Die Katzenhub

zu Döckingen

Die Funktion der Katzenhub

Karolingischer Helm

Nachbau eines karolingischen Helmes

Wie andernorts beobachtet wurde, waren die königlichen Besitzungen in der Karolingerzeit um älteste Burgen konzentriert, die Zugänge zu den königlichen Bezirken durch Türme oder befestigte Höfe gesichert. Wenn auch von diesen frühen Siedlungsanlagen selbst oft nicht mehr viel zu erkennen ist, so leben sie doch in einer Reihe von Befestigungsnamen weiter.

Die Katzenhub zu Döckingen in der Nähe des Meierhofes mag ursprünglich so ein befestigter Hof gewesen sein. Hierbei darf man freilich nicht an eine mittelalterliche Ritterburg mit Mauern und Türmen denken, sondern an eine Wehranlage einfacher Art mit Wall und Graben, vielleicht auch nur an einen primitiven Turm aus Holz und Flechtwerk oder gar nur an eine dichte Hecke. An eine derartige Umfriedung mit Dornengestrüpp könnte zum Beispiel der Hofname Zeilhub in Döckingen erinnern, der zusammen mit der Katzenhub und der Seehub im Urbar des frühen 15. Jahrhunderts erscheint (1). An das allgemein bekannte Wort Zeile im Sinn einer Reihe, Linie wird man hier nicht anknüpfen dürfen, sondern an das mittelhochdeutsche männliche Wort zil, das „Dornbusch, Hecke“ bedeutet und wohl in dem Flurnamen Zeilach weiterlebt (2). So wird zum Beispiel 1324 ein Flurstück vor dem befestigten Burgus der Burg Hohentrüdingen beschrieben:

Die Flurbezeichnung heißt heute freilich „in der Zeil“, wobei vielleicht eine Angleichung an die Zeile im Sinn von Reihe, Linie stattgefunden haben mag. Doch noch 1535 heißt es „hinter dem Zeil“.

Auch in Döckingen war um 1535 die Flurbezeichnung „in der Zeil“ gebräuchlich. Bei dem Namen Seehub mag die Lage an einem stehenden Gewässer namengebend gewirkt haben. Denn unter See verstand man im Mittelalter jedes stehende Gewässer, ganz gleich welcher Größe, auch Sumpfland oder einen Tümpel. Heute gebraucht man dafür die Bezeichnung Weiher. Auch die Seehub mag irgendwie durch ihre Lage am Wasser geschützt gewesen sein. Katzenhub, Zeilhub und Seehub fallen in den Quellen durch ihre konstanten Hofnamen auf. Es erhebt sich hier die Frage, ob in diesen Hofnamen nicht eine Erinnerung an eine besondere Funktion dieser alten Hufen weiterlebte, ähnlich wie beim Meierhof und Wiedemhof.

Der Name Katzenhub stimmt nachdenklich, und da er wohl mit dem Wehrwesen zusammenhängt, gewinnt man den Eindruck, daß auf ihr einmal ein fränkischer Wehrbauer der Karolingerzeit saß, der in dem alten Königsgutbezirk Döckingen-Ulberg-Zwerchstraß-Wolferstadt-Hagau lokalen Wehrdienst zu leisten hatte. Die Forschung hat insbesondere in Ostfranken, dem Eroberungs- und Ausbaugebiet des fränkischen Königtums, aber auch anderwärts, jene Leute um strategisch wichtige Positionen festgestellt, die zu Aufgaben militärischer Art wie Wachen und Streifen, Burgenbau, Botendienst zu Pferd und zu Fuß, Unterhaltung der Straßen und Wege und zu Vorspanndiensten (parafredi in den Quellen genannt) verpflichtet waren. Sie erscheinen in den Quellen unter verschiedenen Namen, die Forschung hat für sie den Begriff Königsfreie eingeführt. Es erscheint nicht ausgeschlossen, daß die drei markanten Hofnamen Katzenhub, Zeilhub und Seehub noch eine Erinnerung an die Funktion der fränkischen Wehrbauern in dem Straßenkreuzungspunkt Döckingen bewahrt haben und die Huben als Sitze ehemaliger Königsfreier die Erschließung und den Ausbau des Raumes bezeugen.

Diese Vorstellung wird noch um einen Farbton reicher, wenn man bedenkt, daß in Döckingen 1535 ein Flurname auch an einen Turm erinnert (4). Die Döckinger Markung war im frühen Mittelalter von einer Reihe von Einzelhöfen besetzt, die in der Wüstungsperiode des ausgehenden Mittelalters wieder verschwanden (5). Sie ähnelt damit jenem Bild frühmittelalterlicher Siedlung, wie es auch anderwärts in Ostfranken erarbeitet wurde: An Stelle der großen, geschlossenen Haufendörfern unserer Tage lagen kleinere Gehöftegruppen verschiedener Grundherren, umgeben von großen Baum- und Grasgärten, dazwischen die Hütten der behausten, aber landlosen Unfreien, die als Taglöhner auf den Salhöfen und Hufen arbeiteten. Über die Mark verstreut standen Einzelhöfe, die Wege waren gesichert durch Türme, primitive Burgen, Warten oder Beobachtungs- und Horchplätze. Die Dorfballung des hohen und ausgehenden Mittelalters hat dieses Bild gelöscht, nur im Flurnamengut lebt es zum Teil noch fort bis in unsere Tage.

Anmerkungen

  1. Monumenta Boica 47 1. Band fol. 19 r.
  2. Buck, Oberd. Flurnb. S.306; Schnetz, Flurnamenkunde S.42; Keinath, Orts- und Flurnamen in Württemberg, S.74.
  3. Urkundenbuch des Landes ob der Enns, Band 5, Wien 1868, S.554.
  4. Staatsarchiv Nürnberg, Rep. 122, Nr.59 fol.149: "1 tagwerk zwimädig auf dem thurn".
  5. An solche Höfe erinnern in der Döckinger Markung die Flurnamen Burkhhardsweiler, Budlingen, auf dem Heinischen, die nachweisbar abgegangene Siedlungen sind.