Die Truhendinger

Geschichte einer adeligen Familie

 

Wassertrüdingen, eine Gründung der Truhendinger oder der Oettinger?

Wassertrüdingen

Wassertrüdingen mit Hesselberg

Wenn man vom Namen Wassertrüdingen ausgeht, müßte man wohl geneigt sein, den Ort als Zubehör zur ehemaligen Herrschaft Truhendingen anzusprechen und eine gemeinsame geschichtliche Wurzel zu den beiden Namensnachbarn Alten- und Hohentrüdingen anzunehmen. Gleicher oder ähnlicher Name und benachbarte Lage, das müßte doch eigentlich einen Hinweis für Zusammengehörigkeit bedeuten können, selbst wenn die Quellen darüber schweigen. So hat sich in der Landläufigen Meinung die Vorstellung herausgebildet, Wassertrüdingen sei durch die Edlen von Truhendingen gegründet worden und durch Erbe oder Heirat an die Grafen von Oettingen gekommen. Schöpperlin, Rektor in Nördlingen, wußte auch gleich einen angeblichen Beweis zu erbringen: Albrecht, Graf von Truhendingen, der Sohn Friedrichs III., hätte eine Tochter namens Adelheid gehabt, die sich mit dem Grafen Ludwig dem Älteren von Oettingen verehelichte. Es sei demnach nicht ausgeschlossen, daß Wassertrüdingen als Mitgift jener Adelheid in den Besitz der Grafen von Oettingen gelangte (32). Eine Verwandtschaft der Oettinger Grafen mit den Edlen von Truhendingen ist für das 12. Jahrhundert nicht auszuschließen, ja sogar wahrscheinlich, aber auf den Nachweis einer Truhendinger Dame namens Adelheid, die einen Oettinger geheiratet haben soll, wartet man bis auf den heutigen Tag.

Aus der Gemeinsamkeit eines Namensteils kann noch lange keine geschichtliche Zusammengehörigkeit gefolgert werden, und benachbarte Lage muß nicht gemeinsame Herkunft bedeuten, sondern kann auf einer Gegengründung beruhen. Es gibt keinen Hinweis dafür, daß Wassertrüdingen von den Edlen von Truhendingen ins Leben gerufen wurde. Dagegen erscheint der Ort erstmals 1242 in Verbindung mit den Grafen von Oettingen. Da diese Herren dort 1242, 1243 und 1252 Urkunden ausstellen ließen, muß angenommen werden, daß sie in dieser Zeit bereits über eine Burg verfügten und im Anschluß daran eine Stadt im Entstehen begriffen oder gar schon vollendet war (33). 1283 werden ein Kastellan und ein Bürger genannt (34).

Von besonderer Bedeutung für eine eventuelle frühere Zugehörigkeit Wassertrüdingens zur Herrschaft der Edlen von Truhendingen wäre die Frage, ob dort nicht vielleicht vor der oettingischen Stadtgründung ein präurbaner Siedlungskern vorhanden war, der zum alten fuldischen Fronhofsverband Truthmuntinga gehörte. Ist Wassertrüdingen als Rodungsort, als völlige Neugründung der Oettinger Grafen auf Waldboden anzusprechen oder entstanden Burg und Stadt im Anschluß an eine ältere frühmittelalterliche Siedlung? Es fehlt ein Zeugnis dafür, daß in Wassertrüdingen schon eine frühmittelalterliche Niederlassung vorhanden war, an die die hochmittelalterliche Stadtgründung anschließen konnte. Während in Oettingen ein Fronhofsverband des Klosters Fulda schon um 800 bezeugt ist, während in Gunzenhausen im Jahr 823 ein königliches Eigenkloster an Ellwangen übergeben wurde, dessen Güter die wirtschaftliche Grundlage für eine spätere Stadt bildeten, schweigen in Wassertrüdingen die Quellen über einen derartigen präurbanen Kern. Daß der Ort nun erst 1242 aus dem Dunkel des vorhergehenden Jahrhunderts in das helle Licht urkundlicher Überlieferung rückt, bräuchte nun nicht unmittelbar als Zeugnis dafür angesehen werden, daß in Wassertrüdingen keine frühmittelalterliche Niederlassung existierte, denn urkundliche Erwähnungen unterliegen dem Spiel des Zufalls. Oft kann eine Siedlung schon jahrhundertelang bestehen, ehe sie einmal irgendwann in einem Schriftstück erscheint. Doch in Wassertrüdingen sprechen auch noch andere siedlungsgeschichtliche Zeugnisse dafür, daß der Ort erst im 12. Jahrhundert im Anschluß an eine Burg entstand und kein frühmittelalterlicher Zusammenhang zu Altentrüdingen besteht. Die alten Straßen laufen an Wassertrüdingen vorbei und die Kirche St. Georg und Sigmund erweckt nicht den Eindruck, Mittelpunkt einer alten Urpfarrei gewesen zu sein.

Der Grund und Boden, auf dem die Stadt Wassertrüdingen im Anschluß an die Burg ihren Anfang nahm, scheint noch bis in das 12. Jahrhundert weithin mit Wald bedeckt gewesen zu sein, der Teil eines einstigen Königsforstes war, der 1053 von Kaiser Heinrich III. an die Eichstätter Kirche geschenkt wurde (35). Nach dem ältesten Eichstätter Lehenbuch waren die Grafen von Oettingen mit der Vogtei über Wassertrüdingen und den Reichenbacher Forst beauftragt (36). Die Nachricht stammt zwar erst vom Ende des 13. Jahrhunderts, aber die Lehenübertragung der Vogtei über den Forst an die Oettinger wird schon mit dem Einsetzen als Amtsgrafen durch die Staufer im 12 Jahrhundert angenommen (37). Die Grafen von Oettingen waren somit aufgrund der Vogtei die Herren über das Wald- und Weidegebiet um Wassertrüdingen; eine grundherrliche Verbindung zum fuldischen Fronhofsverband in Altentrüdingen wird wohl kaum bestanden haben, denn der Forstbezirk um Wassertrüdingen bis zum Mühlbach war vor dem Auftreten der Oettinger Grundeigentum der Eichstätter Kirche, nicht des fuldischen Klosters Solnhofen. Wir haben daher keinen Grund zu der Annahme, die Stadt Wassertrüdingen sei vor 1240 Eigentum der Edlen von Truhendingen gewesen, sie muß vielmehr von den Grafen von Oettingen errichtet worden sein. Sie trägt den Stempel der oettingischen Territorialpolitik, die hier am Nordostrand des großen Eichstätter Bannforstes mit Burg und Stadt ein starkes Bollwerk aufbaute, um eventuelle Interessen der Truhendinger, aber auch der Herren von Auhausen, abzublocken.

Abkürzungen:

Anmerkungen