Hohentrüdingen

Geschichte und Geschichten eines Dorfes

Von der Gemeinde

Vom Turm aus aufs Dorf
Ein Teil des Dorfes vom Turm aus gesehen
(alte Aufnahme)

Manche Leute sind vielleicht der Meinung, eine Gemeinde sei gleichzeitig schon mit der Gründung eines Ortes entstanden. Die Forschung hat jedoch in Erfahrung gebracht, dass die Gemeinde als soziale Einrichtung erst Jahrhunderte nach der Gründung einer Siedlung sich entwickelt hat. Heute ist man der Ansicht, dass unsere großen Haufendörfer im Hahnenkamm, die vielen Orte, deren Namen auf -ingen und -heim endet, aus ursprünglichen Einzelhöfen oder kleinen Gehöftegruppen erwachsen sind und dass sich erst im hohen Mittelalter (11. und 12. Jahrhundert) durch die Dorfballung mit zunehmender Bevölkerungsdichte jenes Gebilde entwickelt hat, das wir heute Gemeinde nennen. Das geschah in einem lange dauernden Vorgang, der in Urkunden und Akten kaum einen Niederschlag gefunden hat und örtlich und zeitlich sehr unterschiedlich sich vollzog.

Auch in Hohentrüdingen kann von einer Gemeinde noch nicht die Rede sein, als die Edlen von Truhendingen hier im 12. Jahrhundert ihre Burg erbauten und im Anschluß ihren Bauhof errichteten, der im Eigenbau bewirtschaftet wurde. Erst als die kleinen Leute im 14. Jahrhundert und die einzelnen Knechte und Taglöhner, die zur Arbeit auf dem Bauhof verpflichtet waren, auf ihren geringen Anwesen nebenbei selbständig zu wirtschaften begannen und Rinder, Schafe, Schweine und Gänse in kleinerer Zahl hielten, ergab sich die Notwendigkeit, Regelungen für das Zusammenleben und Zusammenwirtschaften zu treffen.

Den Anstoß zur Gemeindebildung ging wohl von der Notwendigkeit aus, das Vieh der einzelnen Dorfgenossen unter einem gemeinsamen Dorfhirten zu vereinen, es nicht irgendwo weiden zu lassen, wo es Schaden anrichten konnte, sondern besondere Bereiche in der Gemarkung auszuweisen, die als "ewige Weidegründe" genutzt werden konnten. Als Folge davon war man gezwungen, die Feldfrüchte in bestimmten Bereichen der Dorfflur anzubauen und die Dreifelderwirtschaft zu betreiben. Zu den Weidegründen mußten von der Dorfherde bestimmte Triebwege eingehalten werden, Zugänge zu den Tränkstellen waren erforderlich. Eine gewisse Ordnung in der Flur, die alle Dorfgenossen zu achten hatten, mußte eingeführt und von einem eigens dafür von der Herrschaft angelobten Flurer überwacht werden. Hirte, Schäfer, Flurer und Holzwart erscheinen im Mittelalter als die bedeutendsten "Angestellten" der Gemeinde und wo die urkundlich genannt werden, kann man annehmen, dass im Dorf die Gemeindebildung schon ausgeformt war.

In Hohentrüdingen erscheint um 1430 der Flurname Espan. Er bezeichnet ursprünglich ein grasbewachsenes Grundstück, auf dem den Kühen und Pferden die Vorderfüße mit einem Strick zusammengespannt wurden, damit sie nicht in die Saatfelder laufen und Schaden anrichten konnten. Der Name Espan haftet in der Regel an Gemeindeland. In Hohentrüdingen reichte der Espan vom Dorfe aus (Espangarten) in Richtung Heidenheim beiderseits der Straße bis zu den ewigen Weidgründen im Weiher, in der Rauhgasse, im Heidenheimer Buck und im Faulen Wasen. Wenn nun 1430 ein Espan genannt wird, dann ist zu vermuten, dass in Hohentrüdingen schon lange vorher eine Gemeinde ausgeformt war, die bestimmte Teile der Flur für die gemeinsame Dorfherde zur Beweidung ausgewiesen hatte.