St. Zeno

Der Kirchenheilige von Windischhausen

Der Kirchenheilige

Windischhausen

Windischhausen

Jedermann, der sich ein wenig mit der Geschichte seiner Dorfkirche befasst, weiß, dass diese irgendwann einmal einem Heiligen geweiht wurde und damit dessen Namen erhielt. Diese Sitte geht schon in die Frühzeit des Christentums vor mehr als 1500 Jahren zurück und wird bis heute beibehalten. Für den Menschen des frühen Mittelalters bedeutete diese Weihe aber mehr als nur eine formale fromme Handlung. Er lebte völlig in der Vorstellung, dass der Heilige, dem man die Kirche anvertraute, auch in dem Gotteshaus gegenwärtig war. Man betrachtete ihn gleichsam als den im Dienste Gottes stehenden Hausherrn, dem man Schenkungen aller Art zukommen ließ und dem man das gesamte örtliche Kirchenvermögen anvertraute (1).

Wenn heute in einem Testament zu einem frommen Zweck eine Stiftung vermacht wird, so lässt man diese „der Kirche“ zugute kommen. Man denkt dabei in erster Linie an das Gotteshaus mit seinen vielen unterschiedlichen Einrichtungen, nicht mehr an den Heiligen als Person, die man damit günstig stimmen wollte, damit sie am Tag des Jüngsten Gerichts Fürbitte bei Gott einlegen möchte. Im Mittelalter wendete man sich in Gedanken bei einer Schenkung nicht an das Abstraktum Kirche, sondern an die Person des Heiligen, dem man sich als Helfer anvertraute. Darum wird oft in Stiftungseinträgen nicht die Kirche, sondern ihr Heiliger als Empfänger erwähnt. Da heißt es z.B. in einer Schenkung an die ehemalige Wallfahrtskirche Mariabrunn bei Heidenheim:

Die Kuh schenkte der Contz (Konrad) „unserer lieben Frauen“, damit ist Maria gemeint, die Schutzheilige der Wallfahrtskirche Mariabrunn (3). Wird das Vermögen der örtlichen Kirche aufgeführt, so liest man in einem Westheimer Pfarrbuch:

Der Heilige als ideeller Eigentümer der Kirche steht in der Vorstellung des mittelalterlichen Menschen im Vordergrund, nicht das Kirchengebäude. Da der Heilige im Denken der Gläubigen ein volles Verfügungsrecht über den Besitz der Kirche hatte, so übertrug man seinen Namen „der Heilige“ auf das gesamte Kirchenvermögen. Das Holz, das man der Kirche (dem Heiligen) schenkte, wurde im Volksmund zum Heiligenholz, der Acker zum Heiligenacker, die Wiese zur Heiligenwiese. Und zur Kontrolle der vielen Stiftungen, die dem Heiligen der Kirche zuflossen, brauchte man dem Pfarrer gegenüber eine weltliche Person, den Heiligenpfleger, der die Heiligenrechnungen verwaltete. Lange nach der Reformation behielt man auch in evangelischen Gemeinden diese Bezeichnungen bei. Erst in der Neuzeit wurden die Heiligenrechnungen in Kirchenstiftungsrechnungen und der Heiligenpfleger in Kirchenpfleger umbenannt. Heiligenpfleger, als Verwalter des Stiftungsvermögens sein zu dürfen, dieses Amt galt im Mittelalter als besondere Würde und wurde nur ehrenwerten Leuten übertragen.

Anmerkungen:

  1. Hermann Schreibmüller, „Ansbacher Kirchenheilige, Heiligenrechnungen und Heiligenpfleger in Franken“ in „Franken in Geschichte und Namenwelt“, Veröffentlichung der Gesellschaft für Fränkische Geschichte, 10. Band, Würzburg, S. 67-73.
  2. St. A. Nürnberg, Ansbacher Oberamtsakten 165a, Nr. 729, S.12.
  3. Die Wallfahrtskirche Mariabrunn wurde um 1420 gegründet. Nach der Reformation erloschen die Wallfahrten, die Kirche wurde abgebrochen.
  4. Pfarrarchiv Westheim, Salbuch der Pfarrei mit Ehaft der Gemeinde 1550.