Heidenheim

Stützpunkt der angelsächsischen Mission

Die Klostermühle und Bäckerei

"Du musst dir jetzt dein Brot selber verdienen", so sagten einst Vater und Mutter zu einem ihrer Kinder, wenn es die Schule verließ und als Knechtlein oder "kleine Magd" in Dienst zu einem Bauern kam. Sie meinten das in alter Zeit wortwörtlich, denn Brot bildete mehr als heute die Grundlage des Lebens. Angesichts der Überfülle im Nahrungsmittelangebot unserer Tage fällt es schwer, sich in die bescheidene Ernährung des mittelalterlichen Menschen hineinzudenken. Nur noch unsere Urgroßeltern verstehen diese Welt, denn sie haben zwei Weltkriege erlebt und in Gefangenschaft erfahren, dass ihr Leben oft jahrelang nur an einem Stückchen Brot hing.

Auch in einem mittelalterlichen Kloster bildete das Brot in fester und flüssiger Form als Brei die Ernährungsgrundlage für die geistlichen Herren und für die vielen Bediensteten aus dem Laienstande. Eine eigene Mühle und eine eigene Bäckerei gehörten daher zum Bauhof, der für die unmittelbare Versorgung der Klosterinsassen zuständig war. In Heidenheim waren die Voraussetzungen für die Anlage einer eigenen Wassermühle gegeben. Ein Gewässer, das man einst kurz als "der Bach" bezeichnete, vom Sammenheimer Berg herkommend, floss in unmittelbarer Nähe an der Klosterkirche vorbei und konnte im heute verschwundenen Klosterweiher aufgestaut werden. Verstärkt wurde der Wasserzufluss für die Klostermühle aus laufenden Brunnen und der kräftigen Heidenquelle aus dem Heidenbrunnen. Ein entsprechendes Gefälle an der heute "Gießbrücke" genannten Stelle war vorhanden, so dass hier der Bach sich über das Mühlrad der Klostermühle stürzen und es bewegen konnte, bevor er zu der außerhalb des Klosters liegenden Hochrädleinsmühle eilen und dort die gleiche Arbeit verrichten konnte.

Ob diese Klostermühle schon bei der Gründung des Klosters Heidenheim vorhanden war, ist schwer zu entscheiden. Die Nonne Hugeburg, die um das Jahr 780 eine Lebensbeschreibung des Klostergründers und ersten Abtes Wunibald verfasste, berichtet von einem Wunder, das sich nach Wunibalds Tod in der Mühle des Klosters ereignet haben soll.

Das Mehlwunder

Folgt man diesem Bericht der Nonne Hugeburg, so müsste schon sehr früh im Kloster Heidenheim eine Klostermühle bestanden haben. Ausschließen kann man das nicht, denn es kann sich nur um eine Wassermühle gehandelt haben und diese gab es schon zur Römerzeit. Sicherheit besteht darüber aber nicht, denn es könnte sein, dass die Nonne Hugeburg das Mehlwunder aus anderen Heiligenlegenden, die dazumal in großer Zahl verfasst wurden, in die Lebensbeschreibung des heiligen Wunibald übernommen hat. In den schriftlichen Quellen wird die Klostermühle erst im 15. Jahrhundert erwähnt. Im Übrigen hat sich über die Klostermühle aus der frühen Zeit, im Gegensatz zu den anderen Mühlen im Rohrachgrund, wo sich einst 20 Mühlen wie Perlen an einer Schnur aneinanderreihten, nur wenig Schriftliches niedergeschlagen. Das kommt daher, weil mit der Klostermühle kein Grund und Boden und damit keine kleine Landwirtschaft zur selbständigen Bewirtschaftung für die Familie des Müllers verbunden war. Somit liegen auch kein Grundstücksverzeichnis und keine Nachrichten über Abgaben an das Kloster vor. Die Klostermühle gehörte zum Bauhof wie der Kuhhof, der Stadel, die Badstube und die Bäckerei. Sie hatte auch keine Abgaben wie die anderen, außerhalb des Klosters gelegenen Mühlen zu leisten. weil sie in den Bauhof einbezogen war. Lediglich um 1430 lesen wir in einem Rechnungsbuch des Abtes Wilhelm von Vestenberg (1427-1446):

Der Klostermüller wurde alljährlich gedingt wie ein Bauknecht oder wie der Stadelmeister. Der Klostermüller brauchte auch gar nicht im Kloster wohnen, sondern konnte sich draußen im Markt häuslich niederlassen und zur Arbeit ins Kloster kommen. Mit der Klostermühle stand die Klosterbäckerei in enger Verbindung, wenn beide auch räumlich getrennt waren. Für die Bäckerei wurde damals stets der Begriff Pfister oder Pfisterei verwendet, vom spätlateinischen pistrinum = "Bäckerei, Backofen". Meist standen Pfister und Klostermühle unter einer Leitung. Ein einziger Mann konnte diese Doppelarbeit nicht bewältigen. Daher wurden Beckenknechte gedingt oder es arbeitete ein Pfister mit seinen Söhnen, wovon ein Eintrag in das Rechnungsbuch des Abtes Wilhelm von Vestenberg im Jahre 1434 berichtet:

Die Bestimmung, dass man Ihm kein Brot mit heimgab, lässt wohl darauf schließen, dass der Pfister zwar sein Essen im Kloster einnahm, er selbst aber draußen im Markt wohnte. Es sollte kein Brot unerlaubt aus dem Kloster gelangen, denn Brot war im Mittelalter ein kostbares Lebensmittel. Viele Bäcker wurden bestraft, wenn sie das Brot zu klein gebacken hatten.