Der Raum Gunzenhausen

im Kräftespiel territorialer Bestrebungen

im 12. und 13. Jahrhundert

 

Michaelskirche Unterasbach

Kirche St. Michael Unterasbach

Von Rensi - Eigenes Werk, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=18688174

Die Michaelskirche in Unterasbach

Die St. Michaelskirche von Unterasbach steht weit abgesetzt vom Dorf auf einer Höhe und blickt hinab in die altbesiedelte Altmühlniederung. Ihre absonderliche Lage auf dem Berg in der schönen Einsamkeit der Getreidefelder und nicht in der Dorfmitte hat im Volksmund zu allerlei Vermutungen geführt. Es gibt keinen Hinweis dafür, dass sie im Mittelalter eine Wander- oder Wallfahrtkirche war. Auch die These, dass beide Orte, Ober- und Unterasbach, einmal zur Pfarrkirche St. Gangolf in Windsfeld gehörten, scheint keinen realen Grund zu besitzen. Oberasbach pfarrte wegen der starken Begüterung in diesem Ort zur Pfarrkirche des Klosters Ellwangen in Gunzenhausen (1).

Wir dürfen uns hier nicht von modernen Überlegungen leiten lassen und glauben, der Ort Oberasbach müsste wegen seiner Nähe zur Kirche St. Michael auch dieser kirchlich zugeordnet worden sein. St. Michael wurde als Pfarrkirche nicht etwa von einer Gemeinde gegründet, sondern von einem Adeligen als Eigenkirche. Er allein bestimmte, wohin seine Grundholden, die ja unfreie Leute waren, in die Kirche zu gehen hatten, wo sie getauft und beerdigt werden sollten. Der Grundherr wählte den Standort der Kirche nach seinen Vorstellungen aus. Ob er dabei seine Kirche auf dem Berg haben wollte, wie viele Michaelskirchen, mag vielleicht ein Grund dafür gewesen sein, dass St. Michael heute allein auf weiter Flur steht. Man muss aber bedenken, dass in der Nähe sich einmal der Gögelhof befand, an den heute nur noch der Flurname erinnert (2).

Ebenfalls unweit der St. Michaelskirche fällt die Flurbezeichnung "im Sachsengrund" ins Auge, die auf eine abgegangene Siedlung deportierter Sachsen hindeuten könnte (Pl. Nr. 133-135 und 136-137). Die Eigenkirche St. Michael scheint zur Zeit ihrer Gründung im frühen Mittelalter gar nicht so abgelegen gewesen zu sein wie heute. Sie wurde vielmehr inmitten einer für das frühe Mittelalter typischen Landschaft mit verstreuten Einzelhöfen oder Gehöftegruppen gegründet, in der die Dorfballung von Ober- und Unterasbach noch nicht wie heute so weit fortgeschritten war. Der Adelige, der seine Eigenkirche auf dem St. Michaelsberg gründete, verfügte über Streubesitz in Unterasbach, Frickenfelden und wohl auch über die abgegangenen Höfe. Dass der Standort, auf dem heute die Michaelskirche steht, schon in der Karolingerzeit (7.- 8. Jahrhundert) besiedelt war, bezeugt nach Raschke die Auffindung eines silbernen Ohrringes bei der Michaelskirche in Unterasbach (3).

Wir wissen nicht, wann die erste St. Michaelskirche zwischen Unterasbach und Frickenfelden erbaut wurde. Soviel darf aber angenommen werden, dass sie als Eigenkirche einem Adeligen angehörte, der in das Adelsgefüge eingebunden war, das seit dem frühen Mittelalter (8.- 9. Jahrhundert) im Raum Pfofeld, Dornhausen und Windsfeld auch auf der Nordseite der Altmühl in Ober- und Unterasbach eingewurzelt war und zu Beginn des 12. Jahrhunderts in den Zeugenreihen der Urkunden greifbar wird. Es ist durchaus denkbar, dass die Edelfreien von Gnotzheim-Spielberg, von Dittenheim, von Sammenheim oder Windsfeld auch auf der Nordseite der Altmühl über Besitz verfügten, der dann mit zunehmender Territorialisierung der Grundherrschaft an die Edlen von Grögling-Hirschbach oder wie in Dittenheim an die Grafen von Oettingen fiel, deren Grundbesitz im Raum südöstlich Gunzenhausens mit den Interessen der Edlen von Truhendingen in Streulage sich berührte. Dabei spielte der Besitz von Patronatsrechten eine bedeutende Rolle. Was das Eigentumsrecht über die Pfarrkirche St. Michael anbelangt, wird man in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts an die Grafen von Oettingen denken dürfen. 1336 schenkte eine Gräfin Imagina von Oettingen zum Heile ihrer Seele ein Lehen in Oberasbach, das der Meier von Windsfeld baute, dem Kloster Kirchheim im Ries (4). Die Grafen von Oettingen gründeten 1383 das Kartäuserkloster Christgarten bei einer älteren Peterskirche im Waldgebiet hinter der Burg Hochhaus südlich von Hürnheim (Kreis Nördlingen). Heute wird das gesamte Tal Kartäusertal genannt. Obwohl dieses Kloster eine der jüngsten Gründungen im Ries war, konnte es doch noch einen verhältnismäßig starken Besitz erwerben und dazu gehörte in unserem Raum der Kirchensatz von Windsfeld, der zum Ausstattungsgut gehörte (5).

Wohl schon sehr früh schenkten die Grafen von Oettingen dem Kloster Christgarten auch den Kirchensatz der St. Michaelskirche in Unterasbach. Er kam wohl aus dem Besitz der Herrn von Dittenheim in den Besitz der Oettinger Grafen. Das Kloster inkorporierte die Pfarrei, das bedeutete, dass es die Einkünfte der Pfarrei an sich zog und diese für sich verwendete und dem Pfarrer von Unterasbach ein geringeres Auskommen bot, so wie in Windsfeld. Der Zustand, dass sowohl die Pfarrei Windsfeld, als auch die Pfarrei Unterasbach dem Kartäuserkloster Christgarten unterstand, lässt die Vorstellung aufkommen, die Pfarrei Windsfeld hätte einmal zu Unterasbach gehört. Überblickt man die Geschichte der vielen Michaelskirchen im Raum südöstlich Gunzenhausen, so lässt sich die Beobachtung nicht ganz verdrängen, dass ihr Patrozinium womöglich in die Zeit des heiligen Otto von Bamberg zurückzuführen ist, dem eine Adelsgruppe, die verwandtschaftlich verflochten war, ihre Huldigung erwies. Mag es auch nicht bei allen edelfreien Familien in diesem Raum der Fall gewesen sein, bei den Grafen von Grögling-Hirschbach in Pfofeld, bei den Freien von Windsfeld und Gnotzheim spricht das Michaelspatrozinium dafür, da sie Vasallen der Bamberger Kirche waren.

Abkürzungen:

Anmerkungen

  1. Robert Schuh HOB Gunzenhausen, Nr. 97.
  2. Herrn Rektor i.R. Bernhard Heimbeck danke ich herzlich für die Flurnamensammlung von Oberasbach.
  3. Jahrbuch für fränk. Landesforschung Nr. 19, 1959 S. 111.
  4. Dertsch, Urkunden der Fürstl. Archive in Oettingen und Wallerstein, Augsburg 1959 Nr. 414.
  5. Dieter Kudorfer, Hist. Atlas v. Bayern, Nördlingen S. 288 - 293.