1100 Jahre

Ursheim

und Appenberg

Sühnekreuz

Sühnenkreuz in Oberappenberg

Ursheimer und Appenberger Flurnamen - Teil VI

(Die Plannummern stehen hinter den Namen in Klammern)

6. Sonstige Namen

Von besonderem Reiz sind die Namen, die nicht in jeder Gemarkung erscheinen, sondern einen gewissen Seltenheitswert besitzen. Da begegnet uns in Oberappenberg ein Kreuzsteinacker und dicht daneben lenkt noch als Flurdenkmal ein Steinkreuz die Aufmerksamkeit auf sich. Ein weiterer Kreuzstein stand einmal im Garten des Lehrerwohnhauses an der alten Straße nach Megesheim. Niemand weiß mehr, wann diese Flurdenkmale gesetzt wurden. Die Steinkreuzforscher haben in liebevollem, jahrelangen Bemühen um sie herausgefunden, dass es sich um sogenannte Sühnekreuze handelt. Sie mussten bei einem Totschlag gesetzt werden. Das mittelalterliche Gerichtswesen wusste klar zu trennen zwischen Mord und Totschlag. Der Mord erfolgte mit Absicht, ein Totschlag konnte bei einem Streit im Wirtshaus oder auf dem Felde entstehen. Hatte ein Totschläger einen anderen Menschen im Streit erschlagen oder erstochen, so war die Sippe des Getöteten zur Blutrache aufgerufen. Damit nun nicht ein Totschlag den andern nach sich zog, wurden vor dem Gerichtsherrn Sühneverhandlungen eingeleitet. Der Totschläger hatte seine Tat durch Sühnezahlungen zu büßen, eine Wallfahrt zu unternehmen, von der er oft nicht mehr zurückkehrte und am Straßenrand, wo viele vorüberzogen, ein steinernes Kreuz zu setzen. Viele solcher Sühnekreuze sind noch heute in der Nürnberger Gegend und im Altmühltal um Gunzenhausen erhalten. Den Fußgänger, und das waren die meisten Menschen im Mittelalter, lud so ein Kreuz zu einem Innehalten und zu einem kurzen Gebet für den Getöteten ein. Allerlei Sagen, meist schauerlichen Inhalts haben sich um die Sühnenkreuze gerankt. Niederschriften über Sühneverträge, die Aufschluss über wahre Begebenheiten nachweisen könnten, sind weder in Ursheim, noch in Oberappenberg erhalten.

Eine Flurbezeichnung, die uns auch zu besinnlicher Betrachtung ruft, ist an der Flurgrenze zu Polsingen im Wald auf dem Berg zu finden: "bei der Bildsaul" (1173-1177). Wahrscheinlich zog hier einmal der Fußweg nach Wemding vorüber. Wie schon der Name andeutet, muss hier einst eine Säule, ob aus Holz oder Stein ist nicht mehr bekannt, gestanden haben und darauf ein Gehäuse mit einem Bild aus der Leidensgeschichte Jesu, also eine Art Martersäule, wie sie heute noch an der Altmühlbrücke in Gunzenhausen zu sehen ist. Solche Bildsäulen in der Gemarkung wurden vorwiegend Ende des 15. Jahrhunderts in der Spätgotik, der "Zeit der Frömmigkeit ohne Grenzen" errichtet.

Unweit der Bildsaul erregt die Flurbezeichnung "bei der Wolfsgrube" (1030) unsere Aufmerksamkeit. Sie führt uns in jene Zeit zurück, in der die Wölfe zur Plage der Hirten wurden. Da man sie mit den unzulänglichen Waffen dazumal nicht bekämpfen konnte, wurden Fanggruben ausgehoben und mit einem Wolfsluder, einer Art Lockspeise, versehen. Fast in jeder Hahnenkammgemeinde war der Flurname Wolfsgrube gebräuchlich.

Unweit davon tritt uns auch die Flurbezeichnung "beim Sommerkeller" (1087-89) in den Weg. Sie berichtet von dem Keller der Ursheimer Brauerei, die dort den Sommer über das in der kalten Jahreszeit gebraute Bier lagerte. Spuren vom Sommerkeller sind dort noch zu sehen. Alte, schattenspendende Bäume können allerdings ihre ihnen zugedachte Aufgabe nicht mehr erfüllen, denn Brauerei und Sommerkeller sind eingegangen. Ebenso geschah dies mit Brauhaus und Keller (1942) in Oberappenberg.

In diesem Ort halten Kappelwiese (1891) und Kappelacker (1907-1908) das Gedenken an eine ehemalige Kapelle fest, die wohl von dem Frümesser, dem Kaplan in Ursheim, betreut wurde.

Schöne Vergleiche mit Hausgeräten sind in dem Namen Gemeindestriegel (369) und "im Pfannenstiel" (1724-27) in Oberappenberg enthalten. Striegel wurde ein Handgerät zum Reinigen der Pferde und Kühe genannt. Mit dem Namen Heiligenzipfel oder der Zipfelwiese (1046-49) ist ein in einer Spitze endendes Grundstück bedacht worden, das dem Heiligen (der Kirche St. Wunibald) gehört. Ähnlich auch der Spitzacker (1962) in Oberappenberg. Für mehr oder weniger stark zugespitzte Flurteile waren Vergleiche mit Waffen vergangener Zeiten sehr beliebt. Der Name Ger, Gern ist im Hahnenkamm für ein spitz zulaufendes Grundstück nicht selten.

Der Federleinsacker in der Holzing (788) könnte auf Federn, das heißt Sumpfgräser mit federartigem Blütenstand, hinweisen, wenn man nicht an einen Personennamen denken will. Das Flurwieslein (854) stand wohl dem Gemeindknecht, dem Flurer, zur Nutzung für sein Fluramt zur Verfügung. Aus dem Holzwartsberglein durfte der Holzwart sein Holz entnehmen. Bei der Flurbezeichnung "aufm Obel" (1038-39) ist denkbar, dass hier die erhöhte (obere) Lage über dem Rohrachtal namengebend gewirkt hat, da gegenüber am anderen Ufer des Baches "die untere Wiese" liegt.

Beim "hohlen Stein" (1850) ist an eine Höhle im Gestein zu denken, die allerdings so niedrig gehalten ist, dass nur Füchse und Marder einsteigen können. Trotzdem hat sie die Fantasie der Menschen beflügelt und die Vorstellung von einer großen Höhle im Gestein entstehen lassen. Ähnlich erging es dem Weißloch, das im Flurnamengut keinen schriftlichen Niederschlag gefunden hat, sondern in der Fantasie mit den Druiden, den keltischen Priestern in Verbindung gebracht wurde.

Manche Feldstücke wurden nur nach ihrer Größe benannt, so "die sieben Morgen" im Elm (1911) und "die drei Morgen". Dort in der Nähe ist auch das Weiherbrünnlein (1912) eingetragen. Ein interessanter Flurname ist auch der Freiherrnacker (751). Ob er allerdings an einen wirklichen Freiherrn erinnert oder ob sich hier die Bauern einen Scherz erlaubten und einen unter ihnen als Spottname "Freiherr" betitelten, sei dahingestellt.

Hier soll noch eines Namenrätsels gedacht werden: "Meiers- Meis- oder Mausbreitung". Als Breitung wird in gängigen Flurnamenbüchern in der Regel ein in die Breite gehendes, großes Flurstück bezeichnet, das oft zu einem Meierhof gehört, möglichst ortsnah gelegen ist und an den besten Böden haftete. Nun gibt es in der Ursheimer Mark mehrere Flurstücke mit dem Namen Breitung (Acker auf der Breite (425), Meisbreitung (965-67), Breitung (1255)). In Oberappenberg werden im Jahre 1535 10 Morgen Acker "in der praten" (Breiten) genannt, die zum Meierhof gehörten. In Ursheim selbst ist im Gegensatz zu Appenberg von einem Meierhof nichts bekannt. Es fehlt hier auch der bekannte Wiesenname "im Brühl", der für die Meierhöfe des Klosters Heidenheim typisch ist und eine "sumpfige Grundwiese, teils mit Gebüsch bewachsen" bedeutet. Es könnte sein, dass in Ursheim einmal im Mittelalter doch ein Meierhof bestand, der aufgeteilt wurde, aber dafür lässt sich kein Beweis erbringen. Interessant ist, dass in der Ursheimer Dorfordnung in der Aufzählung der Erblucken von "Der Pfarr Maisbreiten" die Rede ist:

Die Pfarr zu Ursheim hätte sicherlich an der Breite des Meierhofes keinen Anteil gehabt, wäre Maisbreie gleichzusetzen mit Meiersbreite. Die Tatsache, dass die Maisbreitung auch als Mäusbreitung und Mausbreitung im Grundbuch geschrieben wird, (Pl. Nr. 965-970) lässt Zweifel aufkommen, ob diese Grundstücke zu einem Meierhof gehörten. Vielmehr wird hier das männliche mittelhochdeutsche Wort meiz zugrunde liegen, das "Einschnitt, Verzierung" aber auch "Holzschlag, Holzabtrieb" bedeutet und wohl aus dem Tätigkeitswort meizen = "hauen, schneiden, einschneiden" entstanden ist. Mit dem modernen Maisbau kann sie natürlich nichts zu tun haben. 1448 wird in Ursheim eine "meißenlachen, stößt auf das pirkach" genannt, die zum Hof des Claß (Nikolaus) Mayr gehörte. Meisbreitung würde dann bedeuten "breiter Holzeinschlag", was natürlich und überzeugend wirkt.