Die Katzenhub

zu Döckingen

Königsgut in Döckingen?

St. Martin in Wolferstadt

St. Martin in Wolferstadt

Es wäre nun sehr aufschlußreich, zu erfahren, auf welche Art und Weise die Eichstätter Kirche in den Besitz des umfangreichen Döckinger Grund und Bodens kann. Darüber schweigen die Quellen. Doch deutet dieses Schweigen nicht gerade darauf hin, daß dieser Zustand sehr alt ist und durch die Jahrhunderte konstant blieb? Zwei Möglichkeiten der Herkunft wären hier wohl in Betracht zu ziehen: Entweder hat ein adliger Grundherr im frühen Mittelalter diese Ländereien zum Heil seiner Seele an die Eichstätter Kirche gegeben oder der König selbst war Grundbesitzer in Döckingen und verschenkte seine Güter an das Bistum. Sehr vieles spricht dafür, daß in Döckingen einmal Königsgut vorhanden war.

Der Ort liegt in einem Trockental auf der altbesiedelten Hochfläche des Hahnenkamms, die längst gerodet war, bevor ein alemannischer Grundherr namens Teggo sich hier mit seinem Gefolge niederließ und der germanischen Siedlung seinen Namen verlieh. Die Gemarkung mit ihren von stauender Bodennässe freien Mischböden eignete sich gut für den Anbau von Hafer und Dinkel, den Grundnahrungsmitteln der damaligen Zeit. Die siedlungsgünstigen Laubwälder der Umgebung lieferten Geäckerich (Bucheckern und Eicheln) für die Schweinemast und konnten als Waldweide für die Herden genutzt werden.

Zwei alte Straßen kreuzten sich in der Döckinger Gemarkung schon zur Römerzeit. Die eine zog in Nord-Süd-Richtung von Donauwörth nach Wemding, von dort über Steinbühl, Hagau durch das Trockental bei Döckingen in Richtung Schlittenhardt, Degersheim, Heidenheim zum Limes. An ihr lag in der Hechlinger Markung eine römische Siedlung am Eschelbrunn, unweit davon der Königsbühl (1). Die andere Straße, im frühen Mittelalter wohl noch bedeutsamer als die Nord-Süd-Verbindung, führte den Verkehr von der Wörnitzfurt bei Oettingen über Megesheim im Ries durch den Sachsenhart (Sachsensiedlung) nach Ursheim und von da im Norden der Döckinger Flur auf den Wieshof zu nach dem Hagenhof und die Freihard bei Auernheim in Richtung Treuchtlingen-Eichstätt zum Donauübergang bei Pföring. Diese Straße, einst in der Döckinger Gemarkung auf einer alten Römerstraße fußend, war Teilstück jenes bedeutenden Fernweges, der Frankreich mit dem Ungarland und damit auch das fränkische Rheinland mit der niederbayerischen Donauebene verband. Auf dieser Straße, bekannt unter dem poetischen Namen Nibelungenstraße, folgten den fränkischen Kriegern auch die fränkische Reichskultur, die fränkischen Adeligen mit ihren Gefolgschaften, der Martinskult und die fränkische Kirche (2).

In der Nähe dieser Straße, die noch lange in der Döckinger Flur unter dem Namen Heerstraße fortlebte, wurden bei der Kohlplatte 1960 Gräber germanischer Bauernkrieger freigelegt (3). Wenn auch hier alte Nachrichten in wünschenswertem Umfang fehlen, so erscheint es doch wahrscheinlich, daß auch in Döckingen königliche Güter auf alemannischer Grundlage errichtet waren, denn das fränkische Königtum weitete im 7. und 8. Jahrhundert vom Rhein her seinen Machtbereich entlang dem Main, der Altmühl, Wörnitz und Rezat bis in den bayerischen Stammesraum an der Donau aus. Nach Eroberung des weiten, von großen hügeligen Waldgebieten durchsetzten Landes legten die fränkischen Herrscher im Zusammenwirken mit dem fränkischen Adel an bedeutenden Fernstraßen ihre Stützpunkte in Form von Königshöfen an, gliederten die bereits an alten "-ingen-Orten" ansässige alemannische Bevölkerung ihren weitreichenden Plänen ein und sicherten so den Landesausbau für die kommenden Jahrhunderte, wobei sie Menschen aus entfernten Gegenden zur Erschließung des Raumes herbeiholten, woran in Döckingen der Flurname Sachsensteig, auch Sachsenwiese und bei Ursheim der Waldname Sachsenhart erinnern (4).

Gerade der Hahnenkamm mit seinem dichten Netz von Römerstraßen, seinen alten Siedlungen und siedlungsgünstigen Wäldern wurde vom fränkischen Königtum als wichtige strategische Position betrachtet und mit Königshöfen und Königsgütern ausgebaut. Daß auch in Döckingen das Königtum mit Eigengütern Fuß gefaßt hatte, läßt sich zwar nicht urkundlich belegen, erscheint aber höchst wahrscheinlich, wenn wir einen Blick auf die unmittelbare Nachbarschaft richten. Im nahen Ursheim, Hechlingen und Appenberg wurden 899 Königslehen an das Bistum Eichstätt übergeben (5). In Wolferstadt steht noch heute hoch auf dem Berg die St.-Martins-Kirche, die als ehemalige Königskirche angesprochen wird (6). Sie war Mittelpunkt eines weiten Sprengels für die Königsleute. Im gleichen Ort wurden Reihengräber mit Waffen und Schmuck freigelegt (7). In Döckingen selbst besaßen 1214 die Marschälle von Pappenheim, eines der bedeutendsten Reichsministerialengeschlechter, einen Eigenmann, der Schnelle genannt, ebenso im nahen Wolferstadt (8). Pappenheimischer Besitz und Rechte sind auf dem Ulberg, in Rothenberg und Auernheim nachzuweisen (9). Es ist denkbar, daß der Besitz der Pappenheimer auf altes Reichsgut und damit auf fränkisches Königsgut zurückgeht. Wägen wir alle diese Quellen ab, so gewinnen wir den Eindruck, daß auch in Döckingen einmal in größerem Umfang in der Karolingerzeit Königsgut vorhanden war, denn der Ort war einer von vielen Stützpunkten der Königsherrschaft an den alten Straßen, die zu den Donauübergängen von Donauwörth, Neuburg und Ingolstadt führten.

Bei der Frage nach der Herkunft der eichstättischen curia villicalis, des alten Fronhofsverbandes, wird man eine Schenkung des Königs an die Domkirche in Eichstätt in Erwägung bringen dürfen, auch wenn die Quellen darüber schweigen. Unbekannt bleibt freilich der Zeitpunkt des Überganges der königlichen Güter an die Eichstätter Kirche. Die weltliche Schutzherrschaft (Vogtei) über den Fronhofsverband scheint schon im 11. Jahrhundert an die Edlen von Truhendingen vergeben worden zu sein. Diese Lehenvergabe führte dazu, daß der gesamte eichstättische Besitz in Döckingen der Kirche entfremdet wurde und in die Hoheit der Herren von Truhendingen und deren Erben, der Markgrafen von Ansbach, fiel. Der geistliche Grundherr, die Eichstätter Domkirche, mußte im Lauf der Jahrhunderte dem weltlichen Schutzherren weichen. Eichstätt konnte hier keine Landesherrschaft ausbauen. So erklärt es sich wohl auch, daß der Meierhofverband in Döckingen nicht in den Besitzbestätigungen des Eichstätter Domkapitels im 12. Jahrhundert erscheint (10).

Anmerkungen

  1. Alt - Gunzenhausen, Heft 36, S.44 bis 46.
  2. Karl Weller, Die Hauptverkehrsstraßen zwischen dem westlichen und südöstlichen Europa, in Württ. Vergangenheit, Stuttgart 1932, S. 89 bis 129.
  3. Heimatbuch Landkreis Gunzenhausen 1966, S. 26 und Bericht im „Altmühl - Boten“ vom 9. August 1960.
  4. Alt - Gunzenhausen, Nr.30, S.23 ff.
  5. Heidingsfelder, Regesten der Bischöfe von Eichstätt, Nr. 83.
  6. Dr. Karl Puchner, Patrozinienforschung und Eigenkirchenwesen im Bistum Eichstätt 1932, S.16.
  7. 11. Jahrbuch des Historischen Vereins Nördlingen 1927.
  8. Dr. W. Kraft, Das Urbar der Reichsmarschälle von Pappenheim, S.132.
  9. Ebenda S.123.
  10. Heidingsfelder, Regesten der Bischöfe von Eichstätt, Nr. 452 und 473.