Heidenheim

Flurnamen in Heidenheim

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Rammersbühl (2729-2739)

Der Name lautet heute im Volksmund Rammerschbiel. Er lässt sich nur einmal im Jahre 1535 im Salbuch des Kastenamtes Hohentrüdingen nachweisen. Eine sichere Deutung zu finden, fällt schwer. Geht man von dem Beleg Rammelbühl aus, so müsste man an das mittelhochdeutsche Hauptwort rammel denken, das den unverschnittenen Schafbock bezeichnet und als Schimpfwort noch heute im Volksmund gebraucht wird. Im Salbuch des Klosters um 1400 wird der Zuchtbock als Widder bezeichnet. Ein Widder zur Begattung der weiblichen Schafe musste zur Erhaltung der Herde von einem Hof gehalten werden. Gewöhnlich wurden zur Haltung der Zuchttiere vom Kloster die Meierhöfe verpflichtet. So lesen wir beim Meierhof zu Hüssingen:

Der Rammelbühl wäre demnach ein Grundstück, das auf einem Hügel lag (Bühl), und dem Halter eines Rammel (Zuchtbock für Schafe) zur Entlohnung gedient hat. Diese Deutung kann freilich nur wenig Beifall finden, da das Kloster schon früher einen eigenen Schafhof unterhielt und der Zuchtbock sicher dort gehalten wurde. Doch könnte für den Marktschäfer eine solche Nutzung für den Halter des Rammel zugeteilt worden sein. Näher liegt es wohl einer anderen Deutung zu folgen. Es gibt ein mittelhochdeutsches männliches Wort ram, rammes, das aus dem althochdeutschen hraban entstanden ist und "Rabe" bedeutet. Es ist in zahlreichen Orts- und Flurnamen enthalten wie Ramsberg = Berg, auf dem sich Raben aufhalten, Ramsbach, Rammingen, Ramsau usw. Auch in dem Personennamen Wolfram (entstanden aus Wolf und Raben) ist es noch gegenwärtig. Rammersbühl könnte somit bedeuten: "Bühl (Hügel), auf dem sich Raben aufhalten". Ob auch nach Walther Keinath die Form Rammert-Rabenwald, entstanden aus Rabenhard (Rabenwald) für die Deutung in Frage kommen kann, bleibt ungewiss.

Rappenbuck (1925-1953; 1955-56), Rappenberg

Auf den steilen Hängen gegen Degersheim zu fallen mehrere Hügel ins Auge. Der eine davon heißt im Volksmund Rappenbuck. Ohne Zweifel verbinden sich bei diesem Namen Vorstellungen mit den Rappen. Dabei dürfen wir nicht etwa an ein rabenschwarzes Pferd denken, das in der Umgangssprache auch Rappen genannt wird, sondern an die ehemals häufig aufgetretenen Vögel, die Raben, die man in der Mundart Rappa heißt. Sie sind heute verhältnismäßig selten geworden. Noch vor 50 Jahren scharten sie sich bisweilen zu gewaltigen Schwärmen zusammen, aus denen ein Gekrächze weithin zu vernehmen war, wenn sie über die Fluren zogen. Mitunter trippelten die schwarzen Vögel auch als Einzelgänger hinter dem Pfluge her, bald hier, bald dort einen Wurm, einen Käfer oder gar eine Maus schnappend. Unsere Ahnen wendeten ihnen bei ihrer Feldarbeit ihre Aufmerksamkeit zu. In der Volksvorstellung galten ja die Raben geradezu als die Verkünder von Unglück und Tod. Etwas Unheimliches, Unheilvolles haftete ihnen an. Ihr häufiger Aufenthalt in der Nähe mittelalterlicher Hochgerichtsstätten hat ihnen wohl die Bezeichnung Galgenvögel eingebracht. Die Phantasie der Menschen stärkte diese Vermutung. Auch in Heidenheim liegt der Rappenbuck oder Rappenberg nicht allzu weit ab vom Galgen an der Degersheimer Straße. Mag sein, dass die Rappa - so heißt man in der Mundart die Krähen - sich am Sonnenhang des Rappenbucks häufig aufhielten. Auch in Hohentrüdingen und Degersheim sind mit Rappen zusammengesetzte Flurnamen verbreitet. Eine Rappenwiese wird in der Heidenheimer Gemarkung auch in der Nähe des Klaffenbrunnens (Kohlbrunnens) unter Pl. Nr. 739 genannt.

Rauhwiese, niedere Rauhwiese, obere Rauhwiese

Diese Wiesen wurden wohl einst nach dem rauen, wenig fruchtbaren Untergrund benannt. Häufig wurde die Eigenschaft rau und der Rauch vermengt. In unserem Fall müssen wir wohl von der Qualität des Bodens ausgehen. Die Rauhwiesen waren von geringer Ertragsfähigkeit (schwerer, wenig durchlüfteter Boden). Sie lagen zudem an der Gemarkungsgrenze zu Hohentrüdingen. Dort ist ihr Name noch heute gebräuchlich. Bei der niederen Rauhwiese wird man zunächst an eine Wiese mit niederem Graswuchs denken. Doch steht hier nieder im Sinne von "unter". Man denke an Unterwurmbach, das früher Niederwurmbach und Unterasbach, das früher Niedernasbach hieß.

Reckmühl, Reckbrunnen, Reckleiten, Reckacker (1734)

Reckmühl, so wurde um 1400 auch die Gallenmühle genannt. Mühlen wechseln im Laufe der Jahrhunderte öfters ihren Namen. Hier wird wohl eine Person mit dem Namen Reck für die Deutung in Frage kommen, die zu dieser Zeit die Mühl besaß. Das mittelhochdeutsche Wort recke bezeichnete ursprünglich einen Verbannten, einen Fremdling. Dann wandelte sich die Bedeutung zu "herumziehender Krieger und Krieger überhaupt", dann im Sinne "junger Mann", in mittelhochdeutscher Zeit aber immer mit dem Beisinn des "Riesenhaften, Ungeschlachten". Der Reckbrunnen ist wohl als "Brunnen (Quelle) eines Reck, Reckleiten als "Hang (Leite) bei der Reckmühl" zu deuten.

Rennbotin, Rennacker

So heißt es im Salbuch um 1400. Wir werden nicht fehlgehen, wenn wir den Namen deuten: Wiese des Rennboten. Was aber ist wohl unter einem Rennboten zu verstehen? Dem Mittelalter fehlten alle technischen Nachrichtenmittel, über die heute die Menschen in geradezu beängstigender Weise verfügen. Nachrichten, Mitteilungen, Verordnungen, usw. mussten früher persönlich überbracht werden, sei es zu Fuß oder schneller mittels eines Reiters. Solche Nachrichtenübermittler nannte man Boten.

Dass der Abt des Klosters Heidenheim, der ja auch Marktherr war, mit den umliegenden Meierhöfen und Grundholden oder adeligen Herren mündliche Mitteilungen oder Briefe verschiedenster Art austauschen musste, versteht sich von selbst. Es gab aber noch keine Post. Deshalb wird der Abt zuverlässige Leute ab und zu bestellt haben, die seine Botschaften überbrachten. Dieser ja nicht ungefährliche Botendienst musste entlohnt werden, sei es mit Geld, Naturalien oder mit der Nutzung einer Wiese oder eines Ackers. Die Wiese, die dem Rennboten zur Entlohnung zu dienen hatte, wurde Rennbotin genannt. Für die Wiesen wurde das weibliche Geschlecht gewählt. Dem Abt, der den Boten ausschickte, dem kam es darauf an, dass seine Mitteilung möglichst rasch den Empfänger erreichte. Daher wurden als Botengänger wohl kräftige jüngere Leute ausgewählt, die gut zu Fuß waren und möglichst rasch vorwärts kamen. Überspitzt ausgedrückt, sie mussten rennen, daher der Name Rennbote. Bestimmte kürzeste Wege von Ort zu Ort erhielten den Namen Rennweg oder Rennsteig. Bei eiligen Botschaften wurde sicherlich ein Berittener als Übermittler eingesetzt, vielleicht der Marschall (Pferdeknecht) oder der Überreiter. Um 1400 wird auch ein Rennacker erwähnt. Er gehörte zu den Grabgärten des Klosters.

Rieterespan

Zu den Rittern, den bewaffneten, niederadeligen Dienstmannen, besteht wohl kaum ein Bezug. Vielmehr kann an das mittelhochdeutsche Wort riet gedacht werden, das "Schilfrohr, Sumpfgras" bedeutet. Rieter-Espan = Espan am Riet.

Rohrachwiesen (740-47); Mühlwiese in der Rohrachwiesen (735-36)

Der Flussname Rohrach im Sinne von "fließendes Gewässer, an dem Schilfrohr wächst", erscheint schon in einer Urkunde aus dem Jahre 1053 (siehe Kirschenloh). Doch war der Name wohl in den Kanzleien, weniger aber im Volksmund gebräuchlich, der mehr vom "Bach" oder "Graben" sprach. In den Salbüchern von 1400 und 1535 ist der Flussname Rohrach nicht zu finden. Rohrachwiesen ist eine Bezeichnung, die erst die Verwaltung in späteren Jahren in Umlauf gebracht hat. Die Mühlwiese in der Rohrachwiesen erinnert an die Kirschenmühle, in Kirschenloh.

Rötelbrunnen (1985-1999), Rötelbrunnen- oder Nachtweideacker (1805), Rötelwiese (2012-2013)

Wenn heutzutage von einem Brunnen die Rede ist, so denken die meisten Leute an einen künstlich geschaffenen Brunnen, etwa an den Marktbrunnen oder an das Heidenbrünnlein. Vor dem Bau der Wasserleitung liefen in Heidenheim mehrere öffentliche Brunnen zur Versorgung von Mensch und Vieh mit Wasser. Im Volksmund bezeichnete man früher aber auch jede Stelle draußen in der Gemarkung, wo Wasser aus dem Boden quillt und in kleinen Rinnen abfließt, als Brunnen. Der Rötelbrunnen entspringt auf dem wasserundurchlässigen Ornatenton unterhalb des Rappenbucks, fließt durch die darunter liegenden mächtigen Schichten des rötlichbraunen Eisensandsteins wieder in westlicher Richtung zur Rohrach hinunter. Schon seit urdenklichen Zeiten drängt das Wasser des Rötelbrunnens mit dem von der Krottenmühle kommenden ungestüm über die verschiedenfarbigen Ablagerungen des einstigen Jurameeres hinab ins Rohrachtal. Sie haben eine Seitennische des Tales ausgewaschen, den Schildsgrund. In seinem Oberlauf wurden in der Weißjurastufe steilwandige Hügelformen herausgebildet, die einst vorwiegend als Schafweide dienten. Im mittleren und unteren Teil des Schildsgrundes verflachen sich im roten Eisensandstein und im blaugrauen Opalinuston die Bodenformen, so dass hier Äcker und Wiesen angelegt werden konnten. Der Rötelbrunnen ermöglichte hier auch die Anlage von Weihern, besonders nach der großen Flurbereinigung in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Doch bestand auch schon um 1400 der Schildsweiher. Der Name Rötelbrunnen erklärt sich wohl wie Rötelacker, Rötelwiese, Rötelweg (Rötelbrunnen-Weg) aus der roten Farbe des Eisensandsteins. Das mittelhochdeutsche Wort roete bedeutet ""die Röte, rote Farbe" Dass Bäche nach der Farbe ihres Wassers oder ihrer Umgebung benannt wurden, bezeugen Gewässernamen wie Schwarzach, Weißenohe (Bei der weißen Ache = fließendes Gewässer), Truppach" bei der trüben Ache, Lauterach = lautere, klare Ache".

Rohrbuck, Rohrbuckwiesen (4380-4388), Rohrberg

Für die unterschiedlichen Erhebungen im Gelände steht im heimischen Flurnamengut eine Mehrzahl von Begriffen zur Verfügung. Für rundliche Erhöhungen wird in der Regel der Name Buck oder Bühl verwendet. Beiden wohnt die gleiche Grundbedeutung "biegen" inne. Wo das Gelände nicht eben, sondern irgendwie gebogen erscheint, können diese beiden Namen damit verbunden werden. Für größere Erhebungen, von denen eine weite Fernsicht möglich ist, verwendet der Volksmund die Bezeichnung -berg z.B. Schafberg, Galgenberg, Krächelberg, Kohlberg. Erhebungen von bescheidener Höhe bedachte der Volksmund mit dem Begriff Buck. Um 1400 lesen wir im Salbuch:

Unser Rohrbuck bei der Balsenmühle erhielt seinen Namen von der Lage an der Rohrach, die zu seinen Füßen vorüberfließt. Aus der vollen Bezeichnung Rohrachbuck = Buck an der Rohrach wurde durch Wegfall des Mittelstückes -ach nun Rohrbuck, so wie aus Rohrachmühle verkürzt Rohrmühle geworden ist. Scherzweise wurde im Sprachgebrauch aus Rohrbuck sogar Kanonenbuck, wobei man an das Rohr der Kanonen dachte, die bei einem Manöver dort einmal in Stellung gegangen seien, was aber nur der Fantasie eines Einzelnen entströmt sein kann.

Roter Weg, Rotenwegwiese (823, 827), Rotenwegacker (823-830), am Roten Weg oder vordere Greuter

Der rote Weg zog einst als breiter Trieb- und Hutweg, auch als Fahrweg von der Ziegelhütte in westlicher Richtung hinauf bis zum Lutzenfeldein und weiter bis zur Höhe, auf der die Birkegerte beginnt, die dem Markt und dem Kloster gemeinsam gehörte und als Waldweide genutzt wurde. Als typischer Hut- und Triebweg wurde er rechts und links von einer Grasfläche begleitet, als Grasstreifen, der den Rinderherden als Weide beim langsamen Fortschreiten diente. Hie und da war der Triebweg auch mit einem Dornbusch bestanden, Schlehenhecken und Wildrosen (Hundsrosen) begrenzten ihn bisweilen. Seinen Namen hatte der rote Weg von der roten Farbe des Eisensandsteins, der in der Heidenheimer Gemarkung an den sanft abfallenden westlichen Flanken des Rohrachtales den Untergrund bildet. Heute ist er zum Teil als moderner Flurbereinigungsweg ausgebaut.