Die Edlen von Truhendingen

Die Burg Hohentrüdingen

als Herrschaftszentrum

Merkwürdiges Baumaterial

Der Berfried mit Suevitquadern

Die Buckelquader des Bergfriedes

Die braunen Steine bestehen aus Eisensandstein, die hellen aus Muschelkalk, die grauen aus Suevit

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Der Bergfried von Hohentrüdingen birgt in seinem Mauerwerk aus mächtigen Buckelquadern ein geologisches Abbild seiner Umgebung. Die angeworbene Bauhütte hatte sich scheinbar zunächst einmal mit dem heimischen Baumaterial auseinanderzusetzen. Es fällt auf, daß der in dem Ort anstehende Eisensandstein im Unterbau bis auf wenige sehr große Quader keine Verwendung fand. Man holte Süßwasserkalk aus dem Riesrand herbei, dessen Wetterbeständigkeit die einheimischen Maurer scheinbar schon beim Bau von Dorfkirchen oder der Klosterkirche zu Auhausen in Erfahrung gebracht hatten. Bei Hainsfarth liegt dieser Süßwasserkalk, der seine Entstehung riesigen Kalkalgen des Riessees verdankt, in einem alten Steinbruch zutage, im Volksmund Buschel genannt, wohl nach einem ehemaligen Burgstall der eichstättischen Ministerialen von Hainsfarth. Die ortsfremden Werkleute der Hohentrüdinger Burgbauhütte haben sich sicherlich bei erfahrenen einheimischen Maurern nach wetterbeständigem Baumaterial erkundigt und wurden auf den "Buschel" verwiesen, dessen Härteeigenschaften sich scheinbar im Land herumgesprochen hatten. Der Süßwasserkalkbruch lag aber fast zehn Kilometer von der Baustellen Hohentrüdingen entfernt. Im näheren Umkreis war kein derart hartes Baumaterial zu finden, mit dem man ähnliche Erfahrungen gesammelt hatte.

Die Bearbeitung dieses widerstandsfähigen Steins stieß aber wohl auf enorme Schwierigkeiten. Vor allem wurden die Werkzeuge bei der Herrichtung exakter Buckelquader übermäßig abgenutzt. Dazu erforderte der Transport der rohen, mehrere Zentner schweren Bruchsteine einen erheblichen Aufwand. So versuchte man es scheinbar mit dem Suevit, einem Gestein, das durch den Einschlag eines Meteoriten im Ries vor etwa fünfzehn Millionen Jahren entstand. Durch die ungeheure Hitze von mehreren tausend Grad, die beim Auftreffen dieses kosmischen Körpers auf die Erde im Einschlagspunkt entstand, schmolz das kristalline Grundgebirge (vor allem Granit), wurde aus dem Meteoritenkrater als glühende Schmelzmasse geschleudert, fiel nieder und erkaltete. In der Nähe der unteren Aumühle am sogenannten Schinderhengst in der Gemarkung Hainsfarth ist noch heute der Steinbruch zu sehen, dem der Suevit entnommen wurde.

Beim Bau der romanischen Klosterkirche von Heidenheim (1160 - 1180) hatte man wohl schon in Erfahrung gebracht, daß er sich leichter als der Süßwasserkalk zu sauberen Quadern bearbeiten ließ, und beim Bau von Backöfen war man mit seiner Feuerbeständigkeit vertraut geworden. Doch mißtraute man wohl seiner Wetterbeständigkeit, die nicht sehr groß ist, wenn er bei Bauten an Außenseiten offen zutage liegt. Der Turm der St.- Georgs- Kirche in Nördlingen, der sogenannte Daniel, kann ein Beispiel dafür geben, wie schwierig es heute geworden ist, feine Steinmetzarbeiten an Bauten aus Suevit zu erhalten. Im Hohentrüdinger Bergfried finden sich im Unterbau nur wenige Suevitquader vor, deren Buckel fast völlig abgewittert sind, obwohl sie auf der Ost- und Nordseite liegen. Steinmehl rieselt aus den Klunsen und ungeschmolzene Granitbrocken schauen aus den Verwitterungsstellen. Zudem erforderte auch der Transport der schweren Suevitblöcke vom Steinbruch bei Hainsfarth einen hohen Aufwand, denn sie mußten ja über das sogenannte "Rittertal" (ehemalige Siedlung Ratheristal des Klosters Auhausen) über den Heer- und Pfeifhof, über Roßmeiersdorf den ehemaligen Sandweg herauf nach Hohentrüdingen transportiert werden, immerhin eine Strecke von fast acht Kilometern.

Nachdem man das Turmfundament von etwa fünf bis sechs Metern Höhe in Süßwasserkalk und vereinzelt in Suevitquadern ausgeführt hatte, ging man zum heimischen Eisensandstein über, wobei auch noch etwas höher droben ab und zu ein Quader aus Süßwasserkalk dazwischengesetzt wurde. Der Großteil des Turmes aber wurde im anstehenden Eisensandstein aufgeführt, der dem mittlere Braunjura angehört. Der Grund dafür, warum man nun vom ortsfremden Süßwasserkalk zum ortsnahen Eisensandstein überwechselte, ist nicht genau zu erklären. Vielleicht mißtraute man im Fundament dem manchmal porösen braunen Sandstein, vielleicht glaubte man, er würde im Winter zerfrieren und so einen gewissen Zerfall des Schalenmauerwerks bewirken. Tiefe Klunsen sind bereits aus einzelnen Sandsteinen herausgewittert. Vielleicht war man auch der Ansicht, die Eisensandsteinquader würden dem Druck der gewaltigen Baumasse von oben nicht standhalten oder das Fundament könnte bei einer feindlichen Belagerung unterhöhlt und mit Rammböcken (Widder) zerstört werden. Vielleicht war es auch nur eine Anhänglichkeit an ein Schmuckelement, das von dem helleren Süßwasserkalk ausstrahlte und dem die Erbauer anhingen, das man aber schließlich aus technischen Gründen fallen ließ. Die Verwendung verschiedenen Baumaterials am Hohentrüdinger Bergfried bleibt für den heutigen Betrachter ein Rätsel, das zeigt, wie sich die Steinmetzen der Bauhütte, die zweifellos vor 800 Jahren hier tätig waren, mit dem Steinmaterial beschäftigen mußten. Der Gegensatz zwischen hellerem ortsfremden Gestein im Fundament und dunklerem einheimischen Material in der Mitte und im Oberbau könnte auch beim fremden Beobachter den Eindruck erwecken, als sei der Turm einmal zerstört und im bequemer erreichbaren Eisensandstein wieder aufgeführt worden, wozu man die Quader aus Süßwasserkalk eines älteren Turmes wieder verwendete. Dafür liegt jedoch kein Hinweis vor. Es war doch wohl das anfängliche mißtrauen gegenüber dem poröseren Sandstein, der die Erbauer davon abschreckte, ihn von Anfang an im Fundament zu verwenden. Der romanische Bogen im Einstieg (heute im Kirchenboden zu sehen) ist nämlich aus Süßwasserkalk gearbeitet, weil man seine größere Wetterbeständigkeit kannte.

Der Eisensandstein, aus dem der größte Teil des Mauerwerks des Turmes und der Burg bestand, konnte bequem herbeigeschafft werden. Man brach ihn einfach aus dem doppelten Halsgraben zwischen der Kernburg und dem Bergmassiv heraus. Diese Stellen, die heute vom Friedhof und von Häusern und Scheunen eingenommen werden, erwecken überhaupt den Eindruck eines großen Steinbruchs, und bei einigen Anwesen kamen beim Bau des Kellers die Wände zum Vorschein, aus denen der Stein gebrochen wurde. Man erreichte durch den Steinbruch zugleich eine größere Sicherheit der Kernburg, denn diese rückte durch das herausgebrochene Baumaterial immer weiter vom höher gelegenen Berg ab. Der Abraum und das nicht benötigte Kleinmaterial an Steinen konnte in bequemster Weise dadurch entfernt werden, daß man es auf der Südseite den Hand des Bergsporns hinunterschüttete, wodurch eine steilere Hanglage erreicht wurde. Die Stelle heißt noch 1535 der Schuttgarten (152). Die größeren Bruchsteine verwendete man alle zum Füllen des Schalenmauerwerks, aus dem zumindest Turm und Kernburg errichtet wurden.

Abkürzungen:

Anmerkungen