Heidenheim

Flurnamen in Heidenheim

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Lachwiese (843), (849), Lachacker (851-864), Lachwiese im Siechkorb (849)

Lachwiese und Lachacker lagen am roten Weg gegen die Greuterwiesen. Den Untergrund bildet der wasserundurchlässige Opalinuston, auf dem größtenteils der gesamte Wiesensaum des Rohrachtales ruht. Mit dem Namen Lach wurden im Hahnenkamm und anderwärts kleine oder größere Feuchtgebiete bedacht, denn das mittelhochdeutsche Wort lache bedeutet "Pfütze". Wir kennen noch heute die Wasserlache. Eine einst feuchte Gegend mit der Flurbezeichnung "in der Lach" findet sich z.B. in Hohentrüdingen, Westheim, Ursheim, Hainsfarth und anderwärts. Schon in althochdeutscher Zeit wurde der Name als Flurbezeichnung verwendet. In einer Grenzbeschreibung aus dem Jahre 793 des Königsgutbezirkes Gosheim bei Wemding heißt es: "nidar pi deru lahun" (Wiesen in der Lachen bei der Pflegermühl). Ein gleich lautendes mittelhochdeutsches Wort "die lache" bedeutet "Einschnitt, Kerbe auf dem Grenzbaum". Wohl gab es auch in unserer Heidenheimer Gemarkung Grenzbäume, in die Kreuze oder andere Zeichen als Grenzmerkmale eingeritzt wurden, aber der Begriff Lachbaum hat als Flurbezeichnung keinen Niederschlag gefunden. Lachwiese und Lachacker bezeichnen hier ein Feuchtgebiet. Ein alter Beleg ließ sich aber nicht finden.

Langenschwanzerin (1741)

So hieß eine Wiese unterhalb der Lohwiese am Höfelbuck (Hiefelbuck). Den Anstoß zu dieser Namensgebung gab wohl ihre schmale, aber lange Gestalt. Auch Körperteile von Tieren reizten unsere Ahnen, Grundstücke nach ihnen zu benennen. So treten anderwärts in manchen Flurnamen wie Katzenschwanz, Hetzenschwanz (Elsternschwanz) u. a. auf.

Lehmacker im Siechkorb (1145)

Wenn in den alten Belegen vom Leim die Rede ist, so darf nicht an einen modernen Klebstoff gedacht werden. Das mittelhochdeutsche Hauptwort leime bedeutet Lehm. Der Lehm war im Mittelalter in unserem Hahnenkamm ein überall vorhandener Rohstoff, aus dem nicht nur die Häfner (Hafner) ihr Geschirr herstellten oder die Ziegler ihre "Mönche und Nonnen" (Rundziegel), auch ihre Taschen (Backsteine und Flachziegel) formten. Den Lehm verwendete man vor allem beim Hausbau. Auch wenn es im Hahnenkamm genug Steine gab, wurden die Häuser, Scheunen und Ställe, ja bisweilen sogar Kirchen in Holz-Lehmbauweise errichtet. Die Wände bestanden nicht aus Stein, sondern aus einem Rutengeflecht, im Volksmund Spachwände genannt, von dem mittelhochdeutschen Wort spache, was "dürres Reisholz, dürres kleines Brennholz" bedeutet. Die gespaltenen Ruten wurden von einem Stützbalken zum anderen gewunden, daher der Begriff Wand. Zur Verdichtung der geflochtenen Wände verwendete man Lehm aus der Grube und vermischte ihn mit gehäckseltem Stroh oder man benutzte gleich den Straßendreck, der mit Kuhdung angereichert war. Diese Arbeit erfolgte meist von den Bauherrn selbst oder von eigens bestellten Kleibern, vor allem in den Städten.

Die Dächer bestanden noch bis in das 18. und 19. Jahrhundert aus Stroh. Später kamen als Dachbedeckung die weißen Solnhofer Platten auf, die auf alten Gebäuden hin und wieder noch heute zu sehen sind. Sie wurden in der Neuzeit durch moderne Dachziegel verschiedener Art ersetzt. Aus der Lehmgrube holte man aber auch den Lehm für die Stuben- und Gangböden und für die Stadeltennen, auf denen gedroschen wurde. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts enthielt manche Bauernstube den gestampften Lehmboden, der nach dem Reinigen mit dem Reisigbesen mit weißem Stubensand bestreut, den Bretterboden ersetzen musste. Auch zum Beschlagen und Abdichten der Dachbrunnen (Zisternen) war erheblich viel Lehm erforderlich. Man durfte ihn jedoch nicht irgendwo in der Gemarkung holen, sondern nur in der gemeindeeigenen Lehmgrube, die jedermann zur Nutzung offen stand und den Lehm für vielseitige Verwendung lieferte. Kein Wunder, dass der Flurname Lehmgrube fast in jedem Hahnenkammdorf erscheint.

Letten, im langen Letten (1913), Lettenacker (1911), in den langen Letten.

Die Heidenheimer Gemarkung, der Lebensraum für die früher meist in der Landwirtschaft tätigen Menschen, weist eine große Vielfalt in den vorkommenden Bodenarten auf. Die Ursache dafür ist die geologische Zugehörigkeit zur Juraformation, die im Laufe von Millionen von Jahren aus sehr unterschiedlichen Meeresablagerungen entstand. Der Hahnenkamm, der südwestliche Eckpfeiler der Fränkischen Alb (Jura), ist ein Schichtengebäude. Wie in einem Bretterstoß liegen hier Ablagerungen verschiedener Farbe und verschiedener Struktur übereinander. Die Rohrach, das muntere Höhenkind des Hahnenkamms, hat dieses Schichtengebäude im Laufe von Jahrtausenden aufgerissen und ein Tal ausgeformt, an dessen Flanken die Schichten zwar nicht erkennbar, aber in der Farbe der Äcker durchscheinen. Unter der Weißjurakappe des Schafbergs liegt eine wasserundurchlässige Tonschicht, der Ornatenton, der in einem flachen Böschungswinkel verwittert und in einer Verebnungszone zur Talsohle hin abfällt. Äcker und Wiesen auf dieser Verebnung liegen auf den wasserführenden Lettenschichten des Ornatentons. Durchweg sind es feinkörnige aber schwere Tonböden, die auf dieser Verebnung vorkommen. Die Böden sind wenig durchlüftet. Wiesen- und Weidebetrieb lohnte sich in alter Zeit, als man diese Böden nicht entwässern konnte, mehr als Ackerbau. Die Äcker und Wiesen auf dem Ornatenton liegen links der Straße vom Markt aus nach Degersheim, einige auch rechts der Straße auf der Höhe über dem Eisensandstein. Der Volksmund hat ihnen die Bezeichnung "im Letten" verliehen. In der täglichen Auseinandersetzung der Menschen mit dem Boden bei der Feldarbeit, wurden auch viele Erfahrungen über seine Zusammensetzung gewonnen und dafür besondere Namen erdacht. Der Letten ist ein roter, grauer oder bläulich gefärbter, im feuchten Zustand fetter, schmieriger, im trockenen Zustand bröckeliger Boden. Er neigt oft zur Versumpfung und ist schwer zu bearbeiten. Die Lettenäcker liegen rechts der Straße nach Degersheim unterhalb des Galgenberges und des Rappenbucks.

Lindenacker (4221), (4229-4231), Lindleinsäcker (1765-68)

Ein Lindenacker ist am Weilergarten bei Eggenthal im Grundbuch verzeichnet. Die Lindenäcker lagen am Weg nach Mariabrunn, angrenzend an die langen Beete (2033-2047). Man wird wohl nicht fehlgehen, wenn man annimmt, dass in beiden Fällen ein in der Nähe stehender Lindenbaum einmal die Ursache für die Namengebung gewesen sein könnte, denn mit dem mittelhochdeutschen Wort Lint im Sinne von "Schlange, Drache" werden kaum Verbindungen bestehen. "Äcker an der Linde, oder am Lindlein", so wird man wohl den Namen deuten dürfen. Der Lindenbaum war ja in der Volksvorstellung kein gewöhnlicher Baum, den man weiter nicht beachtete. Er wurzelte ja nicht nur im Boden, sondern auch im Herzen der Menschen. Die alte Dorflinde mitten im Ort vereinigte unter ihrem Laubdach die Dorfgenossen, als es noch kein Wirtshaus gab, als man noch die Gemeindeversammlung unter dem Lindenbaum abhielt. Unter der Dorflinde fand oft das Dorfgericht statt, in dem keine studierten Juristen als Richter vertreten waren, sondern ehrbare, erfahrene Bauern, die mit den Ordnungen in Feld und Wald vertraut waren.

Unter der Dorflinde kam man zu einem Plauderstündchen am Sonntag zusammen. Die Jugend sang in ihrem Schatten die Lieder, die von den Alten überliefert wurden. An der Kirchweih tanzte man den alten Reigen um die Linde, Freude und Leid wurden unter ihr geteilt. Ob eine Dorf- oder Marktlinde auch einmal auf dem Marktplatz in Heidenheim stand, darüber erinnert sich niemand mehr. Die Linden, nach denen die Lindenäcker in Heidenheim und Eggenthal benannt wurden, standen nicht im Dorf sondern draußen in der Flur. Sie wurden nicht der Naturschönheit wegen dort gepflanzt, sondern der Marktherde wegen. Die Bäume sollten dem Hirten, bisweilen auch dem Schäfer und seiner Herde Schutz gewähren, wenn Regenschauer niedergingen oder Hagelkörner niederprasselten. Unter diesen Linden im freien Feld versammelte sich kein Gericht, sondern Rinder und Schafe, wenn sie die Hitze quälte. An manchen alten Hutwasen stehen heute noch solche Hutlinden, die von der Zeit der alten Weidewirtschaft erzählen und die wir heute als Zierde in der Landschaft empfinden.

Loh, mundartlich Lou

Für Grundstücke, die mit Wald bestanden sind, finden sich im Flurnamenschatz von Heidenheim verschiedene Bezeichnungen, jedoch nicht eine einzige mit dem Grundwort -wald. Die Ursache liegt wohl darin, dass Wald der übergeordnete Begriff war, der meist an großen, geschlossenen Waldgebieten haftete wie Schwarzwald, Odenwald, Steigerwald, Böhmerwald u.a. Eine solche unberührte, zusammenhängende Waldlandschaft war unser Hahnenkamm selbst im frühen Mittelalter nicht mehr. Auch wenn die Nonne Hugeburg schreibt, die Gegend um Heidenheim sei bei der Ankunft Wunibalds lauter Wildnis und Wald gewesen, so finden sich doch in der Gemarkung und im Ort selbst Spuren römischer Besiedlung, die Zeugnis geben, dass schon in vorgeschichtlicher Zeit unser Hahnenkamm eine durch Siedlungen aufgelichtete alte Kulturlandschaft war. Für diese kleineren Waldstücke verwendete die Namengebung unterschiedliche Begriffe wie Hard, Holz, Hag, Buch, Eichach usw.

Am häufigsten erscheint im Hahnenkamm der Waldname Loh, mundartlich Lou. Was bedeutet er? Der Name Loh ist urverwandt mit dem lateinischen lucus, das "Lichtung" bedeutet. Wir sind in den letzten Jahrhunderten an die in erster Linie dem Holzertrag dienenden, schnellwüchsigen Fichtenwälder gewöhnt worden, wo Stamm an Stamm steht, die alle zum Sonnenlicht strebten und so auf dem Waldboden eine dichte Decke abgefallener Nadeln entstehen ließen, auf der kein Bodenwuchs aufkommen konnte. Diese hoch gezüchteten Fichtenplantagen waren im Mittelalter im Hahnenkamm nach dem Zeugnis der Flurnamen nicht vorhanden. Ursprünglich war unser heimischer Wald vorwiegend Laubwald. Flurnamen wie Fichtach oder Tannich erscheinen selten, Buch, Eichich, Erlich, Lindach dagegen sehr häufig. Der Laubwald erwies sich als siedlungsgünstiger für den Menschen, weil man ihn auch zur Viehweide und zum Mästen von Schweinen aus dem Anfall von Eicheln und Bucheckern nutzen konnte. Die lichten Bestände des Laubwaldes ließen auf dem Waldboden Grasplätze entstehen, auf denen Rinder- und Schafherden geweidet werden konnten. So einen lichten Weidewald nannte man Loh, Mehrzahl Löhe, verkleinert Löhlein. In Heidenheim treten um 1400 folgende Loh-Namen auf:

Der Name Loh haftet im Hahnenkamm am häufigsten an Waldstücken, die als Niederwald bewirtschaftet wurden. Auch die aus dem Niederwald entnommenen Stockausschläge wurden Loh genannt.

Loh, im langen Loh (3366-3400)

In Richtung Dittenheim und Kurzenaltheim erstreckt sich ein Waldstück an dem auch die Marktgemeinde Heidenheim Anteil hat, der lange Loh genannt. Das Salbuch 1535 berichtet nur kurz darüber:

Er wurde zu dieser Zeit wohl als Niederwald zur Brennholzgewinnung genutzt, denn das Grundwort Loh bedeutet einen lichten Wald. Wegen seiner in die Länge ziehenden Ausdehnung wurde er langer Loh genannt.

Lohwiese (837-847); Lohacker (840-847)

Der Lohacker ist unterhalb des Hiefalbucks rechts und links der Straße nach Hechlingen eingetragen. Dort befindet sich auch die Lohwiese. Beide Namen geben ein Zeugnis dafür, dass der Hiefalbuck in ältester Zeit mit Buschwald bedeckt war und den Namen Loh führte. Der Lohacker gehörte um 1400 zur Reckmühle, die dazumal so benannt wurde und später den Namen Gallenmühle führte. Im Salbuch um 1400 steht geschrieben:

Ein Beet auf jeder Seite gehörte also ins Kloster. Wie schon der Name Lohacker andeutet, lagen beide Lohacker und Lohwiese in der Nähe des Niederwaldes, Loh genannt. Der Hiefalbuck war wohl um 1400 mit Buschwald bedeckt, der auch als Schaf- und Rinderweide diente, da sich die nahen Steinhänge nicht mit dem Pflug bearbeiten ließen. Der Name Lohwiese wäre demnach zu deuten: Wiese unter dem lichten Weidewald.

Lüßwiesen, obere Lüßwiesen (1508-1517), (1520-1524), Wiesen in der unteren Lüß (1477-1485)

Zwischen der Straße nach Hechlingen und der Rohrach bis etwa zur Balsenmühle zieht sich eine Wiesenfläche hin, die um das Jahr 1400 schon die Flurbezeichnung "in den Lüßen" führte. Sie haftet an einem großen Wiesenkomplex innerhalb dessen einzelne Grundstücke wieder einen eigenen Namen führen. "In den Lüßen" ist also eine Sammelbezeichnung für viele beisammen liegende Wiesen. Hier wird man wohl zu der Überzeugung gelangen können, dass die Wiesen in den Lüssen einmal einer Verteilung durch das Los unterlagen. Dieser Umstand führte zur Flurbezeichnung "in den Lüssen". Bei dem nicht seltenen Namen "in den Lüssen" denkt die Flurnamenforschung auch meist an das mittelhochdeutsche Tätigkeitswort liezen, das "losen" bedeutet. Das Losen = als Los zuteilen, Teilung durch das Los. Diese Tätigkeit des Losens oder Verlosens musste im Mittelalter öfters ausgeübt werden, etwa wenn im Gemeindewald die zu schlagenden und unter die Dorfgenossen zu verteilenden Löhe (Holzanteile) ausgegeben wurden. Das Los musste auch geworfen oder gezogen werden, wenn die der Allgemeinheit gehörenden Grundstücke verteilt wurden. Den durch das Los an den einzelnen Besitzer fallenden Landanteil, nannte man dann Luß, Mehrzahl Lüsse. Die einzelnen Lüßwiesen gehörten um 1400 zum Kloster Heidenheim. Sie trugen gesonderte Namen. Wiesen werden stets im weiblichen Geschlecht genannt: die Rennbotin in den Lüssen, die Kirchheimerin in den Lüssen, die Krumpwies (krumme Wiese) in den Lüssen, 5 Tagwerk Wiese in den Lüssen unter des Zollners Loch, in den Lüssen bei dem Massalder Huft, in den Lüssen unter dem Matzenloch, in den Lüssen vor der Rohrmühl (Balsenmühle).