Die Katzenhub

zu Döckingen

Katzen-Namen aus dem Gunzenhäuser Land

Döckingen

Döckingen aus der Luft

Von Wolkenkratzer - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=50258446

Um unser Bild zu erweitern und unsere Ansicht über den Namen Katzenhub zu stützen, ist noch notwendig, ein wenig in die Ferne zu schweifen und nach weiteren Beispielen früherer Befestigungsnamen zu suchen. Einen eindrucksvollen Parallelfall finden wir im Schloßbuck von Mitteleschenbach vor, dem Oberlehrer Karl Schwarz in „Alt- Gunzenhausen“, Heft 33, Seite 72 ff. einen liebevollen Beitrag gewidmet hat. Der Schloßbuck, eine kleine Erhöhung nordwestlich von Mitteleschenbach, hieß im 15. Jahrhundert Katzenbürg. Der Ansbacher Prähistoriker Peter Seßler untersuchte ihn gründlich, um festzustellen, ob dort nicht eine mittelalterliche Burg gestanden habe. Nach dem Grabungsbericht (1) stand auf der Katzenburg keine Burg im mittelalterlichen Sinn, auch keine frühmittelalterliche Wehranlage. Statt dessen diente der Hügel vor mehr als 5000 Jahren als Siedlungsstelle der jüngeren Steinzeit und wurde während der Bronzezeit als Begräbnisplatz benutzt. In der Hallstattzeit errichtete man darüber einen großen Grabhügel, der aber im Mittelalter schon wiederholt abgegraben und stark gestört wurde. Daß eine mittelalterliche Burganlage dort nicht vorhanden war, leuchtet ein. Eine primitive karolingische Wehranlage auf diesem Hügel aber abzulehnen, weil keine Fundamente entdeckt wurden, scheint doch wohl nicht ganz gerechtfertigt. Die Steine konnten ja zur Wegeschotterung und zum Hausbau abgetragen worden sein, was ja nach dem Grabungsbericht tatsächlich geschah. Da dort auch mittelalterliche Scherben gefunden wurden, wird man eine Wehranlage einfachster Art, etwa einen hölzernen Turm als Beobachtungsplatz an der Straße nach Wolframs-Eschenbach, doch für möglich halten müssen, zumal Mitteleschenbach das Zentrum einer karolingischen Königsmark war (2).

Wenn man hier schon einen aus der Vorzeit künstlich aufgeschütteten mächtigen Grabhügel vorfand, warum sollte man diese Höhe nicht zur Anlage einer Verteidigungs- oder Beobachtungsstellung benutzen? Der Name Katzenbürg muß doch wohl hier als Hinweis auf eine karolingische Wehranlage und nicht im Sinn einer „wertlosen Bürg“ verstanden werden, wofür man keinen rechten Sinn finden kann.

Überblickt man das heimische Flurnamengut im Hahnenkamm, wie es aus verschiedensten Quellen gesammelt werden kann, so gewinnt man den Eindruck, daß die Katzen-Namen eigentlich gar nicht so häufig sind, wie man für den ersten Augenblick annehmen möchte. In vielen Gemarkungen fehlen sie völlig, in manchen, in denen sie vorkommen, können sie nicht durch alte Formen belegt werden. So bleibt es zum Beispiel unsicher, ob der Katzenbuck vor der großen, aus der Stauferzeit stammenden Wall von Hohentrüdingen an die Befestigung erinnert oder an die Wild- oder Hauskatze. Ähnlich steht es mit dem Namen Katzengasse in dem zur Karolingerzeit gegründeten Dorf Ostheim am Fuß des Hahnenkamms. Ob diese Bezeichnung etwa eine im Volksmund für minderwertig gehaltenen Gasse gegenüber der Dorfstraße ausdrückt, auf der einst der Verkehr von Nürnberg zu den großen Messen in Nördlingen, in die Lombardei und nach Burgund sich bewegte, oder ob dort einmal eine einfache Befestigung stand, wird man kaum mehr entscheiden können.

Ein interessantes Beispiel liegt aus Flotzheim (Kreis Donauwörth) vor. Dort wird 1498 ein Katzenpuhel (Katzenbühl) genannt (3). Den Katzenbühl in Flotzheim dürfen wir wohl in die Gruppe der Befestigungsnamen einreihen wie etwa den 1400 genannten Wartbühl im nahen Fünfstetten (4), von dem angenommen werden kann, daß er als Späh- und Lauerplatz benutzt wurde, der vielleicht sogar mit einem hölzernen Turm ausgestattet war. Hier erhebt sich die Frage, ob der Ortsname Kattenhochstatt (alte Form Katzenhochstatt) in dem alten karolingischen Königshofbezirk Weißenburg nicht doch auch als Befestigungsname angesehen werden kann, anstatt ihn als „zu der unbedeutenderen hohen Stätte“ in bezug zu Oberhochstatt zu erklären. Man müßte einmal die Zahl der seltenen Katzen- Namen aus einem weiteren Bereich sammeln und sie in Beziehung zu karolingischen Straßen und Königsgutsbezirken bringen, vielleicht ließe sich dann die Frage endgültig klären, ob sie an alte Befestigungsanlagen erinnern.

Zum Schluß aber wollen wir noch mal nach Döckingen zurückkehren, uns wieder an unsere Katzenhub erinnern, und da fällt nun vielleicht auch ein kleines Licht auf den Döckinger Spottnamen. Wie in vielen Gegenden unseres deutschen Vaterlandes führten zahlreiche Ortschaften in den alten bäuerlichen Kulturlandschaften im Ries, Hahnenkamm und Altmühltal ihre Necknamen. Unser hochverdienter Dr. Marzell hat einige davon gesammelt und sie im „Gunzenhäuser Heimat-Boten“, Band I, Seite 3/4 und Seite 8 veröffentlicht. Er führt auch den Spottnamen der Döckinger auf: Kater, mundartlich Kooter. Genauso heißen auch die Obermögersheimer. Dr. Marzell setzte hinter beide Spottnamen das Fragewort: Warum? Vielleicht ergibt sich nun eine Lösung. Ist es nicht möglich, daß in dem Spottnamen Kater noch eine Erinnerung an die Wehrbauern der Karolingerzeit wachblieb, speziell an die Katzenhub? Gewiß, wird man sagen, eine gewagte Anknüpfung. Aber daß auch Obermögersheim mit seiner alten Martinskirche auf dem Berg diesen Spottnamen führt, muß doch irgendwie seinen Grund haben.

Ortsneckereien waren ja in alter Zeit viel lebendiger und wirkungsvoller als heutzutage, wo sie im Zug der Urbanisierung der ländlichen Welt völlig in Vergessenheit geraten. Sie wurden einst bei jeder Gelegenheit gebraucht und sorgfältig von Generation zu Generation übermittelt. Sie enthielten in der Regel einen hervorstechenden Wesenszug, der dann im Lauf der Jahrhunderte in das Scherzhafte und Humorvolle umgedeutet werden konnte. Es ist denkbar, daß in dem Spottnamen Kater, der einst für die Döckinger und Obermögersheimer gebraucht wurde, noch ein Hauch der Erinnerung an die alten Wehrbauern auf Königsland erhalten blieb (5).

Anmerkungen

  1. Alt Gunzenhausen, Heft 33, S.77 bis 81.
  2. Karl Schwarz, Das Pfarrdorf Mitteleschenbach, Festschrift Freiwillige Feuerwehr Mitteleschenbach 1964, S.11
  3. Kop.-Buch des Klosters St. Augustin in Pappenheim 1533, S.254.
  4. Staatsarchiv Nürnberg, Rep. 122, Nr.53, S.18/19.
  5. Einen Spottnamen „Schnecken“ für Freie bringt H. Jänichen in Altdorf - Alachdorf in Württemberg - Franken 1955, S.29/30.