg, S. 173, Nr. 16
  7. Über die Freien von Gnotzheim siehe auch Joseph Braun, Aus vergangenen Tagen, Beiträge zur Geschichte von Gnotzheim und Spielberg, Gunzenhausen 1953, S. 15/16
  8. Heidingsfelder Nr. 31
  9. v. Guttenberg, Territorienbildung am Obermain, S.264
  10. Heidingsfelder Nr. 45
  11. Heidingsfelder Nr. 56
  12. Martin Wellmer, Eine süddeutsche Proscriptionsliste im Staatsarchiv Wolfenbüttel in Festschrift zum 70. Geburtstag von Theodor Mayer, Konstanz 1955, S. 112, Nr. 9
  13. Nürnberger Urk.-Buch Nr.42
  14. H. H. Hofmann, Freibauern, Freidörfer, Schutz und Schirm im Fürstentum Ansbach in Zeitschrift f. bay. Landesgeschichte 1960, Bd. 23, Heft 2, S. 195 - 32
  15. Grupp, Oetting. Regesten Nr. 43
  16. H. Dannenbauer, Hunderschaft, Centena und Huntari in Grdl. d. m. Welt, S.214