1100 Jahre

Ursheim

und Appenberg

Aus einer Ursheimer Dorfordnung um 1600 - Teil 1

Die Erblucken

Um das Zusammenleben im Dorf und das erfolgreiche Wirtschaften in Feld und Flur möglichst spannungsfrei zu halten, schuf sich die Gemeinde in Zusammenarbeit mit der Dorf- und Gemeindeherrschaft, dem Kastenamt Hohentrüdingen, eine Ordnung, die anfangs mündlich vereinbart und gewohnheitsmäßig befolgt, später auch schriftlich festgehalten wurde. Der erste Punkt befasste sich mit den Erblucken. Erblucken sind Lücken, die der einzelne auf gewissen Grundstücken zu dulden hatte, damit die Herde möglichst ungehindert die Weidegründe und das Brachfeld erreichen konnte. Der Bauer hatte sie auf seinen Grundstücken zu dulden, denn die Beweglichkeit der Viehherden musste gewährleistet sein und das Wohl der Gemeinde war wichtiger als das Recht des Einzelnen. Über die Erblucken steht in der Dorfordnung geschrieben:

Herde

Vom Hüten

Kaum jemand auf dem Dorfe kann in unserer von Maschinen beherrschten Arbeitsweise in der Landwirtschaft noch nachempfinden, welchen hohen Rang in früheren Zeiten das Weidewesen einnahm. Das gesamte Rindvieh des Ortes wurde jahrhundertelang in jeder größeren Ortschaft, auch in den beiden Appenberg, vom zeitigen Frühjahr bis in den Spätherbst hinein unter der Aufsicht eines gedungenen Hirten auf die Weide getrieben. Das Vieh musste sich draußen in der Gemarkung sein Futter selbst suchen. Das war zunächst die einfachste Art, den verhältnismäßig geringen, aber doch lebensnotwendigen, Rinderbestand zu erhalten. Stallfütterung im Sommer blieb bis Ende des 18. Jahrhunderts unbekannt. Es mangelte an Transportmöglichkeiten und das Heimführen des Futters mit Schubkarren oder gar das Heimtragen auf dem Rücken erwies sich auf die Dauer als beschwerlich. So war jeder Bewohner, ob wohlsituierter Meier, Hübner oder Lehner oder armer Seldner gezwungen, sein Vieh in die gemeinsame Dorfherde "einzuschlagen" und dem Hirten je nach Anzahl seiner Rinder den entsprechenden Lohn zu reichen.

Der Vorrang der in der Dorfgemarkung umherziehenden Herde steigerte sich in einem so hohen Maße, dass die einzelnen Dorfgenossen auf ihren privaten Grundstücken manchen Eingriff der Gemeinde an Lucken-, Trieb- und Hutrechten hinnehmen mussten. So wurde der Herde eine Vorhut auf den privaten Wiesen bis Georgi (23.April) oder spätestens bis Walburgi (1.Mai) eingeräumt, die jeder Bauer bis zu diesem Zeitpunkt zu dulden hatte. Man bezeichnete diese Vorweide auf den Wiesen als Blumenbesuch. An Walburgi wurden dann die Wiesen für die Dorfherde geschlossen, damit Heu und Grummet für die Überwinterung der Viehbestände gedeihen konnten. Der Hirte musste nun zu diesem Zeitpunkt alltäglich auf die sogenannten ewigen Weidegründe ziehen, in Ursheim auf den Gemein- Glenk- Espan, auf die mittlere und obere Nachtweid, auf die Röthfeldweide und den Gemeindestriegel usw. Im Herbst nach Michaelis, wenn die Wiesen abgeerntet waren, durfte er wieder diese besuchen und nach der Getreideernte auf das Weisch (Stoppelfeld) treiben. Darüber schreibt die Ursheimer Dorfordnung:

Schafe

Die Rug im Holz

Das mittelhochdeutsche Tätigkeitswort ruegen oder ruogen bedeutet "melden, mitteilen, sagen", aber auch "anklagen, beschuldigen, tadeln, gerichtlich anzeigen". Diese unangenehme Aufgabe des Anklagens oblag dem Flurer oder auch "der Gemeind Knecht" genannt. Als Feldpolizist hatte er darauf zu achten, dass keine Frevel in Feld und Wald geschahen. Traf er auf seinem täglichen Gang hinaus in die Gemarkung jemanden an, der gegen die Dorfordnung verstieß, so mußte er diesen Frevler rügen, das heißt ihn anklagen und sein Vergehen vor das Dorfgericht bringen, das die Strafen verhängte. Hierbei ging es natürlich nicht um Tod und Leben, nicht um Blut und fließende Wunden, wie man damals sagte, sondern nur um einige Kreuzer, die zu zahlen waren, denn das Dorfgericht war ein Niedergericht. In ihm saßen keine studierten Juristen als Richter, sondern ehrbare Bauern, die aufgrund langer Erfahrung und ordentlicher Lebensführung für Recht und Ordnung im Dorf zu sorgen hatten. Die Ursheimer Dorfordnung sieht Strafen für folgende Vergehen im Gemeindewald vor:

Die Rug im Feld

Vom Holz

Eichel und Eichelschwein

Bach oder Rohrach