Die Edlen von Truhendingen

Die Burg Hohentrüdingen

als Herrschaftszentrum

Blick vom Turm auf den Obrberg

Blick vom Turm auf das Plateau des Oberbergs

Auf dieser ebenen Fläche stand der Wirtschaftshof der Burg (ältere Aufnahme)

Die Wirtschaftsbauten

Zur wirtschaftlichen Versorgung der hochadeligen Familie und der Burgbesatzung mußten notgedrungen landwirtschaftliche Einrichtungen in Form eines großen Hofes vorhanden sein. Die Bediensteten der Burg, die Turner (Turmwächter) und Torwarte, die Pferdeknechte und die Mägde, die Jägerburschen und Hundebetreuer, die Baumgärtner und Holzknechte wollten verpflegt sein. In den allermeisten Fällen ist der Bauhof - so wird in der Fachsprache dieser Wirtschaftsbetrieb genannt - in der Vorburg, zumindest unterhalb der Kernburg untergebracht, weil dort die Wasserversorgung für Mensch und Vieh besser gesichert war. In Hohentrüdingen liegt ein Ausnahmefall vor. Der zur Burg gehörende Wirtschaftshof war auf der höchsten Stelle des Berges errichtet und innerhalb eines befestigten rechteckartigen Raumes von etwa 300 mal 200 Metern untergebracht. Er lag also höher als die gesamte Burg. Die ihm umschließenden Wälle sind heute zum großen Teil noch erhalten, die davorliegenden Gräben streckenweise zu Fahrwegen ausgebaut.

Die Ursache für diese absonderliche Lage des Bauhofes oberhalb der Burg ist in der Beschaffenheit des Geländes und in der geologischen Schichtenfolge zu suchen, von der die Wasserversorgung abhängig war. Die nach Westheim zu tiefer gelegene Vorburg war zur Aufnahme des Bauhofes wegen der schwierigen Anfahrt für Erntewagen nicht geeignet, die Wasservorräte zu gering. Auf dem Bergsporn selbst war kein Platz für die Anlage eines großen Wirtschaftshofes, man mußte auf die dahinterliegende flache Höhe ausweichen. Bei der damaligen geringen Beweglichkeit der Kuh- und Ochsengespanne war es wichtig, daß der Bauhof nahe bei seinen Feldern und Wiesen lag und daß man mit dem beladenen Erntewagen nicht bergauf fahren mußte. Wäre der landwirtschaftliche Versorgungshof unterhalb der Burg angelegt worden, so hätte zwar kein Mangel an Wasser bestanden, aber er wäre zu nahe an der alten Westheimer Mark zu liegen gekommen und zu weit ab von seinem Hohentrüdinger Rodungsland auf der Höhe ostwärts der Burg, wo um diese Zeit allein noch die Möglichkeit bestand, Neuland auf Waldboden zu gewinnen. Die Wege zu den neugerodeten Feldern hätte dann über den Steilhang des Hahnenkamms geführt werden müssen, ein mühseliges Unternehmen für Mensch und Vieh.

Deshalb gründete man den zur Burg gehörenden Adelshof auf der Höhe oberhalb der Burg. Hier war Raum zur Entfaltung gegeben, hier lag er nahe bei seinem ihm zugehörigen Rodungsland. Hier mußten die beladenen Erntewagen zwar auch noch bergauf fahren, aber die Steigungen führten doch sanft bergan und konnten ohne viel Mühe und Vorspann überwunden werden. Hier oben auf dem Gipfel der Hohentrüdinger Höhe war auch - so merkwürdig das erscheinen mag - die Wasserversorgung für Mensch und Vieh gesichert. Das hängt mit der sehr unterschiedlichen Lagerung der Juraschichten zusammen. Auf der Hochfläche der Hohentrüdinger Höhe, auf der einst der Bauhof lag und heute das aus ihm hervorgegangene obere Dorf sich befindet, sind schwere wasserundurchlässige Tonschichten verbreitet, die über den oberen Braunjuraschichten, insbesondere über dem sehr mächtigen Eisensandstein, ruhen. Sie führen sehr viel Wasser und verhindern ein Absickern in die wasserdurchlässigen braunen Felsenschichten.

Brunnenstuben, die dort vereinzelt zum Teil heute noch bestehen blieben und vor dem Bau der Wasserleitung 1949/50 in jedem Anwesen vorhanden waren, wurden mit Sickerwasser aus diesen Ton- und Lehmschichten gespeist und lieferten auch in trockensten Jahren noch genügend Wasser. Auf der Höhe des Hohentrüdinger Berges im ehemaligen Bauhof bestand also kaum Mangel an dem lebenswichtigen Element. Man legte dort wohl schon zur Gründungszeit im 12. Jahrhundert eine sogenannte Weed an, die heute noch erhalten ist und von zwei Wällen eingeschlossen wird. Darunter versteht man einen künstlich ausgehobenen Teich, eine Viehtränke und Pferdeschwemme, die vielleicht auch als Löschteich gedacht war. Seit Menschengedenken war die Weed nie ohne Wasser, auch nicht in trockensten Sommern. Hier auf der Höhe des Berges, wo die Wasserversorgung gesichert war und wo man nahe zur gerodeten Flur lag, entstand also zur Versorgung der Burg mit Lebensmitteln der Wirtschaftshof.

Die Teilungsurkunde vom Jahr 1329 erwähnt den Bauhof nicht eigens, dagegen erscheinen seine Felder, vielleicht schon verkleinert, in einem Güterverzeichnis des frühen 15. Jahrhunderts:

Die südostwärts gegen Hechlingen hin gelegenen ebenen Äcker scheinen das älteste zum Bauhof gehörende Ackerland gewesen zu sein, denn an ihm haften noch heute die Flurnamen "Hoffeld", "in der Breitung". Der Hof stand zur Gründerzeit Ende des 12. Jahrhunderts noch im Eigenbau unter der Leitung eines Baumeisters. Sämtliche Erträge flossen unmittelbar an die Herrschaft, Land zur selbständigen Bewirtschaftung an Hufenbauern, wie in alten -ingen- und -heim - Dörfern drunten auf dem Altsiedelland bei Westheim - Ostheim, war hier oben niemals ausgegeben worden. In den einschlägigen Quellen sind in Hohentrüdingen weder ein Meierhof noch Huben genannt. Der Bauhof war also ein zur Burg gehörender Adelshof im Eigenbau, der mit Hilfe der unbehausten Knechte und Mägde und der behausten Taglöhner bewirtschaftet wurde. Eine fremde Grundherrschaft ist in den Ort nie eingedrungen, auch nicht beim Übergang an andere Herrschaften. Nie war hier die Grundherrschaft gespalten wie in den alten großen Dörfern. Auch das sind Hinweise dafür, daß Hohentrüdingen trotz seiner alten Namensform nur eine junge, im Anschluß an die Burg entstandene herrschaftliche Rodungssiedlung im ehemaligen Königsforst sein kann.

Die auf dem Hof arbeitenden Taglöhner und die zur Burg gehörenden Bediensteten wohnten außerhalb des Bauhofes und außerhalb der Burg in kleinen Häusern um den Berg verstreut, geschützt durch die zahlreichen Wälle, die die gesamte Befestigungsanlage umgaben. Damit diese Leute mit ihrer Arbeitskraft voll der Herrschaft und dem Bauhof zur Verfügung standen, war ihnen ursprünglich nur sehr wenig Land zur Eigenbewirtschaftung zugeteilt, meist nur ein Acker oder eine Wiese und ein Garten, dem sie nach Feierabend oder in Zeiten geringeren Arbeitsanfalles am Bauhof bewirtschaften konnten. Das geht noch aus dem Urbar des 15. Jahrhunderts hervor. Die einzelnen Knechte leisteten zunächst nur Abgaben von ihrem Haus oder von ihrer Hofstatt. Manchmal ist das Wort Haus oder Hofstatt durchgestrichen und darüber der Begriff "Selde" gesetzt, ein Hinweis dafür, daß es den Leuten gelungen ist, nach und nach durch Rodung oder aus Gnade der Herrschaft ihren Besitz zu mehren, denn unter einer Selde verstand man dazumal ein Kleingut.

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurden die zum Bauhof gehörenden 99 Morgen Hofgüter verteilt. Die Breitung zerfiel noch vor der Flurbereinigung 1980 in lauter ziemlich gleichmäßige Stücke, ein Kennzeichen, daß sie einmal aufgeteilt wurde. Aus den ehemaligen Bauknechten wurden nun bessergestellte, selbständig wirtschaftende Kleinbauern, Söldner oder Köbler genannt, wie sie im Hohentrüdinger Salbuch von 1535 erscheinen. Die meisten haben einen Anteil an der Breitung. Ihre Güter waren nur mit geringen Abgaben an die Herrschaft belastet. Das Dasein dieser Bauknechte und Bediensteten, die im Schutz, aber auch im Schatten der Burg zu leben hatten, war im Vergleich zu den wohlbestellten Hubenbauern drunten auf den fruchtbaren Schwarzjuraböden des Albvorlandes mehr als bescheiden. Doch der Gegensatz zwischen Arm und Reich wurde dazumal als Schicksal hingenommen, dem man nur schwer entrinnen konnte.

Abkürzungen:

Anmerkungen