Der Raum Gunzenhausen

im Kräftespiel territorialer Bestrebungen

im 12. und 13. Jahrhundert

 

Ropreht und Lodewich von Dittenheim, Verwandte der Grafen von Oettingen?

Dittenheim

Dittenheim heute

Gelbe Bürg im Hintergrund

Beide werden in der oben angeführten Urkunde über einen Ministerialentausch zwischen der Eichstätter und Bamberger Kirche im Jahre 1122 als Zeugen an erster Stelle unter den freien Vasallen der Bamberger Kirche genannt. Dittenheim ist ein großes altes Dorf und wir dürfen annehmen, dass schon mehrere Grundherren um 1100 dort eingewurzelt waren und keineswegs alle der Bamberger Kirche unterworfen waren. Ropreht (später Rupertus genannt) und Ludwig oder ihre Vorfahren hatten in Dittenheim wohl einmal Güter an die Bamberger Kirche geschenkt und sich die Vogtei vorbehalten. Ab 1150 hören wir nichts mehr von ihnen. Wer könnten ihre Nachfolger geworden sein? Auf eine Spur führt uns der Name Lodowich = Ludwig. Er kommt um 1120 in Ostfranken bei den Adelsgeschlechtern höchst selten vor. Nur im Geschlecht der Grafen von Oettingen finden sich nach Klebel seit 1130 zwölf Ludwige (1).

Der Name stammt nach den Forschungen von Heinz Bühler und Decker-Hauff von dem Bruder des Herzogs Friedrich I. von Schwaben (gest. 1105). Er hieß Ludwig und war schwäbischer Pfalzgraf (gest. 1103) und Inhaber der Hälfte der Burg Wallerstein im Ries. Dieser hatte einen Sohn Ludwig, der sich nach Westheim bei Schwäbisch-Hall nannte und mit Meregard verheiratet war (2). Es wäre denkbar, dass der Dittenheimer Edelfreie Ludwig mit der Staufertochter, der Enkelin des Pfalzgrafen Ludwig (gest. 1103) verwandt war, die als Gemahlin Konrads von Wallerstein gilt (3). Die Nachkommen aus dieser Ehe verlegten ihren Sitz nach Oettingen und nannten sich dann v. Oettingen. Ab 1147 nahmen sie den Grafentitel an. Als Ludwig von Dittenheim in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts wohl ohne Erben verstarb, könnten die Grafen von Oettingen ein Erbrecht wahrgenommen haben und somit mit Eigengut und mit Bamberger Lehenbesitz bedacht worden sein. Urkundlich lässt sich das nicht nachweisen, aber die Grafen Ludwig XI. (gest. 1440) und Friedrich III. (gest. 1423) geben im Dittenheimer Raum an die Gebrüder Hans und Peter Frick folgende Lehen aus:

Wie aus diesem Lehenbucheintrag hervorgeht, war das Lehengut der Grafen von Oettingen um 1400 über die Orte Windsfeld, Pflaumfeld, Theilenhofen und Dittenheim verstreut. Einen gewissen Schwerpunkt bildete der Besitz in Dittenheim. Dort gaben die Grafen an die Ritter Frick einen Burgstall, drei Höfe, eine Hofstatt und die halbe Einung zu Lehen aus. Die Burg zu Dittenheim war entweder schon in einem ruinösen Zustand oder völlig verschwunden. Dies lässt der Name Burgstall vermuten, denn dieser bedeutet: "Stelle, auf der einmal eine Burg stand".

Wenn heute in Dittenheim von einer ehemaligen Burg die Rede ist, so schweifen die Gedanken hinauf auf den Gelben Berg, auf jene Höhe zwischen Dittenheim und Sammenheim, die unter der Bezeichnung "Gelbe Bürg" vielen Vorgeschichtsforschern in Deutschland bekannt ist. Dort sind noch Reste einer umfangreichen Befestigungsanlage zu erkennen, die von den Prähistorikern unterschiedlichen Epochen der Vor- und Frühgeschichte zugewiesen wurden (6). Diese Gelbe Bürg (alter Name Gebenbürg) ist in dem Lehenbucheintrag mit der Bezeichnung Burgstall sicherlich nicht gemeint, sondern eine hochmittelalterliche Adelsburg, die von den Edlen von Dittenheim im 11. oder 12. Jahrhundert errichtet wurde. Ihren Platz, ihre Stelle, haben wir wohl auf jener Höhe zu suchen, auf der heute die so eindrucksvolle Kirche von Dittenheim steht. Dort in ihrer Umgebung muss sich der befestigte Privatbereich der Bamberger Vasallen Ropreht und Ludwig von Dittenheim erhöht über dem Dorf befunden haben. In der Nähe stand wohl auch die älteste Eigenkirche dieses Adelsgeschlechtes, eine Wehrkirche, dem heiligen Petrus geweiht. Durch die Verbindung der Dittenheimer Edlen als Vasallen der Bamberger Kirche mag wohl auch die religiöse Ideenwelt der Hirsauer Reformbewegung im Kloster St. Michael dazu beigetragen haben, dass zum heiligen Petrus auch noch Paulus als Kirchenpatron dazugesellt wurde.

Eigenkirche und Adelsgut mit Wiedemhof (Widdabauer) haben hier wie in den alten Nachbarorten Sammenheim, Windsfeld und Meinheim eine herrschaftliche Einheit gebildet. Der Lehenbesitz der Grafen von Oettingen mit Burgstall und drei Höfen bildete sicherlich um 1400 nur noch einen Teil des einstigen Adelsgutes der Bamberger Vasallen, aber da die Grafen von Oettingen die Burg besaßen, wird man sie als Teilerben der Edlen von Dittenheim, jener Bamberger Vasallen des 12. Jahrhunderts, von denen einer den Namen Ludwig führte, betrachten dürfen. Der Anteil der Grafen von Oettingen am Grund und Boden in der Gemarkung Dittenheim mit einem Burgstall und drei Höfen blieb bescheiden. In Dittenheim hatten jedoch viele geistliche und weltliche Grundherren Besitz. Manche gaben nur ein kurzes Zwischenspiel und vertauschten oder verkauften ihre Güter wieder, andere blieben hier Jahrhunderte hindurch als Grundherrn mit dem Ort verbunden. Was die Grafen von Oettingen über die Masse der hier eingewurzelten Grundherrn heraushob, war ein Anteil an der Einung, die sie auch an die Fricken verlehnt hatten. Unter der Einung verstand man im mittelalterlichen Dorf die festgesetzte Buße, die einer zu leisten hatte, wenn er einen Flurfrevel begangen hatte und vom Flurer zuvor gerügt wurde. Von der Einung, die aus dem Rechtskreis der Niedergerichtsbarkeit stammte, floss ein Teil der Einnahmen an die Dorfherrschaft, die in Dittenheim geteilt war (7).

Wenn es in den alten Dorfordnungen von Dittenheim immer heißt: "Item die von Dittenheim haben ein freies Dorf", so darf man nicht denken, dass alle Leute im Dorfe von Geburt an freie Menschen gewesen wären, die keinem Grundherrn zu dienen hatten. Auch in Dittenheim galt auf den einzelnen Bauernhöfen die althergebrachte Sozialordnung des geteilten Eigentums, die wir heute nicht mehr recht verstehen können. Fast jeder Hof gehörte seit uralter Zeit einem geistlichen oder weltlichen Herrn als Obereigentümer, der daraus Abgaben oder Renten bezog. Zur Bearbeitung hatte der Herr ihn an einen unfreien Bewirtschafter ausgegeben, der für die Verleihung Abgaben und Dienste an den Obereigentümer zu erbringen hatte. War der Hof zu Erbrecht ausgegeben, so konnte der Bauer ihn an seine Söhne vererben, ihn verkaufen oder vertauschen. Der adelige Obereigentümer konnte ihn daran nicht hindern, wenn er seine Abgaben erhielt. Die Dittenheimer waren wie überall im Lande in der Mehrzahl von Geburt unfreie Leute. Ihr Dorf dagegen wurde als ein so genanntes Freidorf bezeichnet. Die Bauern setzten im Dorfgericht selbst die Einung fest, sie wählten die zwei Flurer und Hirten. Auf den einzelnen Höfen hatten die Grundherrn zu bestimmen, außerhalb der Höfe, auf den Gassen, auf den Feldern und im Gemeindewald bestimmten die Bauern selbst, was zu geschehen hatte, hier waren sie frei von einem Herrn, daher Freidorf genannt. Weil es in Dittenheim so viele Grundherrn gab, die aber nur innerhalb ihrer Höfe etwas zu sagen hatten, nicht aber in der Gemeinde, konnten die Bauern für ihr Dorf ein hohes Maß an Freiheit und Selbstbewusstsein erreichen. Auch die Grafen von Oettingen konnten im Dorf keinen bedeutenden Einfluss mehr ausüben, sie mussten sich die Dorfherrschaft mit den Grafen von Pappenheim, später mit den Markgrafen von Ansbach teilen.

Abkürzungen:

Anmerkungen

  1. Ernst Klebel, Zur Abstammung der Hohenstaufen, in Ztschr. für Geschichte des Oberrheins 1954 S. 167.
  2. Hansmartin Decker - Hauff: Konrad III. und die Komburg in Württ.- Franken, Jahrbuch 1978 S. 3-12.
  3. Heinz Bühler, Die frühen Staufer im Ries, Jahrb. d. Hist. Vereins Nördlingen 1996 S. 217-250.
  4. Der Falkenhof ist in der Gemarkung Windsfeld abgegangen, dort noch Flurbezeichnung "im Hof".
  5. Elisabeth Grünewald, Das älteste Lehenbuch der Grafschaft Oettingen, Augsburg 1976 S. 124.
  6. AG Heft 7 S. 1-17; Heft 32 S. 9 - 58; Klaus Schwarz, Führer zu bayer. Vorgeschichts- Exkursionen Bd. 1 S. 53 - 64; Fritz - Rudolf Herrmann, Neue Ausgrabungen in Mittelfranken, im 85. Jahrb. d. Hist. Vereins für Mittelfranken 1969/70 S. 211-227.
  7. Wilhelm Kraft, Vom Freidorf Dittenheim GHB Bd. VII Nr. 44 S. 173 - 176.