1100 Jahre

Ursheim

und Appenberg

Kloster Heidenheim

Kloster Heidenheim

Das Kloster Heidenheim als Grundherr in Ursheim

Ein klares Bild über die Zugehörigkeit und die Struktur der Höfe in Ursheim gewinnen wir erst im 14. Jahrhundert. Das nahe Kloster Heidenheim war nun in dem Ort größerer Grundherr geworden, aber wie es dazu kam und wann dies geschah, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Da um 1400 nicht mehr von bischöflich-eichstättischen Gütern in Ursheim die Rede ist, liegt es nahe anzunehmen, dass diese vom Kloster Heidenheim durch Tausch übernommen wurden.

Merkwürdig erscheint auch, dass in Ursheim um 1400 nichts von einem Meierhof und nichts von dienenden Hufen zu vernehmen ist. Während das Kloster des heiligen Wunibald seinen ihm so nahe gelegenen Besitz im Hahnenkamm und seinem Vorland in sogenannten Fronhofsverbänden, in der Fachsprache Villikationen genannt, organisiert hatte, ist davon in Ursheim nichts zu hören. So besaß das Kloster in Hüssingen, Hechlingen und Geilsheim drei große, in Obermögersheim, Ostheim, Dittenheim, Meinheim, Kattenhochstatt und Otting (bei Weilheim) 6 kleinere Meierhöfe. Den Meierhöfen waren wieder in jedem Ort eine Anzahl dienender Vollbauernhöfe untergeordnet, sogenannte Hufen oder Huben. Bisweilen ist auch von halben Hufen und Lehen die Rede. Alle diese großen und kleinen Höfe bildeten im jeweiligen Ort einen grundherrlichen Verband, eine Villikation. Unter einer Villikation versteht man in der Fachsprache einen wirtschaftlichen Organismus, der sich aus einem Herrenhof (Meierhof) und einer Anzahl von grundherrlich abhängigen Bauernhöfen (Hufen, Halbhufen und Lehen) zusammensetzte. Sie alle hatten sich an der Produktion von Nahrungsmitteln zu beteiligen, um die eigene Ernährung zu sichern, vor allem aber auch um die Abgaben für den Obereigentümer, das Kloster Heidenheim, herauszuwirtschaften.

Der Meier als größter Hofbesitzer, als so eine Art Oberbauer, hatte alle zu beaufsichtigen und dafür zu sorgen, dass die Abgaben an das Kloster regelmäßig abgeführt wurden. Die Meierbauern galten also als die vornehmste Gesellschaftsschicht im Dorfe, dann folgen die Hübner (Hufenbesitzer, Vollbauern) und die Lehner. Sie alle waren spannfähig, verfügten über Wagen, Ochsen und sogar Pferde. Damit aber von allen Höfen auch in Notzeiten, in denen der Bauer erkrankt oder gestorben war, die notwendigen Abgaben für die Herrschaft erwirtschaftet werden konnten, wurden von der Grundherrschaft (dem Kloster) den Vollbauernhöfen noch unbehauste Knechte und Mägde und vor allem dienende Hofstätten zugeordnet, die kein Land selbst bebauten oder Kleingütler, Seldner genannt, die als Taglöhner an den größeren Höfen zur Verfügung stehen mussten.

Auf alten Grabsteinen war noch oft vor 50 Jahren neben dem Vor- und Zunamen des Verstorbenen die Berufsbezeichnung Söldner zu lesen. Manche Betrachter der Grabstätte konnten auf den Gedanken kommen, der hier Begrabene sei ein Soldat gewesen, der um Sold diente. Das Wort Söldner müsste hier mit e (Seldner) geschrieben werden, denn es bezeichnet einen Kleinbauern, der oft nicht einmal einen eigenen Wagen besaß, der zwar ein Äckerlein oder ein Wieslein sein eigen nennen konnte, der aber bei deren Bearbeitung auf die Gespanne des Vollbauern angewiesen war, dem er als Taglöhner dienen musste, oder er war gezwungen sein Feld mit der Hand umzugraben.

Der Unterschied zwischen arm und reich auf dem Dorfe geht in alte Zeiten zurück und das Schicksal eines Menschen wurde in vielen Fällen von der Organisation der Grundherrschaft bestimmt. Wer als nachgeborener Sohn eines Meierbauern geboren wurde, der suchte wieder standesgemäß auf einem Meierhof in einem benachbarten Ort unterzukommen. Eltern und Kuppler halfen ihm bei der Brautsuche. Der Bauernstolz musste gewahrt bleiben, auch wenn die Herzen manchmal nicht recht zusammenstimmen wollten. Wenn aber ein zweiter und dritter Meiersohn sich an ein schönes Mädchen eines armen Seldners band, dann drohte ihm der soziale Abstieg zum armen Mann. Umgekehrt konnte aber auch der Sohn eines armen Seldners Meierbauer oder sogar Ritter werden, wenn er tüchtig war und eine höherrangige Frau erwarb. Auch die Basisgesellschaft auf dem Dorfe war mobil und barg Herrschaftselemente in sich.

Der Besitz des Klosters Heidenheim um 1400 in Ursheim

Das nahe Kloster Heidenheim als geistliche Grundherrschaft gelangte wohl über den Bischof von Eichstätt oder durch Kauf und Tausch oder Schenkung eines Adeligen, der um sein Seelenheil bangte, zu Grund und Boden in Ursheim. Das Kloster hat in dem Ort, soweit feststellbar, hier keinen Fronhofsverband ins Leben gerufen. Es ist im 14. und 15. Jahrhundert nicht von einem Meierhof mit dienenden Huben die Rede, sondern nur von Gütern, die mit der allgemeinen Bezeichnung "Hof" versehen wurden. Da aber die geistlichen Grundherrschaften ihren Besitz besser verwalteten als die weltlichen und ihn schriftlich niederlegten, sind wir über die Abgaben, die die Grundholden des Klosters in Ursheim zu erwirtschaften hatten, verhältnismäßig gut unterrichtet, was bei den anderen Grundherrschaften nicht feststellbar ist.

  1. Um 1400 bewirtschaftete der junge Konrad Schawdan einen Hof, den er als Erblehen vom Kloster besaß. Davon musste er alljährlich am Walburgistag (1. Mai) 30 Schilling Haller in Geld dem Kloster reichen, ferner 30 Gültkäs und 2 Donauwörther Viertel Öl und 1 Fastnachthenne. 10 Schilling Haller waren gesondert an Walburgi von dem Holz, genannt die Leite, zu geben. Auf diesem Hof ruhte nun noch ein weltliches Schutzrecht, wohl aus der Zeit der Edlen von Truhendingen, Vogtei genannt. Diese Vogtei hatte das Kloster irgendwann von der Herrschaft Hohentrüdingen erworben. Dafür musste der Hof aufkommen und alljährlich am Walburgistag 1 Pfund Haller in Geld und ein Lamm geben. Am Michaelistag (29. September) wieder 1 Pfund Haller in Geld und 1 Oettinger Kastenmalter lauteres Korn und 1 Oettinger Kastenmalter Kern (enthülster Dinkel). Ferner hatte der junge Konrad Schawdan gesondert von "dem Burgstallholz" 3 Schilling Haller am Walburgistag und ein Herbsthuhn dem Kloster Heidenheim für die Vogtei zu erbringen.
  2. Ein anderer Hof des Klosters Heidenheim in Ursheim war der Lollenhof oder Nollenhof. 1395 bewirtschaftete ihn ein gewisser Friedlen. Er hatte davon 30 Schilling Haller in Geld, 30 Gültkäs und 2 Donauwörther Viertel Öl, ein Herbsthuhn und eine Fastnachthenne zu geben. Für die Vogtei (weltliche Schutzherrschaft) hatte der Hof 1 Pfund Haller am Walburgistag und ein Lamm abzuliefern. Am Michaelistag 1 Pfund Haller in Geld, 1 Oettinger Malter Kern und 1 Fastnachthenne. Auf diesem Hof beruhte eine besondere Verpflichtung, die man Hubgericht nannte. Darunter darf man sich kein Gericht vorstellen, sondern eine Verpflichtung, ein Recht, das das Kloster Heidenheim für sich auf den Hof legte. Sollte der Bauer diesen Hof auf irgendeinem Grund verlassen, so musste für den nachkommenden Bewirtschafter folgendes hinterlassen werden: 6 Kastenmalter Hafer, ½ Fuhre Heu, ½ Fuhre Stroh. Diese Hinterlassenschaft des Hofes bei Besitzwechsel nannte man Hubgericht.
  3. Ein weiterer Hof des Klosters Heidenheim wurde um 1400 von Hans Deych bewirtschaftet. Zuvor hatte ihn ein gewisser Großheintz inne. An grundherrlichen Abgaben an das Kloster waren fällig: 1 Pfund Haller in Geld am Walburgistag und 6 Nördlinger Malter rauhes, gemeines Korn (Korn, wie es aus der Garbe kommt), 6 Nördlinger Malter Hafer und 1 Fastnachthenne. Falls der Bauer vom Hofe zog, hatte zum Hubgericht auf dem Hofe zu verbleiben: 3 Nördlinger Malter Hafer, ½ Fuhre Heu, ½ Fuhre Stroh und ½ Pfund zu Wegleis (in Geld). Auf dem Hof ruhte keine weltliche Schutzherrschaft, er war freies Eigentum des Klosters.
  4. Hans Deich (wohl der gleiche) bewirtschaftete noch ein kleineres Anwesen, das die Bezeichnung "halbes Zinslehen" führte, war ebenfalls frei von der Vogtei und leistete eine Abgabe von ½ Pfund Haller am Walburgistag.
  5. Von einer Hofstatt, die zu diesem Zinslehen gehörte, wurden vom Kloster ½ Pfund Haller in Geld am Michaelistag und eine Fastnachthenne gefordert.
  6. Das andere halbe Zinslehen wurde von Bruder Seitz bewirtschaftet. Es war ebenfalls freies Eigen und hatte am Walburgistag ½ Pfund Haller und am Michaelistag ebenfalls ½ Pfund Haller zu geben.
  7. Die Wiesmühle, ebenfalls freies Eigen des Klosters, hatte diesem an Walburgi 3 Pfund Haller in Geld und 100 Eier zu Ostern und 1 Fastnachthenne und 1 Schilling Haller zu Weisat zu reichen.
  8. Anna, des roten Hansen Tochter, gab um 1400 dem Kloster Heidenheim von dem Schletterbach (Flurname Schletterbuck [Pl. Nr. 771-783]), ebenfalls freies Eigen und Erb 4 ½ Pfund Haller an Walburgi und 4 ½ Pfund Haller an Michaeli. Von der Hofstatt zu Ursheim, die dazu gehörte, forderte das Kloster 3 Schilling Haller zu Weisat an Weihnachten und 1 Fastnachthenne.
  9. Das Kloster Heidenheim verfügte als Obereigentümer um 1400 noch über 6 Hofstätten, so des Neres Hofstatt, des Bruder Seitzen Hofstatt, des Remen Hofstatt, des Konrad Lederers Hofstatt, des Hansen Geuchlen Hofstatt und der Reuchin Hofstatt. Auf ihnen saßen die "kleinen Leute" im Dorfe, die selber kaum spannfähig waren und auf den größeren Höfen des Klosters als Taglöhner, Knechte und Mägde zu arbeiten hatten. Ihre Hofstätten wurden nur mit ganz geringen Geldabgaben und mit einer Fastnachthenne belastet. Bisweilen bezog das Kloster nur von einzelnen Grundstücken Abgaben. So leistete Bruder Seitz von einem Garten 1 Herbsthuhn, der Raucholf von dem Holz, genannt Staudenbühl, 5 Schilling Haller Walburgi und der Rot Hans von einem Acker 2 Schilling Haller.