Hohentrüdingen

Aus der Geschichte eines Dorfes

Kein Meierhof, keine Huben, keine Lehen; lauter "kleine Leute"

Die Edlen von Hohentrüdingen bewirtschafteten ihren Bauhof im Eigenbau mit Hilfe von Knechten, Mägden und Tagwerkern. Sie hatten kein Interesse daran, Grund und Boden an selbständig wirtschaftende Bauern auszugeben und dafür Abgaben in Form von Getreide und Geld zu fordern. Daher finden wir in der Geschichte Hohentrüdingens keinen Meierhof, keine ihm unterstellten Huben, auch keine Lehen. Die hier einst zur Ansiedlung gezwungenen Leute waren Leibeigene, deren Arbeitskraft voll dem Adelshof der Burg zur Verfügung stehen sollte. Solange die Edlen von Truhendingen die Burg besaßen, wird sich hier kaum viel geändert haben, was die soziale Lage der an dem Bauhof arbeitenden Menschen anbelangt. Mit dem Niedergang der Herrschaft Truhendingen im Hahnenkamm und der nach vielfachem Wechsel erfolgten Inbesitznahme der Burg durch die Burggrafen von Nürnberg zu Beginn des 15. Jahrhunderts, mag sich auch das Los der am Bauhof arbeitenden Leibeigenen geändert haben. Sicherlich strebten manche dieser armen Taglöhner danach, aus dem Grund und Boden des Bauhofes oder aus dem noch reichlich vorhandenen Wald ein Stück Land zu erwerben und es urbar zu machen. Hatten diese kleinen Leute vielleicht auch keinen eigenen Pflug und keinen eigenen Wagen, so konnten sie doch mit Hilfe ihrer Familie nebenbei ein Äckerlein bestellen oder ein Wieslein mähen, um sich eine Kuh oder einige Ziegen halten zu können. Die Bearbeitung ihres Feldes mit hölzernen Schaufeln und Hacken war für die armen Leute im Mittelalter keine Seltenheit. Pflugarbeit mußte öfters infolge des Mangels an Gespannen durch Grabarbeit ersetzt werden. Die Ernteerträgnisse der Äcker und Heu und Grummet konnten auf dem Rücken nach Hause getragen werden.

Häufig war es noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts üblich, daß man den an einem größeren Hof arbeitenden Tagelöhnern und Handwerkern ihr eigenes Äckerlein durch die Gespanne des Großhofes pflügte und die Ernte hereinführte. Das wissen wir für den Bauhof des Klosters Heidenheim um 1400, wo den Tagelöhnern und Handwerkern oft 1 Joch Acker bestellt und eingeheimst und eine oder mehrere Fuhren Holz für ihre Arbeit am Hofe gefahren wurden. Manche arbeitsamen Tagwerker brachten es bald zu einem kleinen "Sächlein", das ihnen zu Erbrecht zugestanden wurde, was soviel wie Eigentum bedeutete. Der Herr konnte es ihnen dann nicht mehr nehmen, wenn sie es zu Erbrecht besaßen.

Tagelöhner
Auszahlung der Tagelöhner

Diese doch noch verhältnismäßig armen Leute, die nur ein strohgedecktes Holzhäuslein, ein oder ein paar Joch Acker, ein Wieslein oder ein Hölzlein besaßen und sonst auf dem Bauernhof zur Arbeitsleistung verpflichtet waren, konnte man nicht als Bauern bezeichnen. Sie besaßen keine Gespanne und keine Wägen, sie waren auf die Gnade ihres Herren angewiesen und hatten für die Nutzung des herrschaftlichen Grund und Bodens bescheidene Abgaben zu entrichten. Als bloßen Anerkennungszins für das Obereigentum des Herrn hat die Fastnachthenne zu gelten, so genannt, weil sie wohl um die Fastnacht herum an die Herrschaft abzuliefern war. Sie wurde grundsätzlich und regelmäßig von jedem Einzelgrundstück erhoben. Waren mehrere Grundstücke von der Herrschaft zur Nutzung erworben, so wurden auch mehrere Fastnachtshennen gefordert. Andere Hühnerabgaben waren die Herbsthennen. Getreideabgaben konnte die Herrschaft von den kleinen Leuten nicht fordern. Diese ernteten von ihrem Äckerlein nicht einmal so viel, daß sie ihre Familie damit ernähren konnten und auf Brot aus dem Bauernhof angewiesen waren.

Eine andere Abgabe, die Tagwerker für ihr Haus und für ihr geringes eigenes Gärtlein, Äckerlein oder Wieslein zu entrichten hatten, war neben den Hühnerabgaben vor allem die Weisat. Was ist darunter zu verstehen? Das Wort Weisat wird in der Forschung nicht mehr mit dem mittelhochdeutschen Tätigkeitswort wisen im Sinne von "anweisen, belehren, unterrichten" in Verbindung gebracht, so etwa, wenn der Herr seinem Knecht eine Anweisung erteilt, sondern mit dem lateinischen visitare, das "aufsuchen, besuchen" bedeutet. Seit alter Zeit war es üblich, daß wenn der Untergebene seinen Herrn aufsuchen musste, er ihm ein Geschenk mitbrachte. Diese Schenkung für den Übergeordneten wurde anfänglich freiwillig überbracht, wie das bisweilen heute noch der Brauch ist. Bald aber wurde diese freiwillige Leistung des Untergebenen zu einer überlieferten Verbindlichkeit und zur pflichtmäßigen Abgabe, die für das kleinste Einzelstück an Grund und Boden zu errichten war. In den meisten Quellen erscheint diese Art der grundherrlichen Abgabe als Weisat. Mit einem Saatfeld hat sie natürlich nichts zu tun. Sie ist entstanden aus einem Brauch, dem Herrn anläßlich eines Besuches bei ihm ein Geschenk zu überbringen. Ursprünglich konnten das Hühner, Eier, Käse oder Brot sein, also Naturalien, die später in Geld umgewandelt, kapitalisiert wurden, wie man heute sagen würde. Um 1430 erfolgte die Weisatabgabe der kleinen Leute von Hohentrüdingen schon in Geld, wie aus dem Urbar der Burggrafschaft Nürnberg hervorgeht. Neben den Hühnerabgaben und der Weisat hatten die Hohentrüdinger aber auch am Walburgitag (1. Mai) und an Michaeli (29. September) eine kleine Geldgabe für ihr Haus oder ihr Seldengut zu entrichten. Walburgi, festgelegter Tag auf den 1. Mai nach der berühmten Heidenheimer Heiligen Walburgis, war ein wichtiger Zinstermin im bäuerlichen Leben wie auch im Herbst der Michaelistag (29. September).

Es waren zwar nur geringe Geldbeträge, die entrichtet werden mussten, aber bei dem Mangel an Vermögen bedeutete für die kleinen Leute von Hohentrüdingen auch diese Abgabe ein Opfer. Im Laufe des 14. Jahrhunderts brachten es trotzdem manche arbeitsame Familien zu einem kleinen Eigenbesitz, der mehr als nur ein Haus oder eine Hofstatt umfasste. Wie die nachfolgenden Auszüge aus dem Urbar des Burggrafentums Nürnberg aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts erkennen lassen, hatten manche zu ihrem Haus schon mehrere Tagwerk Wiesen, einen oder mehrere Gärten, einige Joch Acker erworben. Oft ist die wirtschaftstechnische Bezeichnung Haus oder Hofstatt durchstrichen und dafür der Begriff Selde gesetzt. Dies deutet darauf hin, daß hier schon um 1400 Land entweder aus dem Bestand des Bauhofes verteilt oder durch Rodung hinzugewonnen wurde. Die Bewohnerschaft von Hohentrüdingen war dazumal sozial schon differenziert, wenn auch der Kleinbesitz dominierte. In dem folgenden Verzeichnis über die Abgaben der kleinen Leute um 1430 erhalten wir darüber einen Einblick.

Folgende Leute hatten um 1430 an das burggräfliche Kastenamt Hohentrüdingen Abgaben zu entrichten: