Zur Geschichte von
Ober- und Unterwurmbach
im Mittelalter

 

Flussaue

Die Flussaue

Gemälde von August Anton Tischbein (1805-1867)

Die Altmühlfurt

Der Raum Unterwurmbach - Gunzenhausen erweckte im 8. Jahrhundert das Interesse der fränkischen Großraumpolitik, denn hier waren besonders günstige natürliche Bedingungen für den Übergang alter Straßen über die Altmühlaue gegeben. Flussauen zu überschreiten, bereitet ja heutzutage dem Verkehr kaum noch Schwierigkeiten, seitdem der Mensch Eisen und Beton in den Dienst des Brückenbaues stellen und mit modernen Baumaschinen und Transportmitteln gewaltige Erdmassen zur Aufschüttung von Dämmen bewegen kann. In alter Zeit war das anders. Selbst kleine Flüsse wie etwa den Oberlauf der Altmühl und der Wörnitz zu überqueren, war zu jener Zeit mit Hindernissen verbunden, denn diese Flussläufe begleitet eine breite Talsohle, die in grauer Vorzeit von sumpfigen Auenwäldern bedeckt und von breiten Altwassern durchzogen war.

Man führte daher die Altstraßen dort an den Fluß heran, wo auch natürliche Erhebungen möglichst nahe an das Flussbett heranrückten. Zwischen Unterwurmbach und Gunzenhausen bot sich dem Verkehr eine derart günstige Gelegenheit dar. Die von Osten weit an die Altmühl heranziehende markante Burgsandsteinhöhe des Burgstallwaldes ermöglichte eine dem Grundwasser entzogene Anfahrt an die Talaue und das Flußbett und ein rasches Erreichen der gegenüberliegenden Höhen bei Unterwurmbach. Der frühmittelalterliche Verkehr knüpfte hier an die Erfahrungen aus der Römerzeit an. Die Römer führten ihren Limes, der aus dem Hesselberggebiet über Kleinlellenfeld heranzog, etwa 500 Meter nördlich von Unterwurmbach über die Altmühlaue und steuerten mit ihm die jenseits der Altmühl liegende Burgstallhöhe bei Gunzenhausen an. Diese Limeslinie war in der Unterwurmbacher Gemarkung im 14. Jahrhundert noch gut bekannt, führten doch zu jener Zeit Wiesen und Äcker die Flurbezeichnung "auf dem Pfahl", worunter man im Mittelalter den Limes verstand. Anlässlich der Flurbereinigung im Jahr 1966 kamen die Fundamente der Limesmauer ans Tageslicht. Sie wurden in Teilen konserviert, ein neuer Flurbereinigungsweg begleitet den ehemaligen Limes bis an die Stadtgrenze.

Eine dem Limes benachbarte Furt lebte wohl noch lange Zeit unter dem Namen Langwat fort. das alte, heute verklungene oderdeutsche Wort Wat (lat. vadum) erinnert an unser Zeitwort waten, das heißt "schreiten, vorwärtsdringen", besonders im Wasser. Unter einer Wat verstand man also früher eine Stelle, an der man durch den Fluss waten konnte, einen Flussübergang, eine Furt. Der in unserer Heimat nicht gerade seltene Flurname Langwat weist also auf eine lange Furt hin. Anscheinend wurde dieser Name früher vor allem für Durchgänge durch moorige Auen gebraucht. In späterer Zeit hat man das Wort Langwat nicht mehr verstanden, so ist daraus eine Langweid geworden im Sinn einer langen Viehweide. Wege und Furten blieben ja in früheren Zeiten weniger denn heute starre Linien. War eine Strecke einmal ausgefahren und unpassierbar, so legte man wenige Meter daneben eine neue Wagenspur an. wie es eben das Gelände erlaubte. So mag die Langwat noch von einer alten Furt über die Altmühl berichten, die nordwestlich der heutigen Altmühlbrücke den Fluss überquerte.

Knüppeldamm

Knüppeldamm

Archäologische Ausgrabung in Lippstadt

Diesen günstigen Übergang über die Altmühl sicherten die Römer durch ein Kastell, das dort vermutet wird, wo sich heute die Stadtkirche St. Marien erhebt. Gerade aus dem Umstand, dass über dem Gemäuer des alten Römerkastells später eine Marienkirche erbaut wurde, glauben manche Forscher an ein kontinuierliches Weiterbestehen einer Siedlung in Gunzenhausen in germanischer Zeit, als die Alemannen im 3. Jahrhundert den Limes überschritten hatten. An diese von den Römern schon erkannte und genutzte gute Verkehrslage der Altmühlfurt zwischen Unterwurmbach und Gunzenhausen knüpfte nun auch im 8. und 9. Jahrhundert der frühmittelalterliche Verkehr an. Die alten Römerstraßen wurden weiterbenutzt. Zur besseren Anfahrt an die Altmühlfurt legte man Knüppeldämme über nicht befahrbare Sumpflöcher. 1964 wurden Rest dieser Holzroste anläßlich einer Kanalisation in die Hensoltstraße in Gunzenhausen gefunden. Die ursprüngliche Annahme, die Knüppeldämme seinen von den Römern gelegt worden, bestätigte sich nicht.

Sie stammen vielmehr aus dem frühen Mittelalter. Die heutige Hensoltstraße geleitete im Mittelalter den Verkehr aus der Rednitz-Regnitz-Furche an die Altmühlfurt westlich der heutigen Altmühlbrücke heran. Zahlreiche Funde alter Hufeisen bestätigen einen dichten Verkehr auf dieser Straße über die Altmühl in Richtung Unterwurmbach. Auch der aus dem Würzburger Mainland mit der weit vorgeschobenen altbesiedelten Windsheimer Bucht über die Frankenhöhe und Ansbach an die Altmühl und weiter in das Ries oder auf die südliche Frankenalb und zur Donau strebende Verkehr musste bisweilen bei Gunzenhausen-Unterwurmbach die Altmühlaue durchschreiten. Im 12. und 13. Jahrhundert gewann die Verbindung aus dem staufischen Kerngebiet im Remstal und den alten staufischen Stützpunkten um den Hesselberg (Aufkirchen, Beyerberg, Ried) in Richtung Nürnberg über Unterwurmbach - Gunzenhausen erhebliche Bedeutung. Im ausgehenden Mittelalter, als der Fernhandel Nürnbergs aufblü:hte, sollte die Straße durch Gunzenhausen und Unterwurmbach sogar zur Messestraße emporwachsen, auf der Fuhrleute und Pilger aus Nürnberg die großen Messen von Nördlingen, Genf und Lyon oder über Ulm, Ravensburg und die Alpenpässe die lombardischen Städte erreichten. So war der Raum Gunzenhausen - Unterwurmbach das ganze Mittelalter hindurch ein bedeutender Verkehrsknotenpunkt.