Hohentrüdingen

Aus der Geschichte eines Dorfes

Woher stammen die Edlen von Truhendingen?

Alemannen
Alemannen

Diese Frage hat in den letzten Jahren die Heimatforschung wiederholt beschäftigt und an ihr scheiden sich noch heute die Geister. Ist diese Edelfamilie, deren rascher Aufstieg zur Adelsherrschaft vor allem durch die Vogtei über Kirchengut bewirkt wurde, schon von Anfang an in Altentrüdingen seßhaft gewesen oder wurde sie dorthin durch die Übernahme der Vogtei über Reichskirchengut (Kloster Fulda) verpflanzt?

Manche Forscher glauben, auch nach Altentrüdingen den Ursprung der truhendinger Edelfamilie verlegen zu können. Sie stützen sich dabei auf den Ortsnamen Truhtmuntinga, wie er schon 836 in der althochdeutschen Sprache erscheint.

In ihm steckt der Personenname Truhtmunt. Die Endung -ingen sagt soviel wie "Zugehörigkeit zu einer Person". Der Ortsname Altentrüdingen läßt sich demnach deuten: Siedlung zu den Leuten eines Truhtmunt. Diesem Namen Truhtmunt mißt man eine besondere Bedeutung bei. Das althochdeutsche truht (sprich Trucht) bedeutet nicht Truhe, auch nicht Trud im Sinne von Hexe, sondern "Kriegsschar, Gefolge" und munt heißt "Schutz, Hand". Der Truhtmunt wäre demnach ein alemannischer Edeling gewesen, der hier eine Art Schutz über ein Gefolge ausgeübt hätte.

Diese Vorstellung ist nicht ganz von der Hand zu weisen, Die Ursiedlung Truhtmuntinga = Altentrüdingen liegt in unmittelbarer Nähe des ehemaligen Römerkastells Unterschwaningen an einer alten Furt über den Mühlbach. 1538 heißt es in einer alten Schrift: "beim linken Furt, das Grundfeldlein genannt". Das oberdeutsche männliche Wort Furt (der Furt) ist von dem althochdeutschen Tätigkeitswort varan abgeleitet, das jede Art der Fortbewegung bezeichnet, ob zu Fuß, zu Pferd oder mit einem Wagen.

Die Furt oder der Furt ist eine seichte Stelle an einem Fluß, die seine Überschreitung ermöglicht. Der Flurname Furt kommt in unserer Heimat auch an kleinsten Bächen verhältnismäßig häufig vor. An der linken Furt bei Altentrüdingen wurde wohl die einst von Aufkirchen durch den Baudenhard nach dem Römerkastell Unterschwaningen herziehende Römerstraße durch den Bach geleitet.

Zur Überwachung dieser Furt bot der Kirchenbuck von Altentrüdingen eine günstige Möglichkeit. So wäre es denkbar, daß schon lange vor der erstmaligen urkundlichen Erwähnung der Edlen von Truhendingen auf dem heutigen Kirchenbuck eine Art Warte stand, von der aus der Gründer des Ortes, der Alemanne Truhtmunt, den Schutz dieser Furt erwachen ließ. Das Geschlecht des Truhtmunt - so könnte man argumentieren - wurzelte in Altentrüdingen ein und hätte so die Ahnenreihe der Edlen von Truhendingen eingeleitet. Die spätere hochmittelalterliche Edelfamilie der Truhendinger wäre also nach dieser Ansicht von Anfang an in Altentrüdingen (in Truhtmuntinga) ansässig gewesen.

Diese These von der Abstammung der Edlen von Truhendingen von einem gewissen Truhtmunt hat gewiß etwas verlockendes an sich. Aber man muß doch fragen, ob man einen prachtvollen patronymischen althochdeutschen Personennamen so ohne weiteres die Bedeutung "Gefolgsschutz" beiliegen darf. Schon in althochdeutscher Zeit hat man Namenteile wie in unserem Fall truth und munt zusammengefügt, ohne nach dem Sinn dieser Zusammensetzung zu fragen. Zum anderen wäre dieser Abstammungstheorie der Truhendinger von der Familie des Truthmunt entgegenzuhalten: Kann über 600 Jahre und mehr eine derartige Kontinuität der Familie bestehen, ohne daß sie irgendwie im Namengut der Truhendinger Edelfamilie einmal in einem Rufnamen durchschlägt?

Die ältesten Leitnamen der Edlen von Truhendingen sind Friedrich, Adelbert und Siegfried. Sie weisen eher in eine Verwandtschaft mit den Staufern, auch wenn man das heute nicht mehr urkundlich bestätigen kann. Schließlich muß man dieser Annahme von einem frühen Dasein der Truhendinger in Altentrüdingen auch noch folgendes entgegenhalten: Wäre Altentrüdingen von Anfang an der Ausgangspunkt der Herrschaft der Edlen von Truhendingen gewesen, so hätten diese doch sicherlich dort neben der Vogtei auch Eigengüter gehabt, womöglich selber an Fulda geschenkt. Zumindest ein Adelshof im alten Kern des Ortes an der Ostseite des Mühlbaches müßte eine Spur hinterlassen haben. Davon ist aber, was die Struktur des Ortes anbelangt, und im Flurnamengut nichts zu finden. Die Niederlassung der Edlen von Truhendingen in Altentrüdingen muß mit der Übernahme der Vogtei um 1100 nicht im alten fuldischen Kernraum ostwärts des Mühlbaches, sondern auf Rodungsboden im jüngeren Kirchdorf westlich des Mühlbaches erfolgt sein. Von alten Eigengütern der Truhendinger östlich des Mühlbaches läßt sich keine Spur nachweisen. Es gewinnt daher die folgende These mehr Vertrauen: Die Edlen von Truhendingen stammen ursprünglich nicht aus Altentrüdingen. Sie haben den Adelsnamen von Truhendingen erst angenommen, als sie um 1100 mit der Vogtei über das fuldische Reichskirchengut in Altentrüdingen betraut wurden. Altentrüdingen ist nicht Ausgangspunkt der Entwicklung der Truhendinger Herrschaft gewesen, sondern nur ein wichtiger Meilenstein dahin. Ihre Herkunft muß woanders gesucht werden.