Die Gelbe Bürg

in fränkischer Zeit

Die Siedlungslandschaft um die Gelbe Bürg

Altmühltal

Blick vom Gelben Berg Richtung Dittenheim

Wer an einem klaren Tag auf das sonnige Altmühltal herabblickt, der erlebt einen schroffen Gegensatz im Landschaftsbild: Der Steilrand des Hahnenkamms ist von dichtem Mischwald gekrönt, das Albvorland und das Altmühltal bis Gunzenhausen erscheinen fast völlig waldfrei, die Keuperhöhen nördlich der Altmühl sind wieder von dichten Wäldern bedeckt. Ein breites Band offenes Landes umschlingt den Hahnenkamm in weitem Bogen von Treuchtlingen ausgehend über die Gemarkungen Wettelsheim, Berolzheim, Meinheim, Dittenheim, Sammenheim Gnotzheim, Ostheim und Westheim. Es ist die Schwarzjura-Ackerflur, ein vorzügliches Bauernland mit schweren Weizenböden, das Starkfeld am Fuße des Hahnenkamms, das Land der "Schrollenbumser", wie man die Bewohner dieses Tonhügelsaumes im bäuerlichen Humor vielfach bezeichnet. Heitere Anmut, sanft geneigte Wiesen und Felder, ein weitgeschwungenes, fruchtgesegnetes Ackerland, das ist das Antlitz dieser Landschaft, die im Norden sanft zum unbewaldeten Altmühltal, im Westen zum offenen Hesselbergland und zur Wörnitzniederung hinüberfließt. Die Breite dieses sanftlinigen und oft kissenartig geblähten Albvorlandes wechselt mit den Geländeformen. Bergvorsprünge und Berghalbinseln verengen oder erweitern dieses waldarme Acker - und Wiesengefilde, das siedlungsgeschichtlich mit der Altmühlaue eine Einheit bildet. Bald zieht es sich als schmales Band zwischen Altmühl und Jurasteilrand dahin, bald erweitert es sich als breite, wannenartige Bucht und dringt tief in das Waldland des Hahnenkamms vor.

So öffnet sich südlich der Gelben Bürg der Steilhang der Alb und läßt durch eine breite Talmulde bei Meinheim das tonige Schwarzjuraland in das Albmassiv vordringen. Die fruchtbaren Fluren von Wolfsbronn, Oberweiler und Kurzenaltheim breiten sich auf sanft niederziehenden Gleithängen dieses Liassaumes aus. Ähnlich buchtenartige Erweiterungen des fruchtbaren Albvorlandes begegnen uns auch bei Wettelsheim, wo die östliche Rohrach zur Altmühl eilt und hier eine breite Talbucht geschaffen hat. Das auffallende Merkmal dieser Bauernlandschaft zu Füßen der Gelben Bürg ist seine Waldarmut. Nur wenige Wäldchen um Sausenhofen und zwischen Sammenheim und Dittenheim grüßen wie grüne Inseln im Hochsommer aus dem goldenen Meer der Weizen- und Gerstenfelder herauf. Diese stehen meist in den entfernten Außenfeldern der Gemarkungen. Drüben über der Altmühl im Rodungsland des sandigen Keuperwaldgebietes bietet sich dem Auge ein umgekehrtes Bild: Dort leuchten die Gemarkungen der Dörfer wie helle Inseln aus dem düsteren Dunkel des Nadelwaldes. Auf dem Liasland westlich des Hahnenkamms in der Gegend von Ostheim und Westheim und zur Wörnitzniederung hin, tritt die Bewaldung etwas stärker hervor. Die Ursache dafür bilden die unruhigen Geländeformen. Westlich von Spielberg ruht auf dem Liasvorland ein starkbewaldeter Zeugenberg der Braunjurastufe, der Wachtler. Seine oberste Schicht bildet der Eisensandstein, seine Steilhänge bis tief herab sind mit waldfreundlichen Sanden überschüttet. Auf seinem langgestreckten Gipfel scheiden sich die Feldmarkungen von Geilsheim, Obermögersheim und Ostheim. So überließ man die vom Ortskern weit entlegenen Außenfelder dem Wald, zumal sie ja als Steilhänge für den Ackerbau wenig geeignet sind. Größere und kleinere Waldbestände konnten sich auch noch in der Westheimer Gegend auf dem wenig fruchtbaren Gryphäensandstein halten sowie auf den meist steinigen Kuppen, die einst vom Rieskrater ausgesprengt und hier inselartig auf das Schwarzjuraland aufgetragen wurden. Trotz dieser verstreuten Waldstücke erweckt jedoch die gesamte Landschaft nördlich und westlich der Gelben Bürg den Eindruck eines alten Bauernlandes, das in weitem Bogen den Hahnenkamm umzieht.

Im Osten findet diese wenig bewaldete Zone Anschluß an die altbesiedelte Weißenburger Bucht, einer alten politischen und strategisch bedeutenden Landschaft, im Norden fließt sie sanft hinüber zum offenen, völlig waldlosen Altmühltal, das eine Reihe vorgeschichtlicher Gräber beherbergt. Westlich der Gelben Bürg gewinnt das Freiland über die Gemarkungen Gnotzheim, Obermögersheim, Altentrüdingen unmittelbare Verbindung mit der Hesselberggegend, einem alten bäuerlichen Kulturland. Schließlich stößt diese waldarme Zone westlich des Hahnenkamms als keilförmige Bucht von Gnotzheim und Wassertrüdingen ausgehend zwischen dem stark bewaldeten Hahnenkamm und dem Oettinger Forst, einem großen, spät besiedelten Waldgebiet westlich der Wörnitz, vor und gewinnt an der Wörnitzfurt bei Oettingen (Hainsfarth = Heimunesfurt!) Anschluß an das Ries, das mit 6 Prozent Bewaldung die am dünnsten bewaldete Landschaft in Süddeutschland ist. Zusammenfassend läßt sich sagen: Die Gelbe Bürg bei Dittenheim liegt inmitten eines wenig bewaldeten, offenen Kulturlandes und beherrscht weithin dieses Freiland, das zu alten, ebenfalls waldfreien Randlandschaften, der Weißenburger Bucht, dem Hesselbergland und dem Ries, unmittelbaren, durch keine Waldzone behinderten Anschluß hat.

Aus dieser fast waldfreien Saumzone nördlich und westlich der Gelben Bürg ragt mauerartig die stark bewaldete Hahnenkammstufe auf und bildet mit ihrer prächtigen Bewaldung einen scharfen Gegensatz zum offenen Freiland des Albvorlandes und des Altmühltales. Wer heute die Buchenwälder südlich des Gelben Berges, die Waldungen um Spielberg, Heidenheim, Wolfsbronn, Hohentrüdingen und Windischhausen oder gar die Ulbergwälder durchwandert und den Zauber der Waldeinsamkeit auf sich wirken läßt, der kann sich des Eindrucks nicht erwehren, die Hahnenkammwaldungen seien noch Restbestände eines einst weitgedehnten, geschlossenen Waldgebietes und unser Hahnenkamm wäre etwa im Gegensatz zu seiner altbesiedelten Nachbarlandschaft, dem Ries, eine geschichtslose Waldlandschaft gewesen, in die erst durch die angebliche Rodungstätigkeit der Heidenheimer Mönche des 8. Jahrhunderts das Licht der Geschichte gekommen wäre. Doch die Vorstellung, der Hahnenkamm sei eine jungbesiedelte Waldlandschaft bis in das frühe Mittelalter geblieben, ist nur augenscheinlich, aber historisch nicht zu begründen. Natürlich ist der Hahnenkamm stärker bewaldet als das davorliegende Albvorland, aber diese stärkere Bewaldung erklärt sich lediglich aus dem Landschaftszwang. Die heutige Verteilung von Wald und Freiland im Raum um die Gelbe Bürg folgt "durchsichtigen Zweckmäßigkeitsgründen". Die vielen Steilhänge im Hahnenkamm, die oft wenig ertragreichen "Scherbenäcker" der Weißjurastufe und die sandigen Böschungen des Eisensandsteins eignen sich weniger zum Ackerbau und bleiben daher dem Wald überlassen. Geistliche Grundherrschaften wie das Kloster Heidenheim und weltliche Herren wie die Grafen von Truhendingen bewahrten hier ihren umfangreichen Waldbesitz. In den Außenfeldern der Gemarkungen wurde sogar im hohen Mittelalter noch gerodet, wovon die vielen Flurnamen auf -reuth, -rod (Kreuthof!) hinweisen. Trotzdem wäre es ein Trugschluß, wollten wir den Hahnenkamm im Sinne des spätbesiedelten Keuperwaldes nördlich der Altmühl als Rodungsland bezeichnen. Der landschaftliche Gegensatz zwischen stark bewaldetem Hahnenkamm und waldfreiem Albvorland erklärt sich aus dem Landschaftszwang. Siedlungsgeschichtlich gehören die beiden Landschaften zusammen. Das wird uns klar, wenn wir die Siedlungsformen betrachten.

Gewannflur

Alte Karte einer Gewannflur im Kreis Fritzlar

Zu den doppelsinnigen und deshalb unklaren Bezeichnungen gehört das heute so viel verwendete Wort Siedlung. Im modernen Städtebau hat es eine ganz spezielle Färbung gewonnen. Wir sprechen von der "Gundekar - Siedlung", von der Stadtrandsiedlung usw. In der geschichtlichen Landeskunde wird der Begriff Siedlung bald im weitesten Sinne gebraucht und bezeichnet dann alle jene Erscheinungen, die durch die Niederlassung der Menschen in einer Landschaft hervorgerufen wurden, bald jedoch dient er im engeren Sinne als bloßes sinnverwandtes Wort für Ort und Ortschaft. Bei unserer weiteren Überlegung wollen wir den Begriff Siedlung im weitesten Sinne verwenden. Die Siedlungsform umfaßt dann sowohl die Ortsform wie die Flurform. Über das waldarme Albvorland und über den Hahnenkamm ist eine Siedlungsform verbreitet, die man in der Fachsprache als Gewannflur bezeichnet. Was ist darunter zu verstehen? Wer bei klarem Wetter von der Gelben Bürg oder von der landschaftlich so reizvoll gelegenen Burg Spielberg auf das sanftgeschwungene, waldfreie Albvorland am Fuße des Hahnenkamms herabblickt, der erkennt ein vielfältiges Gewirr von Linien, die Äcker und Wiesen begrenzen. Eindrucksvoller kann eine Flurzersplitterung kaum mehr in unserer Heimat beobachtet werden. Die moderne Landwirtschaft betrachtet dieses verzerrte Gewirr von kleinen und kleinsten Feldern als unglückliches Erbe aus dem fernen Mittelalter. Die Flurbereinigung wird diese stark zersplitterten Fluren beseitigen und sie durch große, grobblockige Grundstücke ersetzen, die dem Bauern Wege ersparen und den rentablen Einsatz moderner Maschinen gestatten. Wenn die Flurbereinigung verwirklicht ist, wird sie das Bild unserer heimatlichen Landschaft entscheidend verändern. Nur noch kurze Zeit können wir diese alten, historisch gewachsenen Fluren mit ihren vielen kleinen Feldstücken bewundern.

Die Gewanndörfer zu Füßen der Gelben Bürg sowohl als auch die des Hahnenkamms zeichnen sich insgemein durch eine ansehnliche Größe der Gemarkung aus. Die Feldflur ist in eine große Zahl von Abteilungen, sogenannte Gewanne oder Gewande zerlegt, und jedes dieser Gewanne zerfällt wieder in eine größere Zahl von schmalen, langgestreckten Ackerstreifen, die in der Regel unter ebenso viele einzelne Bauern verteilt sind. Jeder Dorfgenosse ist also an jeder größeren Anzahl über die ganze Feldflur zerstreut liegender Gewanne beteiligt. Es herrscht Gemengelage und da die Zugänge zu den Feldern fehlen, vielfach auch eine Art Flurordnung. Wesentlich ist, daß die ganze Feldmarkung in die Gewanneinteilung einbezogen ist und daß ferner die Gewanne in zahlreiche Streifen zerlegt sind, die in der Länge gemessen die Grundstücke in ihrer Breite um ein vielfaches übertreffen. Auf der gesamten Feldflur geht in regelmäßigem Wechsel die Dreifelderwirtschaft um, die sich gerade von der Gelben Bürg aus noch eindrucksvoll beobachten läßt, denn die Hackfrüchte auf dem ehemaligen Brachfeld erscheinen als grüne Flächen in dem Gold des mit Getreide bebauten Sommer- und Winterfeldes. Jeder Bauernhof ist also, wenn seine Wirtschaft nicht in Unordnung geraten will, in jedem dieser drei Felder mit Grundbesitz vertreten. Bei tieferem Eindringen ist man sogar versucht, noch bezeichnende Merkmale der Dorfverfassung zu finden.

Die Grenzen der Ortsgemarkung werden alljährlich von den Siebnern (Feldgeschworenen) und der Schuljugend umgangen, in manchen Gegenden erfolgt im Abstand mehrerer Jahre ein feierlicher Flurumritt. Als in der Landnahmezeit des frühen Mittelalters in dem Gebiet südlich des Limes die schon damals wenig bewaldeten Flächen auf dem Albvorland und im Hahnenkamm besetzt wurden, die Mark abgegrenzt und die Flur an verschiedenen Stellen in Anbau genommen war, blieben außer dem Wald noch erhebliche Teile der Flur in Gemeindebesitz. Das umfangreiche Gemeindeland dieser Gemarkung brauchte man als Weideplätze für das Vieh. Den mit modernen Methoden wirtschaftenden Bauern fällt es schwer, sich von dem ausgedehnten Weidebetrieb dieser alten Gewanndörfer eine klare Vorstellung zu bilden. Die Weidewirtschaft des Mittelalters beruhte letzten Endes auf der starken Bindung des bäuerlichen Menschen an die Dorfgemeinschaft. Das Vieh sämtlicher Dorfgenossen in den Gewanndörfern wurde zu einer Herde unter einem Dorfhirten vereinigt und von Walburgis (1. Mai) bis Martini (11. November) auf der Allmende geweidet. Die gesamte Gewannflur erweckt den Eindruck einer modern anmutenden Güterverteilung nach dem Grundsatz der Gleichberechtigung aller Genossen. Die ältere Forschung betrachtete sie daher als eine Einrichtung aus urgermanischer Zeit. Man glaubte, die in demokratischer Verfassung und in Sippengenossenschaften einwandernden Alemannen und Franken wären schlagartig vom Nomadentum zum Ackerbau übergegangen und hätten das Land unter sich verteilt. Heute weiß man, daß auch die Gewannflur als das Ergebnis einer längeren Entwicklung zu betrachten ist und "daß nichts verkehrter ist, als die romantischen Vorstellungen von der Freiheit und Gleichheit der Germanen" (Dannenbauer).

Im Gegensatz zur demokratisch anmutenden Ordnung in der Flur liegen die Gehöfte im lockeren "Haufen" aneinander. Für jeden Dorfgenossen besteht das Bedürfnis, seine Wirtschafts- und Wohnräume möglichst in der Mitte der Gemarkung zu haben. Aus diesem Grunde drängen sich die Häuser und Scheunen zu einem geschlossenen Dorf zusammen. In der Regel liegen die Gewanndörfer in einer wasserführenden, windgeschützten Mulde, besonders im Hahnenkamm, mit dem beladenen Erntewagen von allen Teilen der Flur leicht zu erreichen. Noch deutlich erkennt man in manchen alten Dörfern den Zug des Etters, der Dorfhecke, die einst das ganze Dorf umzog.

Das Haufen-Gewanndorf ist eine Siedlungsdorf, die dem Albvorland und dem stark bewaldeten Hahnenkamm eigentümlich ist. So ist der scheinbare Gegensatz, der durch die stärkere Bewaldung des Hahnenkamms in Erscheinung tritt, kein Hinderungsgrund, daß wir beide Landschaften um die Gelbe Bürg als eine einheitliche alte Siedlungslandschaft erkennen. Die Tatsachen, auf denen unsere Auffassung von einer einheitlichen alten Besiedlung des waldfreien Albvorlandes und des stärker bewaldeten Hahnenkamms beruht, sind aber vor allem archäologischer Art. Es ist eine auffallende Erscheinung, wie sich die vorgeschichtlichen Gräberfelder und die Funde, würden wir sie kartenmäßig erfassen, in dem offenen Altmühltal, im Albvorland und auch auf dem Hahnenkamm zusammendrängen, während sie jedoch in dem Keuperwaldgebiet nördlich der Altmühl nur inselartig eingestreut sind oder vollständig fehlen. Um die Erforschung dieser vorzeitlichen Gräber hat sich Dr. Eidam besonders bemüht. Die Grabungen liegen zwar schon Jahrzehnte zurück und wurden noch nicht mit den modernen Methoden der gegenwärtigen prähistorischen Forschung durchgeführt. Die Vorgeschichte war zu jener Zeit noch eine junge Wissenschaft, ihr Bild von der Kultur jener Zeit ein noch lückenhaftes. Die Funde, die aber bei den Grabungen Dr. Eidams gehoben wurden und heute im Heimatmuseum Gunzenhausen liegen, legen doch ein beredtes Zeugnis ab von der jahrtausendealten Besiedlung des Raumes um die Gelbe Bürg.

Die Jungsteinzeit ist am Fuße des Berges vertreten mit Funden bei Sausenhofen. Im Herbst 1925 wurde dort im Rosenacker eine mit schwarzer, speckiger Erde gefüllte Grube entdeckt, in deren Nähe ein kleines, schwarzes, geschliffenes Steinbeil zum Vorschein kam. Im Frühjahr 1926 fanden sich westlich vom Ort im Moosacker sieben Abfallgruben mit Messerklingen, Schabern und Bohrern. Dr. Eidam vermutete dort die Werkstatt eines Steinschlägers. Bei planmäßigen Grabungen in den Äckern nördlich des Dinkelbächleins wurden Gefäßscherben, viele schöne Messerklingen, Schaber und Kratzer ausgegraben (1). Jungsteinzeitliche Siedlungen entdeckte der Gunzenhäuser Vorgeschichtsforscher auch am Ortsrand von Unterasbach. Den dortigen Grabungen wohnte auch der Landesgeologe Dr. Reuter bei. Ein Kochplatz mit dem Herd in der Mitte und verschiedene steinzeitliche Geräte kamen zutage. Die 1926 fortgesetzten Grabungen im Krautgarten erbrachten den Beweis, daß auf dem Südrand der Diluvialterrasse am linken Ufer der etwa zwei Meter tiefen und in 15 Meter Entfernung vorbeifließenden Altmühl ein Dorf der jüngeren Steinzeit gestanden war (2).

Weitere jungsteinzeitliche Siedlungen in der näheren Umgebung der Gelben Bürg wurden in Stetten, bei Dornhausen, Unterwurmbach und Wettelsheim festgestellt. Daß der Berg selbst schon in dieser ältesten Siedlungsepoche unserer Heimat ein wichtiger Anziehungspunkt war, darüber haben steinzeitliche Funde auf dieser Höhe Aufschluß gegeben (3). Aus der folgenden Bronze- und Hallstattzeit wachsen die Funde und Gräberfelder im Umland der Gelben Bürg zu einer außerordentlichen Dichte an. Die Bürg muß in jener Zeit Mittelpunkt einer dichtbesiedelten Landschaft gewesen sein. Zahlreiche Grabhügel finden sich einzeln und in Gruppen an beiden Ufern der Altmühl. Als erster großer Friedhof kommt der "in den Lusen" gelegene bei Unterasbach in Betracht, bestehend aus 30 kleineren und großen Rundgräbern, von denen die meisten ausgegraben, manche von den Wiesenbesitzern eingeebnet worden sind. Zu den Siedlungen bei Windsfeld gehörte wohl der eingeebnete Kugelbuck am Weg nach Dornhausen auf dem linken Ufer der Altmühl. Die nächste Gruppe liegt unterhalb Windsfeld am rechten Ufer der Altmühl in Dittenheimer Flur. Es sind 11 Hügel, darunter einige riesengroße. Gegenüber am linken Ufer des Flusses liegen 10 kleinere Hügel zu Wachstein gehörig. Bei Gundelsheim lagen 3 Hügel, die Anfang des 19. Jahrhunderts eingeebnet wurden. Gegenüber von Ehlheim am linken Ufer der Altmühl liegen wieder sieben Hügel. Bei Berolzheim erheben sich 24 Grabhügel, zwei weitere zwischen Altmühl und Trommetsheim. Das ist auf verhältnismäßig engem Raum ein recht dicht gedrängtes Auftreten vorgeschichtlicher Siedlungszeugnisse. Selbst südlich der Gelben Bürg im bewaldeten Hahnenkamm finden sie sich im Dunkel des Waldes verborgen, wie z. B. im Fichtach zwischen Auernheim und Döckingen, im Hag bei Hohentrüdingen, im Harbach und Westenholz sowie auf dem Römersbuck bei Hüssingen, im Hagenbuch und Breiten Schlag bei Hechlingen, in der Au und in der Lach bei Westheim u.s.w. (4)

In diesem altbesiedelten Bereich um Hahnenkamm und Gelbe Bürg stießen im 1. Jahrhundert n. Chr. von der Donau her die Römer vor. Daß auch ihr Machtbereich an die natürlichen Bedingungen der Landschaft, an den alten Gegensatz zwischen offener Kulturlandschaft und naturhafter Waldlandschaft gebunden war, beweist der Verlauf des Limes, der in weitem Bogen von Weißenburg über Gunzenhausen und dann nach Südwesten zurückbiegend im wesentlichen dem Südrand des großen Nadelholzgebietes folgt und damit jene alte offene Siedlungslandschaft um den Hahnenkamm und Hesselberg einschließt, die zusammen mit dem Ries als Vorfeld zur Sicherung der Donaulinie wichtig erschien. Wenn auch diese Limesführung den Römern wohl nicht als letztes Ziel vorschwebte und die ausbrechenden Markomannenkriege mit ihren gewaltigen Anstrengungen für das gesamte Reich ein weiteres Vorstoßen von der Donau zur Mainlinie verhinderten, so läßt diese letzte Limesführung doch darauf schließen, welche Bedeutung man dem Freiland um Hahnenkamm, Hesselberg und der Weißenburger Bucht für das weitere Vordringen nach Germanien beimaß. In unmittelbarer Nähe der Gelben Bürg entstand das Römerkastell Gnotzheim, von dem man annimmt, das es den alten Namen Medianis von der befestigten Höhensiedlung auf der Gelben Bürg entlehnt habe (5). Nördlich der Gelben Bürg an der Altmühlfurt sicherte Kastell Gunzenhausen das Altmühltal gegen die Keuperwälder hin und in der Nähe von Theilenhofen erstand das mächtige Kastell Iciniacum. Die einzelnen Kastelle wurden mit gut geschotterten Kunststraßen verbunden. Auf den fruchtbaren Böden hinter dem Limes wurden Veteranen angesiedelt, eine wesentliche Ergänzung der Truppen am Limes. Das gesamte Land war römisches Staatsland, ausgebaut nach militärischen Überlegungen.

Im 3. Jahrhundert nach Christi brach die römische Herrschaft am Limes zusammen. Die Provinz Raetien, der auch unsere Heimat zugehörte, wurde zum Schauplatz der Auseinandersetzungen zwischen dem römischen Reich und der aufstrebenden germanischen Welt. Junge, elbgermanische Stämme, die nach Süddeutschland an den Main vorgestoßen waren, gründeten einen neuen Bund, der sich zum Ziele setzte, den Limes zu überrennen. Sie erhielten Nachschub von ihren Stammesgenossen aus Mitteldeutschland. 213 hören wir zum erstenmal von diesem neuen Stammesverband, der sich Alemannen nannte, was soviel bedeutet wie "die Gesamtheit der Männer". Semnonen und Hermunduren müssen die Hauptmasse der Alemannen gebildet haben. Ziel des Angriffes über den Limes waren jene altbesiedelten, lößbedeckten Landstriche Südwestdeutschlands, deren günstige Ackerböden schon vor Jahrtausenden von Siedlern der Jungsteinzeit aufgesucht wurden. In der Frage, wo wohl die Alemannen die Hauptbresche in den Limesdamm schlugen, entschied sich die Forschung für mehrere Gegenden. In Frage kommen das Maintal, das sogenannte Bauland etwa zwischen Walldürn und Jagsthausen, die Gegend von Öhringen und das Ries. Über die Kämpfe, die den Römern das Gebiet nördlich der Donau kostete, steht nichts in der schriftlichen Überlieferung. Dagegen spricht die archäologische Untersuchung der Kastelle eine klare Sprache: In den heftigen Kämpfen wurden die Kastelle zerstört, und wenn auch Gegenstöße von Seiten der Römer erfolgten, die Limesfront war auf die Dauer nicht mehr zu halten. Das Land südlich des Limes wurde alemannisch besiedelt. So stießen die Franken bei ihrer Machtausweitung nach dem Osten in dem Raum um die Gelbe Bürg nicht in ein junges Waldland vor, das erst durch Rodung erschlossen werden mußte, sondern in ein altbesiedeltes Bauernland, in dem sich Volksteile verschiedenster Herkunft reliktartig erhalten hatten und das von der Jungsteinzeit bis zum frühen Mittelalter kontinuierlich besetzt war.

Anmerkungen

  1. A.G. Heft 5, S. 1 - 4
  2. Ebenda S. 1 - 4
  3. G. H. B. Bd. I, S. 3, und Bay. Vorgeschichtsfreund, Heft 6, S. 76 - 79
  4. Über die zahlreichen Grabhügel im Altmühltal, Hahnenkamm und Umgebung siehe G. H. B. (Dr. Eidam) Bd. I, S. 17/18; 22/23; 26/27; 33/34; 35/36; 43/44; 46/48; 87/88; 98/99; 125/126; Bd. II, S. 5/6; 29/30; 60; 81/82; 98/99; 103/104; 106/107; 111/112; 117/119; 121/123; 126/127; 131; Bd. III, S. 4; 8; 37; 41; 45; 49; 53 und 58
  5. Bay. Vorgeschichtsfreund, Heft 4, S. 35