Die Edlen von Truhendingen

Die Burg Hohentrüdingen

als Herrschaftszentrum

Relief Hohentrüdingen

Relief des Hohentrüdinger Bergspornes

Gestalt und Anlage der Burg Hohentrüdingen

Die Anlage der Burg Hohentrüdingen erfolgte auf einem etwa 100 Meter breiten und 400 Meter langen Bergsporn des westlichen Hahnenkamms. Dieser neigt sich leicht nach Westheim zu zum Albvorland hinab. Er bot den großen Vorteil, daß hier größtenteils die Natur selbst den Schutz der Burg übernehmen konnte, denn auf drei Seiten fällt diese langgezogene Berghalbinsel mehr oder weniger steil nach Norden, Westen und Süden hin ab, nur im Osten steht sie mit dem höher gelegenen Bergmassiv des Hahnenkamms in Zusammenhang. Durch die nach Westheim zu leicht abfallende Hanglage des Bergsporns war es möglich, in seiner Mitte eine Kernburg im Rechteck von etwa 70 mal 60 Metern erhöht über der Vorburg anzulegen und beide durch einen Zwischengraben voneinander zu trennen.

Nach Osten zu konnte die Hauptburg durch einen geraden doppelten Halsgraben von beachtlicher Breite und Tiefe von der oberen Vorburg geschieden werden, daß sie von dort mit Wurf- und Schußwaffen der damaligen Zeit nicht mehr wirkungsvoll erreicht werden konnte. Bei dem Hohentrüdinger Wehrbau handelt es sich also um eine Abschnittsbefestigung auf einer Bergnase, um eine Burg in Sporen- und Hanglage. Dieser Typ der mittelalterlichen Höhenburg errichte im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts seine klassische Ausprägung, so daß wir auch von der Gestalt her einen ungefähren Zeitpunkt für die Errichtung der Burg Hohentrüdingen erschließen können, was auch mit der Herrschaftsentwicklung der Truhendinger Edelfamilie in Einklang gebracht werden kann. Es dürfte dies etwa gegen Ende des 12. Jahrhunderts geschehen sein, in einer Zeit also, als den Truhendinger die Vogtei über das reformierte Kloster Heidenheim zwar längst übertragen war, in der sich aber die Rechtsverhältnisse nach den Wirren der Klosterreform erst langsam gefestigt hatten, so daß die klösterlichen Bauern in Hechlingen, Westheim, Degersheim und Döckingen zur Arbeitsleistung nach Hohentrüdingen verpflichtet werden konnten. Zuvor mußte ja noch die Baustelle der Klosterkirche in Heidenheim mit Arbeitskräften bedient werden.

Die Kernburg war auf allen Seiten von heute noch deutlich erkennbaren Gräben und Wällen umzogen, dahinter erfolgte der Anstieg des Bergkegels, auf dem sich die Stein- und Holzbauten erhoben. Durch den südlichen Graben zieht heute die Straße nach Westheim hinab. Von der südlichen Seite aus erfolgte auch der Zugang zur Kernburg durch die Vorburg, so daß eine anreitende Kriegerschar die Schildseite der Burg abgekehrt hatte und so von den Zinnen der Burgmauer und vom überhöhten Bergfried aus leicht bekämpft werden konnte. Durch diesen ehemaligen Zugang zur Kernburg erfolgt auch jetzt die Auffahrt zur Kirche; der Weg heißt noch heute "Schloßweg".

Über die Ausstattung der Kernburg sind wir durch eine Urkunde vom 20. Oktober 1329 ein wenig im Bild. Zu dieser Zeit war das Edelgeschlecht der Truhendinger zwischen Wörnitz und Altmühl bereits im Mannesstamm erloschen, die Güter und Rechte im Hahnenkamm und Altmühltal fielen an die beiden Erbtöchter Ulrichs von Truhendingen (gestorben 1310), die die Burg teilten. Von dieser Teilung berichtet die Urkunde (149). Es ist die Rede von einem "alten Stainhus bi dem Tvrn" und von einem "Newehus enbor alz der frawen kamerwant get". Ferner wird im Raum der Kernburg eine "Oede Purch" erwähnt. Wir dürfen annehmen, daß unter dieser Bezeichnung nicht etwa eine verfallene Burg zu verstehen ist, sondern ein verlassener leerer Wohnbereich, der der Familie der Edlen von Truhendingen zur Unterkunft vorbehalten war, wenn sie in Hohentrüdingen weilten. Das mittelhochdeutsche Wort "oede" bedeutet leer, öde, unbebaut, unbewohnt.

Es war ja wohl keineswegs so, daß die Truhendinger nur auf ihrer Burg Hohentrüdingen weilten. Wenn sie nicht irgendwo im Gefolge ihrer hohen staufischen Verwandten sich zum Hofdienst in Würzburg, Mainz, Nürnberg, Regensburg, Bamberg, Augsburg, Donauwörth, Eichstätt, Wimpfen, Eßlingen, Ulm, Landshut oder anderswo aufhielten, verbrachten sie ihre Tage auch auf ihren ererbten Burgen in Spielberg, Gunzenhausen, Colmberg oder in Oberfranken. Sie residierten nach Art mittelalterlicher Könige im "Umherziehen" auf ihren Besitzungen. Die Burg Hohentrüdingen war keineswegs als ständige Residenz dieses Edelgeschlechtes ausersehen, sonder als Stützpunkt ihres werdenden Territoriums, von dem die Macht ausströmte, der sich die bevogteten Bauern zu unterwerfen hatten. Ständig anwesend waren hier nur ihre Ministerialen, die die Burghut versahen, die Willinge von Hohentrüdingen genannt. So darf man annehmen, daß nach dem Tod des letzten Truhendingers im Jahr 1310 die "oede Purch" nicht mehr bewohnt war.

Alte Luftbildaufnahme

Alte Luftbildaufnahme von Hohentrüdingen

Die Edlen von Truhendingen residierten gegen Ende des 13. Jahrhunderts gern in Gunzenhausen, wo der dortige Pfarrer Wernhard als ihr Notar und Erzieher wirkte (150). In dem 1329 genannten "alten Stainhus bi dem Tvrn" ist wohl das älteste Herrenhaus, der Palas der Burg zu verstehen, der im 13. Jahrhundert durch das "Newehus" = neue Haus ersetzt wurde, in dem ein heizbarer Raum "der frawen kamer", die Kemenate, und ein Keller untergebracht waren. Im Palas - in der Urkunde Stainhus genannt, weil es im Gegensatz zu den in Holz und Lehm errichteten Behausungen der Bauern in Stein erbaut war - versammelten sich die Gäste des Burgherren zu Beratungen, bisweilen auch zu fröhlichem Umtrunk. Hier wurden im kleinen Kreis Feste gefeiert, hier mag auch Wolfram von Eschenbach einmal den Damen und anwesenden Rittern seine Dichtungen vorgetragen und die "Trühendinger Pfanne" genossen haben, was aber keineswegs als gesichert gelten kann. Über die künstlerische Ausgestaltung dieser Steinhäuser in Hohentrüdingen ist nichts überliefert; Bruchstücke von Arkaden oder Säulenkapitellen wurden nie gefunden. In der Urkunde ist ferner von einer Kapelle und einer Phistrin = Bäckerei, Backstube, Backofen die Rede. Die Burgkapelle war keineswegs der ganzen Gemeinde zugänglich, wie man manchmal liest. Die Bediensteten der Burg und die Knechte auf dem Bauhof waren nach Westheim gepfarrt.

Innerhalb der Kernburg scheinen noch Palisaden zur Befestigung verwendet worden sein, denn ein Gang führte von der Kapelle "bis an daz getülle" = Befestigung durch Palisaden. Das Tor war von zwei Torhäusern flankiert, es werden "zwain Torhuser" erwähnt, die "baiden bi dem Tore stent". Die Vorburg, in der Beschreibung Vorhof genannt, war also durch ein Tor von der Kernburg getrennt. Von einer Zugbrücke, die über den Graben führen mußte, ist nichts erwähnt. Dagegen war der Vorhof ebenfalls durch ein Tor gegen den Schloßweg zu abgeschlossen.

Im Burggraben zwischen Kernburg und Vorburg standen "zwei Boerfrit in dem Graben". Der Name ist vielleicht aus dem mittelhochdeutschen Wort boer = Erhöhung, Erhebung und vrit = Sicherheit, Schutz zu erklären. Man verstand darunter wohl niedere Türme, die im Burggraben vor der Kernburg standen und den Aufgang zu ihr von der Flanke her überwachen sollten. 1974 wurde anläßlich eines Hausbaues Mauerwerk im Burggraben entdeckt, das als Fundament eines Turmes hätte gedeutet werden können. Die Zone westlich des Grabens zur Vorburg hin muß künstlich verflacht und abgetragen worden sein, da dort der Humusboden nur sehr geringe Tiefe aufweist. Es sollte wohl freies Sicht- und Schußfeld für Wurf- und Steingeschosse geschaffen werden.

Die Mauern der Kernburg und der Vorburg verlaufen ziemlich nahe am Randstreifen des Steilhanges, aber etwas zurückgesetzt, damit sie nicht abrutschten. Von einer äußeren zweiten Mauer waren keine Spuren zu entdecken. Es ist unwahrscheinlich, daß noch eine Zwingermauer vorgebaut war. Für diese frühe Zeit des 12. Jahrhunderts waren diese im Burgenbau äußerst selten. Über die Versorgung der Kernburg mit dem lebenswichtigen Wasser liegen für die älteste Zeit keine Nachrichten vor. Von einem tiefen Brunnen, wie er auf bedeutenden Burgen stets vorhanden war, sind keine Spuren gefunden worden. Man muß annehmen, daß ursprünglich nur Zisternen zur Wasserversorgung dienten, wie es in Hohentrüdingen noch teilweise nach dem Zweiten Weltkrieg der Fall war. Allerdings stieß man noch nicht auf die Reste solcher Zisternen. Ein ausgemauerter Schacht im Bereich der ehemaligen Kernburg wurde erst in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts zur Versorgung des ehemaligen Schulgartens angelegt. In den letzten Jahrhunderten wurde die Burg, die ja bis 1787 Sitz eines markgräflichen Oberamtmanns war, durch einen Leitung aus Holzröhren mit Wasser versorgt. Ob sie schon zur Gründerzeit im 12. Jahrhundert erbaut wurde, scheint wenig wahrscheinlich.

Abkürzungen:

Anmerkungen