Polsinger

Flurnamen

B E F G H K L M N O P R S T W Z

Haberbuck, auf dem Haberbuck 868, 867

Dass Grundstücke auch nach der Fruchtart benannt wurden, die darauf gebaut war, dafür gibt es mehrere Beispiele. In Hüssingen z.B. heißt ein breiter Acker Dinkelbreitung, ebenso in Sausenhofen: Dinkelacker. In Polsingen könnte der Haberbuck nach dem Hafer benannt sein. Diese Getreidefrucht stellt keine großen Ansprüche an den Boden. Der Buck bedeutet eine Erhöhung, einen Hügel. Seine Grundbedeutung ist biegen. Der Haberbuck wäre also zu erklären: Buck, auf dem Hafer gebaut wird. Die Möglichkeit, daß der Haberbuck auch nach dem Ritter Haberkorn genannt sein könnte, der 1521 - 1545 Rittergutsbesitzer von Polsingen war, kann nicht ausgeschlossen werden.

Haken, auf dem Haken, Hakenwiese 291-197, Wechselhaken 287-288

Der mittelalterliche Mensch war mit seiner heimatlichen Natur sehr verbunden. Er hielt sich infolge seiner bäuerlichen Arbeit viel in Feld und Flur auf und beobachtete sie genau. Die einzelnen kleinen Grundstücke hatten dazumal die verschiedensten Formen. Das veranlasste ihn zu den merkwürdigsten Vergleichen. Unter einem Haken verstand man im Mittelalter jedes an der Spitze krummgebogene Ding. Besonders Flusskrümmungen oder Krümmungen der Feldstücke fielen den Menschen auf und weckte in ihnen den Vergleich mit einem Haken, den sie daheim in ihrer Stube oder an ihrem Pflug beobachteten. So belegten sie auch in Polsingen jene Krümmung der Gemarkungsgrenze, oder die der nahen Rohrach mit dem Namen Haken. Hier liegt also ein Vergleich mit einem wohlvertrauten Gegenstand zugrunde. Der Name ist in unserer Gegend nicht gerade selten. Der Name Wechselhaken könnte daran erinnern, dass das Grundstück oft den Besitzer wechselte.

Haselnuss

Haseläcker 806-823; Haselbogen 1124-25

Die Haseläcker sind sicherlich nach dem Haselnussstrauch benannt. Ihm wurden ehedem heil- und zauberkräftige Wirkung zugesprochen. Er wucherte einst sehr üppig in Hecken und auf Ödplätzen. Haselnüsse waren begehrt bei jung und alt. Es ist daher verständlich, dass der Haselbusch auch im Flurnamengut Polsingens seinen Niederschlag gefunden hat. Die Haseläcker waren die Äcker an der Haselnusshecke, das anschließende Buschgestrüpp, vorwiegend von Haselnussstauden besetzt, erhielt den verkürzten Namen Haselbogen, wohl wegen der bogenförmigen Gestalt. Häufig wurden Namen auf Hasel mit den Feldhasen oder mit dem Personennamen Has vermischt.

Heiligenwiese beim Fallhaus 855-57

Wollen wir diesen Flurnamen richtig verstehen, müssen wir ihn so zurechtformen: des heiligen Wiese oder "Wiese, die dem Heiligen gehört". Mit dem Heiligen ist der heilige Nikolaus, der Schutzherr der Polsinger Kirche gemeint. Den stellte man sich im Mittelalter als eine geistige Person vor, die in der Kirche ständig zugegen ist und angerufen werden kann. Schenkt man eine Wiese der Kirche, so übergab man sie in Gedanken nicht dem steinernen Gotteshaus, auch nicht dem Pfarrer, sondern dem Herrn der Kirche, dem Heiligen, in Polsingen dem heiligen Nikolaus. Er galt gleichsam als der Obereigentümer des Kirchengutes. Nur er, der Heilige, kann am Jüngsten Gericht als Fürsprecher eintreten. Rechnungen, die das Kirchenvermögen betreffen , sind "des Heiligen Rechnungen", man sagt aber Heiligenrechnung. Heute hat sich dafür in unserer nüchternen Zeit der Begriff Kirchenstiftung, Kirchenstiftungsrechnungen eingebürgert. Aus der Heiligenwiese ist eine Kirchstiftungswiese geworden.

Hennenacker 576 u. 1243; Hühnerbuck 1321-1370

Trotz des so bekannten Namens des Hühnervogels Henne ist der Name Hennenacker ohne genaue örtliche und geschichtliche Kenntnis nicht zu deuten. Das kommt daher, weil das Wort Henne oft aus Heune im Volksmund umgedeutet worden ist. Das mittelhochdeutsche Wort hiune bedeutet Riese. Unsere Ahnen glaubten, in den vorgeschichtlichen Grabhügeln seien Riesen begraben. Auch die alten. bei uns so zahlreichen Römerstraßen hielten unsere Ahnen als Bauwerke, die von den Heunen - Riesen errichtet wurden. Im Laufe der Zeit wurde der Begriff Heune = Riese in Henne oder Hühner umgedeutet. So kann ein Acker neben einem solchen alten Grabhügel als Hennenacker oder Hühneracker erscheinen oder ein Brunnen aus der Römerzeit als Hennenbrunnen. In Polsingen wurden in den siebziger Jahren etwa 600 Meter nordwestlich des Ortes solche Grabhügel entdeckt. Ob aber der Name Hennenacker auf eine Hennenabgabe oder mit Grabhügeln oder Römerstraßen in Verbindung zurückzuführen ist, entzieht sich unserer Kenntnis. Jeder, der im Mittelalter von der Herrschaft Land zur Bewirtschaftung erhielt, hatte eine Henne als Anerkennungszins für das Obereigentum des Herrn zu geben. Und schließlich könnte der Hennenacker auch auf den Aufenthalt von Feldhühnern (Rebhuhn, Fasan) benannt sein. Was bei unserem Hennenacker die zutreffende Bedeutung ist, bleibt fraglich.

Herbstwiese im Tannwald 656-657

Die Wiesen wurden in früheren Jahrhunderten etwas anders bewirtschaftet als heutzutage. Vom zeitigen Frühjahr bis Georgi (23. April) oder Walburgi (1. Mai) hatten alle Wiesen in der Gemeinde eine Beweidung durch die Dorfherde zu dulden. Diese Wiesenweide im Frühjahr wurde meist als Blumenbesuch bezeichnet. Ab Walburgi wurde der Großteil der Wiesen für die Herde geschlossen, damit Heu und Grummet gedeihen konnten. Die Herde musste nun auf die ewigen Weidegründe (Espan, Hutwasen, Hutung) ausweichen. Nun gab es aber auch einmähdige Wiesen, die entweder nur Heu oder nur Grummet tragen sollten. Wiesen, die erst um Johanni geschlossen und Herbstfutter zur Überwinterung des Viehs trugen, nannte man Herbst- oder Grummetwiesen (mundartlich Groahmets- oder Ohmahdswiesen). Auch sie mussten bis Michaelis (29. September) abgeerntet sein, damit die Herde wieder darüberziehen konnte.

Herrgottswiesen 284-286

Die Herrgottswiese könnte ihren Namen von einer Bildsäule haben, die in der Nähe stand und auf der ein eine Darstellung aus dem Leben Christi (Herrgott) zu sehen war. Nach der Reformation sind sie verfallen, aber die Flurnamen berichten noch von ihnen. Es ist aber auch denkbar, dass die Wiese nach einem Besitzer namens Herger oder Hörger benannt und in Herrgottswiese umgedeutet wurde.

Hirscheck 907; Hirschfeld 1104

Als Hirscheck wird ein Wald in Richtung Döckingen-Hagau bezeichnet. Es ist denkbar, dass dort öfters Rothirsche gesichtet wurden, die zur Äsung aus dem Wald traten und Ursache für den Flurnamen Hirscheck waren. Der Name müsste dann gedeutet werden: Ecke, an der Rothirsche gesichtet wurden. Nicht ausgeschlossen werden kann auch, daß im Hirscheck einmal ein Wildgehege für Damhirsche eingerichtet war. Ob das Hirschfeld, etwas abgelegen, auch mit den Hirschen zusammenhängt oder ob hier an einen Personennamen Hirsch gedacht werden muss, bleibt unklar.

Hummel- oder Ochsenwiese 220-221

In jeder Gemarkung unserer Hahnenkammheimat sind diese beiden Flurnamen zu finden. Die Dorfherde war neben der Getreideflur eine Lebensgrundlage der Menschen. Sie mussten immer wieder durch Nachzucht verjüngt werden . Künstliche Besamung kennt man erst seit wenigen Jahrzehnten. In früheren Zeiten hatte einer den Bullen oder Herdochsen zu halten. In der Regel tat dies der Meierhof, in Polsingen wohl das Schlossgut, in Ursheim übertrug man diese Aufgabe dem Wiedemhof, der zur Pfarrei gehörte. Für die Mühe des Hummelhaltens wurde man durch die Nutzung einer Gemeindewiese entschädigt, die Hummel- oder Ochsenwiese.