Die Katzenhub

zu Döckingen

Der Name

St. Urban in Döckingen

St. Urban in Döckingen

In Döckingen auf dem Hahnenkamm wurde in früherer Zeit ein stattlicher Bauernhof die Katzenhub genannt. Der Hofname ist alt, denn wir lesen ihn schon in einem Güterverzeichnis des Burggrafentums Nürnberg aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Dort heißt es:

Man fragt sich unwillkürlich: Wie kommt dieser Bauernhof in Döckingen zu dem merkwürdigen Namen Katzenhub? Ist das nur eine Nichtigkeit, entstanden aus dem Spiel des Zufalls, oder birgt der scheinbar unbedeutende Hofname einen wertvollen Baustein zur Geschichte des Ortes?

Es liegt nahe, an die Katze zu denken, jenes allgemein bekannte Haustier, das schon seit Jahrtausenden beim Menschen eingebürgert ist und im Volksaberglauben vergangener Jahrhunderte eine große Rolle spielte. Doch was soll die Katze ausgerechnet mit jenem Bauernhof in Döckingen zu tun haben? Katzen wurden doch überall und allezeit gehalten, und nach ihr einen Hof zu benennen, dazu lag doch wohl kein Grund vor. Man wird hier auch nicht an das Tier im eigentlichen Sinn denken dürfen, sondern an die Bezeichnung des Unechten, Minderwertigen, Schlechten und Kleinen, das in Flurnamen ausgedrückt wird, die mit dem Wort Katze zusammengesetzt sind. Wenn zum Beispiel in der Gemarkung Hüssingen längliche und schmale Wiesen, die noch dazu einmal ziemlich sumpfig waren, als Katzenhaar bezeichnet werden, so liegt hier eine Anspielung an das Minderwertige, wenig Ertragreiche dieser Grundstücke vor (2).

An das Kleine und Unechte wird gedacht, wenn der Volksmund in Hohentrüdingen die platten, rundlichen Früchte der wilden Malve als „Katzenplätzchen“ bezeichnet. In zahlreichen Zusammensetzungen wie Katzenbrunnen, Katzensteig, Katzenfleck, Katzenbuck, Katzenschwanz, Katzenzipfel (in Lehmingen) usw. mag das Wort Katze im ersten Glied Minderwertiges, Unechtes und Schlechtes bezeichnen, wenn man auch nicht außer acht lassen darf, daß Flurnamen wie Katzenholz, Katzenbach, Katzenloh oft auf die Wildkatze hinweisen können. Auch der Name des Dorfes Kattenhochstatt, früher Katzenhochstatt genannt, wird in dem Sinn einer „unbedeutenderen hohen Stätte“ gedeutet (3), während bei der Benennung des Ortes Katterbach bei Ansbach ein Wildkatzenbach maßgebend gewesen sein soll (4).

Überträgt man nun den Sinn des Minderwertigen, des Schlechten und Kleinen, der in Zusammensetzungen mit dem Wort Katze bisweilen verbunden ist, auf den alten Bauernhof in Döckingen, so gerät man allerdings in eine Klemme, denn die Katzenhub war keineswegs ein schlechter oder kleiner Hof. Nach dem Hohentrüdinger Salbuch vom Jahr 1535 gehörten zu ihr ein Haus und zwei Stadel, 50 Morgen Ackerland und 10 Tagwerk Wiesen, ihre Felder waren über mehrere Gewanne der Gemarkung verstreut und nahmen wie der Meierhof Anteil an den besten Böden. Von einer Minderwertigkeit kann da wohl keinesfalls die Rede sein und sicherlich wollte dies auch der Beiname Katzenhub nicht ausdrücken. Wie aber soll er erklärt werden?

Vielleicht kommt uns hier der Name des Besitzers zu Hilfe. Die großen Döckinger Bauernhöfe, die Huben, wie man damals sagte, wurden bisweilen nach ihren Bauern benannt, die sie zur Zeit der Abfassung des Güterverzeichnisses bewirtschafteten. Da ist zum Beispiel die Rede von des Rotseitzen Hub, genannt nach dem Bauern Rotseitz, oder des Heinischen Hub, genannt nach einem Besitzer Heinisch, nach dem auch der Heunischhof bei Treuchtlingen heißt (5). Demzufolge müßte die Katzenhub nach einem Bauern namens Katz benannt worden sein. Doch der Personenname Katz ist verhältnismäßig selten, und es ist kaum anzunehmen, daß er dem Bauernhof in Döckingen zu seinem zu seinem Beinamen verholfen hat. Wäre nämlich die Katzenhub nach einem Besitzer Katz benannt, so hätte man den Hofnamen nach einiger Zeit wieder vergessen, denn Hofnamen wechseln gewöhnlich wie die Mühlennamen. Zieht ein neuer Besitzer auf, so gerät auch der frühere Hofname in Vergessenheit, wenn auch oft erst nach vielen Jahren, und macht einem neuen Platz. Der Beiname Katzenhub aber haftete jahrhundertelang an dem Hof. Das läßt vermuten, daß der Hof nicht nach seinen stetig wechselnden Besitzern, sondern nach seiner Funktion bezeichnet wurde. Wie der Meierhof über ein Jahrtausend im Dorf „Meierhof“ und der Wiedemhof eben „die Wiedem“ heißt, weil sie eine besondere Funktion innerhalb der Grundherrschaft und der Pfarrei innehatten, so wird wohl die Katzenhub ihren Namen nach ihrer Aufgabe erhalten und durch die Jahrhunderte bewahrt haben. Worin mochte aber diese Funktion bestehen?

Im älteren Sprachgebrauch bedeutet Katze auch eine Art Bollwerk. Jedenfalls muß der Begriff in das mittelalterliche Wehrwesen eingegangen sein, denn ein Belagerungswerkzeug führte ja den Namen Katze:

Wenn wir nun die Versuche mustern, den Hofnamen Katzenhub sprachlich zu erklären, dann gewinnen wir den Eindruck, daß sich hier eine Lösung ergibt. Die Katzenhub muß irgendwie mit dem Wehrwesen in Zusammenhang stehen, sei es, daß ihre Besitzer militärische Funktionen zu betreuen hatten, sei es, daß sie selbst von einer einfachen Befestigung, vielleicht nur von einer Hecke, geschützt war. Alte Nachrichten fehlen hier natürlich in wünschenswertem Umfang, so daß kein hinreichend gesichertes Bild über den Wehrcharakter der Katzenhub entstehen kann. Doch kommen hier Beispiele aus anderen Gegenden zu Hilfe.

Kaiser Friedrich Barbarossa gibt 1172 dem Bistum Würzburg für den Hof neben der Burg Katzenwicker, der seinem Sohn, dem Herzog Friedrich von Schwaben, verliehen wurde, Ersatz (7) Hier wird also in Würzburg eine Burg als Katzenwicker bezeichnet, wahrscheinlich ein befestigter Hof. 1147 erscheint dieser Katzenwicker nur als Turm ( "turris, que vulgo Katzinwichus appellatur"). Er wird noch im 16. Jahrhundert als curia Barbarossae bezeichnet. Der bekannte bayerische Landeshistoriker Karl Bosl ist der Überzeugung, daß die „Katzen - Namen“ wohl in die fränkisch-karolingische Zeit zurückgehen. Jedenfalls hängt Katz sachlich mit Torturm und Befestigung zusammen. Er stützt sich dabei auf zahlreiches Tatsachenmaterial aus Würzburg, Köln, Augsburg, Konstanz, Bamberg und Wien (8). Wir werden also nicht fehlgehen, wenn wir auch den Hofnamen Katzenhub in Döckingen mit dem Wehrwesen in Verbindung bringen und ihn an eine Befestigung einfacher Art anlehnen.

Anmerkungen

  1. Monumenta Boica XLVII, 1. Band, Neue Folge, fol.19r.
  2. Staatsarchiv Nürnberg, Rep. 165a, Nr.705 unter Hüssingen: 1448: "auf dem Katzenhoren vor dem wechsel" ... "Item ein kleinß flecklein genannt das Katzenhor".
  3. Erich Straßner, Historisches Ortsnamenbuch, Land - und Stadtkreis Weißenburg i. B., Nr.94.
  4. Dr. E. Fechter, Die Ortsnamen des Landkreises Ansbach, Maschinenschr., Nr.107.
  5. Erich Straßner, Historisches Ortsnamenbuch Weißenburg, Nr.79.
  6. Alt - Nürnberger Namenbuch, Nürnberg 1959. S.177.
  7. Weller, Hohenlohisches Urkundenbuch I, S.7, Nr.13.
  8. Karl Bosl, Würzburg als Pfalzort, in Jahrbuch für fr. Landesforschung, Band 19, S.39.