Der Raum Gunzenhausen

im Kräftespiel territorialer Bestrebungen

im 12. und 13. Jahrhundert

 

Hohnetrüdingen

Hohentrüdingen

mit den Resten des Bergfriedes der Truhendinger Höhenburg

Mögliche Gefährdung der Truhendinger Herrschaft um Gunzenhausen

Wenn das primäre Element der Stadtgründung Gunzenhausen in der Durchsetzung territorialer Bestrebungen gesehen und ihr defensiver und offensiver Auftrag erkenntlich wird, muss man die Frage stellen: Waren im 12. und 13. Jahrhundert die Machtpositionen der Grafen von Truhendingen im Raum Gunzenhausen überhaupt gefährdet? Tragen wir die einzelnen Stützpunkte der Adelsherrschaft Truhendingen in und unmittelbar um Gunzenhausen auf eine Karte ein und im etwas weiteren Umkreis die Position anderer Herrschaftsträger, so mag dieses Bild uns heute im Zeitalter des globalen Denkens als ein erstarrter Ruhezustand erscheinen. Im hohen Mittelalter dagegen wohnte ihm im Zeitalter der beginnenden Territorienbildung ein Drang zur Bewegung inne. Dabei braucht man nicht gleich an ein Spannungsmoment denken, das zum Konflikt, zur Fehde führt. Veränderungen im Prozess der Territorialisierung konnten sich friedlich durch Kauf, Tausch, Verpfändung oder durch das Aussterben eines benachbarten Adelsgeschlechtes ergeben. Jeder Territorialherr musste aber auf der Hut sein, wenn in der Nachbarschaft ein Kauf oder Verkauf eines Besitzkomplexes erfolgte oder wenn gar in der Nähe ein Anlieger eine Burg mit einem Ministerialensitz errichtete. Er konnte damit, ohne dass es zu kriegerischen Auseinandersetzungen kommen musste, hemmend in das eigene werdende Territorium einwirken. Wie heutzutage ein Unternehmer stets bestrebt sein wird, ein in der Nähe seines Wirtschaftsgebäudes liegendes fremdes Grundstück zu erwerben, um sich erweitern zu können, so bemühten sich im Mittelalter die Territorialherrn auch, Grund und Boden oder Rechte anderer aufzukaufen, Pfandschaften zu erwerben oder Land durch kluge Heiratspolitik zu gewinnen, um ihre oft über viele Orte, ja ganze Landschaften verstreute Adelsherrschaft in ein flächengreifendes, geschlossenes Territorium zu verwandeln.

Die Territorialpolitik zog sich über viele Jahrhunderte hin. Das Endergebnis waren die vielen Kleinstaaten im mitteleuropäischen Raum, die auf der Landkarte wie ein Fleckerlteppich erscheinen. Manche Adelsherrschaft schrumpfte dabei zusammen oder verschwand völlig aus dem lange dauernden Schachspiel der Adelsgeschlechter, weil die finanziellen Mittel fehlten oder der Tod unerbittlich in ihre Familien griff. Auch in unserer Heimat scheiterten die Grafen von Truhendingen, von Hirschberg, von Graisbach, die Edlen von Absberg, Dittenheim, Trendel, Gnotzheim, Steinhart und viele andere an der Ausgestaltung ihrer Adelsherrschaft zu einem flächenhaften Territorium. In diesem Verdrängungswettbewerb um eine territoriale Herrschaft spielten die Burgen und auch die Stadtgründungen eine große Rolle. Auch die Stadtgründung von Gunzenhausen ist aus diesem territorialen Streben erfolgt.