Die Gelbe Bürg

in fränkischer Zeit

Der Befund der Ortsnamen

Kurzenaltheim

Blick auf das mittlere Altmühltal mit Kurzenaltheim im Vordergrund. Links die zum Gelben Berg aufsteigende bewaldete Anhöhe "Kent"

Von Sammeln2 - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=115178464

Das alte Siedeland um die Gelbe Bürg ist erfüllt von Ortsnamen, unter denen die mit dem Grundwort "-heim" zusammengesetzten weitaus in der Mehrzahl sind. Wir könnten ihren Anteil in der Namenlandschaft zahlenmäßig ausdrücken. Das ist wohl nicht notwendig, denn schon ein Blick auf die Karte verrät uns eindrucksvoll die eindeutige Vorherrschaft der "-heim"-Namen. Sie gehören fast ausnahmslos jener Gruppe an, die im Bestimmungswort einen Personennamen enthalten. Lediglich unmittelbar am Fuß des Berges erscheint ein Altheim und südwestlich der Gelben Bürg treten sogenannte orientierte "-heim"-Namen (Ostheim, Westheim) auf, die eine Namengebung von einem bestimmten Mittelpunkt voraussetzen. Die Namenlandschaft um die Gelbe Bürg enthält also alte Züge, sie ist erfüllt von Ortsnamen, die noch der Landnahmezeit angehören und damit zu den alten Schichten in der Welt der Ortsnamen gerechnet werden.

Früher glaubte man, ausgehend von der Arnoldschen Stammestheorie, die "-ingen"-Orte den Alemannen, die "-heim"-Orte den Franken zurechnen zu können. Heute ist man überzeugt davon, daß beide in der Landnahmezeit zu Modegruppen geworden sind. Die Notwendigkeit, vielen gleichzeitig entstehenden Ortschaften Namen zu verleihen, hat eine Namengebung ausgelöst, bei der man sich eines bestimmten Grundwortes bediente. Die Ortsnamen auf "-heim" im Raume der Gelben Bürg sind wohl vom 6. Jahrhundert ab in Mode gekommen, als die Franken begannen, ihre Herrschaft nach Osten hin auszudehnen. So können diese "-heim"-Namen, obwohl gemeingermanisch, doch eine gewisse zeitliche Einstufung erlauben und Zeugnis der fränkischen Inbesitznahme unserer engeren Heimat geben.

Aus der großen Gruppe der personenbestimmten "-heim"-Namen um die Gelbe Bürg bricht ein Name aus: Kurzenaltheim. Der Ort liegt unmittelbar am Fuße des Berges in einer windgeschützten Talbucht. Die heutige Schreibweise Kurzenaltheim ist modern und wohl eine Angelegenheit der Solnhofer Pröbste und der späteren markgräflichen Klosterverwalter von Heidenheim gewesen. Diese nannten zur Unterscheidung von Langenaltheim das altmühlaufwärts gelegene Oberaltheim nun Kurzenaltheim, worüber später noch zu reden sein wird. Im Volksmund heißt der Ort heute noch Altheim. Dieses Kurzenaltheim hat bisher in der heimatgeschichtlichen Forschung nur ein bescheidenes Winkeldasein geführt. Da es jahrhundertelang ununterbrochen Zubehör zum Kloster Solnhofen war und kaum eine Güterbewegung erfolgte, wurden auch keine Urkunden ausgestellt. So blieb es der Forschung verborgen, zumal es so viele Altheim gibt, auf die sich geschichtliche Nachrichten beziehen lassen. Der Ortsname Altheim kennzeichnet diesen Ort jedoch als eine sehr alte Siedlung, zumindest als die älteste Niederlassung innerhalb der "-heim"-Orte. Um dieses Altheim am Fuße der Gelben Bürg liegt ein Schwarm von "-heim"-Namen, deren Bestimmungswort einen Personennamen enthält.

Wir finden:

Diese Gruppe von "-heim"-Namen, die sich rings um die Gelbe Bürg scharen, bilden wohl in der großen "-heim"-Landschaft südlich des Limes eine Familie, ein Kerngebiet. Das "o" am Schlusse des Wortstammes im Bestimmungswort kennzeichnet sie entweder als einstämmige Rufnamen oder als zweistämmige Rufnamen unter Verwendung des Suffixes "o". Da die Kurzformen auf "o" schwach flektieren, liegt wohl bei Sammenheim, Heidenheim, Dittenheim und vielleicht auch Meinheim ein Personenname mit der Kurzform "o" vor. Soll das reiner Zufall sein oder weist das "o" am Schlusse des Wortstammes auf gleiche Namenglieder hin? Die Vermutung liegt nahe, daß diese vier Personen Angehörige einer adeligen Sippe sind, deren Verwandtschaft auf Grund der Namenvariation naheliegt. Ließe sich der Name Gelbe Bürg, der in ältester Form Gebenbürg lautet, noch deuten als "Burg eines Gebo", so würde dieser Name mit seinem "o" am Schlusse des Wortstammes noch gut in die Sippe passen.

Für die Geschichte der Gelben Bürg in fränkischer Zeit könnte aus der naheliegenden Verwandtschaft der Ortsname gefolgert werden, daß eine fränkische Adelssippe in der Merowingerzeit in unmittelbarer Umgebung der Bürg einwurzelte. Die Ortsnamen Dittenheim, Meinheim, Sammenheim und Heidenheim berichten von fränkischen Grundherren, die hier ihren Herrenhof errichteten und ihn von ihren abhängigen Leuten bewirtschaften ließen. Die Entwicklung könnte etwa folgendermaßen verlaufen sein: Im 6. Jahrhundert nach der Unterwerfung der Alemannen (496) und der Thüringer (530) durch die Franken wird ein vornehmer fränkischer Herr aus dem Rhein - Moselgebiet nach dem strategisch und politisch wichtigen Freiland südlich des rätischen Limes in königlichem Auftrag verpflanzt. Der adelige Herr erkennt die Gelbe Bürg als wichtigen Stützpunkt der Raumbeherrschung in dem noch unruhigen, von Alemannen oder Resten der Vorbevölkerung dünn besiedelten Offenland um die Gelbe Bürg. Die Burg soll zum Fundament der fränkischen Herrschaft in diesem Raum werden oder es soll zumindest verhindert werden, daß sich ein nichtfränkischer Adeliger dieses Machtinstrumentes bedient. Das Land südlich des Limes, ehemals römisches Staatsland, dann vielleicht alemannisches Adelsgut, wird fränkisches Königsland. Der vornehme Herr kommt im Auftrag des fränkischen Königs. Um die Gelbe Bürg wird eine Königsmark abgegrenzt. Nach Nordosten zu bildet vielleicht die Altmühl eine natürliche Grenze, an der heute noch die Ortsmarkungen von Dittenheim, Meinheim, Berolzheim und Wettelsheim endigen und die heutige Landkreisgrenze bilden. Um die Gelbe Bürg soll eine adelige Herrschaft zur Durchsetzung fränkischer Interessen erstehen. Der Herr selbst, der ja mit einem ansehnlichen Gefolge ankommt, legt nur eine kleine Besatzung in die Burg oder sie wird überhaupt nur in Zeiten der Gefahr besetzt. In merowingischer Zeit war die Burg wohl noch nicht ständiger Wohnsitz wie im Mittelalter. Das Burgenwesen des 6. und 7. Jahrhunderts stand wohl dem der germanischen Zeit sehr nahe. Wesentlich war, daß die Burg im Kriegsfalle rasch besetzt werden konnte und daß zuverlässige Leute in ihrer Nähe waren, sie im Ernstfall zu verteidigen.

Dittenheim mit Gelben Berg

Blick auf Dittenheim mit Gelbem Berg im Hintergrund

Zudem erforderte ein dauernder Aufenthalt auf der kahlen, verkarsteten Krone des Berges auch den an Hitze und Kälte gewöhnten frühmittelalterlichen Menschen doch allerhand Beschwerden ab. Im Winter konnten eisige Nord- und Ostwinde erbarmungslos über die kahle Fläche fegen. Darum haust der Herr mit seiner Familie drunten auf seinem Herrenhof. Altheim, am Fuß der Gelben Bürg in einer windgeschützten Talbucht, darf wohl als der Edelsitz des vornehmen fränkischen Herren betrachtet werden. Die alte Bedeutung des Grundwortes "-heim" war "Haus, Einzelgehöft (5)". Altheim bedeutet demnach "Altes Haus", worunter wir den zuerst angelegten Edelsitz des adeligen Burgkommandanten zu verstehen haben. Der Edelsitz ist Amtssitz im Auftrag des Königs, ist Königshof. Der Raum um die Burg Aber muß mit zuverlässigen Leuten fränkischer Herkunft besetzt werden. Zuverlässige Leute sind solche aus der Verwandtschaft des Burgkommandanten. Darum siedeln die Söhne oder Enkel um die Burg herum, vielleicht etwas später als der Sippenälteste, aber wohl noch im 6. oder Anfang des 7. Jahrhunderts. Sammo und Tito errichten auf dem fruchtbaren Schwarzjuraland nördlich der Burg ihre Edelhöfe, Meino im Osten und Heido in einer Talbucht des Hahnenkamms. So ist die Burg ringsum mit fränkischen Leuten gesichert, selbst wenn man auf Grund der unzuverlässigen Namenvariation nicht an ihre Verwandtschaft glauben kann. Sie alle sind vornehme adelige Leute, wirtschaften mit abhängigen Unfreien und Eigenleuten.

Die alte königliche Großmark zerfällt im Laufe der Zeit in kleinere Ortsmarkungen. Der ursprüngliche Edelsitz erhält die Bezeichnung Altheim, die jüngeren nennen sich nach den Herren, die um die Burg herumsitzen. So wohnt die adelige Sippe um die Burg herum, sie gehört ihr gemeinsam. Der Besitz verpflichtet zur Unterhaltung und zur Verteidigungsbereitschaft. Die adelige Sippe ist mächtig. Sie verfügt über zahlreiche Eigenleute und Unfreie, die zu Arbeitsleistungen herangezogen werden können.

Der Burgkommandant aber ist im Auftrag des Königs in das Land hineingestellt. Die Burg ist königlicher Besitz, darum verfügt er auch über die Dienste der freien Königsleute, die auf Staatsland im weiteren Umkreis um die Burg sitzen und zum Kriegsdienst verpflichtet sind. Von ihnen soll später noch gehandelt werden. So ist es auch durchaus denkbar, daß die jüngere Steinmauer auf der Gelben Bürg der merowingischen Zeit zugesprochen werden könnte. Die Ausdehnung der Mauer war nicht allzugroß und die Arbeitsleistung konnte von der adeligen Familie mit ihren Eigenleuten und Unfreien und mit dem Einsatz von Königsfreien wohl bewältigt werden. Steinmaterial war in unmittelbarer Nähe leicht zu brechen. Selbst wenn man aber durch exakte moderne Grabungen den Beweis erbringen könnte, der jüngere Wall auf der oberen Terrasse stamme schon aus vorfränkischer Zeit, wird man auf Grund des Ortsnamenbefundes in diesem Raum ein fränkisches Interesse an der Gelben Bürg nicht leugnen können. Selbst wenn die fränkische Politik nur die Absicht gehabt hätte, zu verhindern, daß dieser Berg, der "Hüter des mittleren Altmühltales", wie er im Heimatboten bildhaft genannt wird, wieder in fremde Hände fällt, wäre damit dieses Interesse bekundet. Sicher lag es aber im Sinne der fränkischen Königslandpolitik, nicht nur dafür zu sorgen, daß diese Burg nicht in fremde Hände fällt, sondern daß sie zum raumbeherrschenden Mittelpunkt des wegen seiner alten Straßen strategisch wichtigen Albvorlandes und der Hahnenkammbastion wurde, die den Eingang ins Ries und ins östliche Alemannenland beherrschte. Dieses fränkische Interesse an der Gelben Bürg bezeugen die vielen "-heim "-Namen im Umland.

Anmerkungen

  1. Heidingsfelder Nr. 311
  2. Ebenda Nr. 597
  3. Ebenda Nr. 5
  4. Ebenda Nr. 408
  5. Ernst Schwarz, Deutsche Namenforschung, Bd. II, S. 139