St. Zeno

Der Kirchenheilige von Windischhausen

Wie gelangte die Verehrung des heiligen Zeno nach Windischhausen?

St. Zeno Reliquie

Ganzkörperreliquie von Zeno in der Basilika S. Zeno Maggiore in Verona

Joachim Schäfer - Ökumenisches Heiligenlexikon

Zu dieser Frage lassen sich keine sicheren Aussagen machen. Wir wollen versuchen einige Möglichkeiten aufzuzeichnen, die uns die verschlungenen Wege eröffnen, wie die Verehrung des heiligen Zeno nach Windischhausen gekommen sein könnte.

Die Verehrung eines Heiligen konnte im Mittelalter nicht durch Funk und Fernsehen, auch nicht allein durch die Schrift verbreitet werden. Hier spielte die persönliche Begegnung durch das Wort, durch „hörendes Lesen“, durch Erzählung und Bericht, womöglich noch durch Bildbetrachtung an bemalten Kirchenwänden eine große Rolle. Die vielen Lebensbeschreibungen von Heiligen sind meist Lobreden auf den Heiligen, die nach bestimmten Vorbildern verfasst wurden und vor allem dessen Wundertaten rühmen. Der Verfasser solcher Wunderberichte sieht den Heiligen nur im Lichte seiner Vorzüge. Über seine menschlichen Schwächen, die ihm einst auch anhafteten, schlägt der Hagiograph, der Heiligenbeschreiber, die Decke der Verschwiegenheit.

Als Bischof Gundekar von Eichstätt, der von 1057-1075 das Bistum Eichstätt führte und dort schon in jungen Jahren seine Ausbildung erhielt, wurde er wohl schon mit der Zenoverehrung vertraut, doch ist darüber nichts Näheres bekannt. Der unvergessene Prälat Professor Dr. Andreas Bauch hat dem Bischof Gundekar ein eindrucksvolles Lebensbild gewidmet. Siehe auch die Schrift: „Die Bischöfe von Eichstätt“ von Klaus Kreitmeier, Seite 22 (1). Gundekar, aus vornehmen mittelrheinischem Geschlecht stammend, war, bevor er Bischof von Eichstätt wurde, Hofkaplan der Kaiserin Agnes, der Gemahlin Kaiser Heinrichs III. (1039-1056), der in unserer Heimat das Bistum Eichstätt mit dem großen Forst (westlicher Hahnenkamm und Oettinger Forst) ausstattete (2). Als Mitglied der königlichen Hofkapelle folgte er dem Herrscher auf vielen seiner Reisen, erwarb sich dadurch eine hervorragende religiöse und politische Bildung und kam mit vielen Bischöfen aus Deutschland und Italien ins Gespräch. Dieses drehte sich natürlich in erster Linie um kirchlich-religiöse Probleme, um die Form des rechten Glaubens, um die Verehrung der Heiligen, um die Organisation der Gottesdienste und viele andere kirchliche Dinge.

Doch nicht immer huldigte man am wandernden Königshof strenger Frömmigkeit, bisweilen weidete man sich auch an sehr menschlichen Dingen, von denen wir uns heute mit Schrecken abwenden würden. So wird z.B. berichtet, der Reformmönch Poppo von St. Stablo sei im Jahre 1015 an den Hof König Heinrichs II., des Heiligen (1002-1024), gekommen. Dort soll er erlebt haben, wie ein nackter Mann mit Honig bestrichen und dann zur Belustigung des Hofes von Bären abgeleckt wurde. Als sich Heinrich II. an diesem Spektakel allzu sehr weidete, habe Poppo ihm und den Großen am Hof ins Gewissen geredet. So ein menschenverachtendes Schauspiel dürfe künftig nicht mehr zugelassen werden. Der Kaiser habe sich auch sogleich der Ermahnung gefügt und Poppo seither ins Herz geschlossen (3). Das mag zwar nur eine Legende sein, aber sie zeigt doch, dass die Menschen um das Jahr 1000 nach Christi auch in den Oberschichten oft noch derben Vergnügungen huldigten, die bisweilen in Mord und Totschlag endeten, zumal der Wein schon in dieser Zeit mehr als Bier ein beliebtes und berauschendes Getränk war.

Ob Bischof Gundekar von Eichstätt schon die Verehrung des heiligen Zeno kannte und sich diesem anvertraute, als er in Windischhausen eine Kirche oder Kapelle weihte, bleibt fraglich. Bekannt war der Kult des heiligen Zeno in Regensburg schon vor dem Jahre 1000 (4). Gerade die zum Landesausbau angesiedelten, womöglich noch heidnischen Slawen in Windischhausen bedurften zu ihrer Überführung zum Christentum einer Kirche oder Kapelle, ob diese schon kurz nach 1057 geweiht und mit dem heiligen Zeno verbunden war, ist nicht bekannt. Folgt man dieser Vermutung, so hätte das Zeno-Patrozinium der Kirche zu Windischhausen eine große Beständigkeit durch die Jahrhunderte hindurch gehabt.

St. Zeno Statue

Statue des Heiligen Zeno in der Basilika San Zeno in Verona

Von David Monniaux - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=111197

Die Überführung von Zeno-Reliquien von Verona nach Ulm

Bischof Gundekar II. von Eichstätt ist am 10. August 1019 geboren und wurde am 27.12.1057 in der Königspfalz Bodfeld (Pöhlde) im Harz zum Bischof geweiht. Vorher gehörte er seit 1045 der königlichen Hofkapelle an und da der König dazumal keine feste Residenz hatte, sondern im Umherziehen regierte, lernte er Land und Leute kennen. König Heinrich III. weilte nach Helmut Maurer siebenmal zu Aufenthalten in Ulm (5).

Unter seinem Gefolge könnte sich auch einmal der Hofkaplan der Kaiserin Agnes befunden und dabei vom Kult des heiligen Zeno erfahren haben. Im Jahre 1052 überführte nämlich, nach spätmittelalterlicher Überlieferung, der aus Schwaben stammende Bischof Walther von Verona Reliquien des heiligen Zeno von Verona in die Pfalzkapelle nach Ulm (6). Reliquientranslationen von einem, oft weit entfernten Ort zum andern erfolgten in feierlichen Formen und wurden, da wo sie niedergelegt wurden, zu einem tiefen Erlebnis, an das alljährlich feierlich gedacht wurde.

Maurer glaubt, dass die Reliquienübertragung dem königlichen Ort Ulm - mit Pfalz, königlichen Wirtschaftshöfen, Markt, Münze, reichenauischer Pfarrkirche und Wirtschaftshof - nun auch eine ihm bislang fehlende kultisch- religiöse Komponente verliehen habe (7). Ingo Eberl schreibt allerdings: „Während Maurer die Rolle Heinichs in der Translation der Zenoreliquien betont, lehnte Schmitt eine Beteiligung des Königtums bei der Translation ab. Während Schmitt mit ihrer Ansicht zu weit gehen dürfte, ist der Besuch Heinrichs III. 1055 in zeitlicher Nähe zum Fest des heiligen Zeno allein noch kein sicherer Beleg für dessen persönliches Interesse am Kult dieses Heiligen“ (8). Die Bekanntschaft Gundekars mit dem Zenokult mag durch die Mitgliedschaft in der reisenden Hofkapelle erworben worden sein, kann jedoch auch schon durch seine Ausbildung in Eichstätt zum festen Bildungsprogramm gehört haben.

Anmerkungen:

  1. Klaus Kreitmeier, „Die Bischöfe von Eichstätt, Eichstätt 1992, S. 22-24.
  2. Heidingsfelder, Regesten der Bischöfe von Eichstätt, Nr. 196.
  3. Stefan Weinfurter, „Heinrich II., Herrscher am Ende der Zeiten“, Regensburg 1983.
  4. Das Kassian- und Zeno-Patrozinium in Regensburg“ von K. Gamber, Deutsche Gaue 49, Band 1957.
  5. Helmut Maurer, „Der Herzog von Schwaben, Sigmaringen“ 1978 S. 94.
  6. Wie Anmerkung 25, S. 96.
  7. Wie Anmerkung 26.
  8. Ingo Eberl, „Siedlung und Pfalz Ulm, S. 431 - 467, Anmerkung 117.