Heidenheim

Geschichte und Geschichten

Vom Kreuthof bei Heidenheim

Von der Balsenmühle zum Kreuthof

Lage und Name

Unterhalb von Heidenheim, etwas abseits der Straße nach Hechlingen, liegt auf einer Höhe westlich der Rohrach oberhalb der Balsenmühle der Kreuthof. Eigentlich sind es zwei Höfe, aber der Volksmund spricht immer nur "vom Kreuthof" und meint damit jeden der beiden. Das ist ein Hinweis dafür, dass die beiden aus einem einzigen Hof durch Teilung entstanden sein müssen. Der Name Kreuthof hat nichts mit dort vielleicht einmal wachsenden besonderen Kräutern zu tun, wie sie etwa zu Heilzwecken im Mittelalter verwendet wurden. Dafür spricht auch die mundartliche Aussprache dieses Namens.

Kein Mensch im Umland nennt ihn Kreuthof, sondern stets Kreithof und mit dieser Form werden wir in die ferne Zeit des hohen Mittelalters zurückgeführt, als an der Stelle, auf der heute der "Kreithof" steht, noch der Wald den Boden bedeckte. Er musste erst durch die schwere Arbeit des Waldrodens, des "Ausreitens", wie man in der Mundart sagt, beseitigt werden, bevor der Kreuthof errichtet werden konnte. Das mittehochdeutsche Tätigkeitswort riuten, das in unserer Mundart zu "reiten" wurde, bedeutet "reuten, ausreuten, urbar machen". Unter dem Hauptwort "das geriute" verstand man "ein durch Reuten urbar gemachtes Landstück", in der Mundart "das Gereit", kurz Greit oder Kreit genannt. Mit dem Reiten auf einem Pferd hat das alte Tätigkeitswort riuten = "reiten" nichts zu tun, wohl aber mit dem Ausreiten = Beseitigen einer Hecke oder eines Gestrüpps. In manchem Bauernhof ist noch die Reithaue vorhanden, ein Werkzeug, das meist zum Fällen eines Baumes mit dem Wurzelstock oder zum Roden eines Waldstücks verwendet wurde.

Diese Art der Zurückdrängung des Waldes durch Reuten hat sich in vielen Flurnamen niedergeschlagen. Fast in jeder Gemarkung des Hahnenkamms führt ein auf ehemaligem Waldboden entstandener Acker oder eine Wiese den Namen Greit oder Kreitla, hinteres-, vorderes Kreit, Mittelkreit. Manche Namen dieser Art erinnern an ehemalige Besitzer, so Statzengreit, Abrahamsgreit, Meiersgreit in Westheim; Kreitäcker in Steinhart, Bruderskreit in Hechlingen, usw. Aus dieser Tätigkeit des Waldrodens ist auch der Name Kreuthof zu verstehen.

Wann wurde die Waldrodung vorgenommen? Wer hat sie durchgeführt?

Wenn im Raum Heidenheim die Frage nach einem geschichtlichen Ereignis gestellt wird, denkt man meist an Wunibald und Walburgis, die hier um 752 das Kloster Heidenheim gründeten und dieser frühen kirchlichen Einrichtung mutet man dann alle geschichtlichen Einwirkungen in der Landschaft zu, zumal die Verfasserin der Lebensgeschichte des heiligen Wunibald, die Nonne Hugeburg, um 780 davon spricht, dass die Gegend um Heidenheim zu dieser Zeit noch lauter Wildnis und Wald gewesen sei und der Heilige erst den Wald hätte roden müssen. Man hat heute erkannt, dass diese Aussage über den Zustand der Landschaft um Heidenheim in jener Zeit mit den siedlungsgeschichtlichen Zeugnissen nicht übereinstimmen kann und dass die Nonne bei der Abfassung von Wunibalds Lebensbeschreibung nicht die Wirklichkeit der Heidenheimer Gegend im Auge hatte, sondern nach allgemeinen Vorbildern von Heiligenbeschreibungen arbeitete.

In Wirklichkeit war der Kernraum der heutigen Gemarkung Heidenheim längst gerodet und besiedelt ehe Wunibald hier ankam. Die Vermutung, die Rodung um den Kreuthof sei schon im 8. Jahrhundert vom Kloster ausgegangen, könnte in den Flurnamen eine Bestätigung finden, die ja weit in die Jahrhunderte zurückreichen. Da besaß nun das Kloster Heidenheim um 1400 einen großen Wiesenbereich unterhalb des heutigen Kreuthofs von 15 Tagwerk Wiesen und 4 Joch Acker an dem Rohrberg (1). Das Wiesenland unterhalb des Kreuthofes, Schornloh genannt, muss einmal ein Weidegebiet gewesen sein, denn das Grundwort -loh erinnert an einen Weidewald, der auch als Viehweide diente. 1391 wird die Gegend um den Kreuthof als "Gerewt" = Gereut bezeichnet. Man könnte annehmen, das Kloster hätte dort gerodet. Nun wissen wir, dass von den Klöstern des Zisterzienserordens, die viele Laienbrüder in ihren Diensten beherbergten, große Wälder gelichtet und für die Siedlung erschlossen wurden.

Jedoch die angelsächsischen Geschwister Willibald, Wunibald und Walburgis waren zu einem derart Kräfte zehrenden Rodungswerk sicherlich nicht in der Lage, zudem neuerdings die Forschung daran zweifelt, ob sie überhaupt dem Benediktinerorden angehörten oder einer selbst gewählten Lebensweise huldigten, denn die "stabilitas loci" (Stetigkeit am Ort) sei mit der "peregrinatio" (Pilgerschaft) der Angelsachsen nicht vereinbar gewesen (2). Diese waren Fremde im Land und auf die Gunst und Gesinnung des heimischen Adels angewiesen, dessen Geschlecht wir nicht kennen (3). Für unsere Frage: Wann ist wohl die Waldrodung um den Kreuthof erfolgt? wird die frühe Zeit Wunibalds und Walburgens im 8. Jahrhundert ausscheiden müssen. Auch während der urkundenarmen Epoche der Weltgeistlichen im Kloster Heidenheim von etwa 790 bis Mitte des 12. Jahrhunderts kommt wohl eine Rodung um den Kreuthof nicht in Frage. Das Kloster Heidenheim führte kaum Rodungen größeren Stiles im Heidenheimer Raum durch.

Der Kreuthof, ein Burglehen der Edlen von Hohentrüdingen?

In der Frage nach den Rodungen um den Kreuthof muss wohl die weltliche Macht der Vögte wirksam gewesen sein. Nur diese konnten die Arbeitskraft ihrer eichstättischen Untertanen in Bewegung setzen, denn der Siedelhof des Klosters und seine freien Hofstätten waren ja bis nach der Reformation von weltlichen Dienstleistungen befreit (4). Als Vögte über den eichstättischen Meierhof Heidenheim und seine ihm unterstellten Hufen, Lehen und Hofstätten in Heidenheim erscheinen um 1150 die Edlen von Truhendingen (Hohentrüdingen). Sie werden es gewesen sein, die im Zuge ihrer Herrschaftsbildung auf eichstättischem Waldboden in Hohentrüdingen als Mittelpunkt ihrer Macht eine große Adelsburg errichteten.

Als Grundlage ihrer neuen, flächengreifenden Herrschaft diente die Vogtei, die Schutzherrschaft über die eichstättischen Wälder westlich der Rohrach, die der König Heinrich III. (1039-1056) dem Bischof Gebhard I. von Eichstätt, dem späteren Papst Viktor II. (1055-1057), schenkte. Der Gründung Hohentrüdingens mit Burg und Bauhof, der später zum Dorf wurde, ging ein großes Rodungsunternehmen voraus, das über den Kreuthof bis zur Rohrach herunterreichte. Zu diesem Aufbau einer Adelsherrschaft auf Eichstätter Waldboden bedurften die Edlen von Truhendingen ihrer niederadeligen Helfer, der Ministerialen, die auf der Burg zeitweise anwesend sein mussten und Wachdienste zu leisten hatten, damit die Burg nicht in fremde Hände fiel.

Was versteht man nun unter einem Burglehen? Der bekannte Burgenforscher Hans Martin Maurer schreibt darüber: "Burglehen konnten verschiedener Art sein: liegende Güter in der Umgebung der Burg, etwa Bauernhöfe, Naturalbezüge aus grundherrschaftlichem Besitz, Geldeinkünfte aus Zöllen und Steuern oder feste Rentenzahlungen aus herrschaftlichen Kassen" (5). Die Edlen von Truhendingen waren nicht ständig auf ihrer Burg in Hohentrüdingen anwesend. Sie verfügten über mehrere befestigte Stützpunkte dieser Art in Spielberg, in Altentrüdingen, in Gunzenhausen, aber auch im entfernten Oberfranken, in der Oberpfalz und anderswo. Ihre Burgen durften aber nicht unbewacht bleiben und so wurden die unfreien Dienstmannen gezwungen, auf den Burgen ihrer Herren längere Zeit Dienste zu leisten. Dafür bekamen sie in der Nähe der Burg liegende Dienstlehen, Burglehen genannt.

Dass dies auch bei der Adelsburg in Hohentrüdingen der Fall war, erfahren wir aus einer Urkunde vom 20. Oktober 1329. In dieser bekundet Graf Ludwig von Oettingen, der Junge, die Bestimmung derjenigen Teile und Güter zu der

Demnach gehörten unter anderem zur Burg:

Dass diese Burglehen von den Edlen von Truhendingen an ihre Dienstmannen ausgegeben wurden, wird besonders durch die Nennung von "Schönerlache, das Schaup der Hyrs innehatte" und "des Rodlers Burchlehen" offenbar (7).

An das Burglehen "Schönerlache" erinnert noch heute der Flurname Schönerloh, mundartlich "Scheierla", dem die Bedeutung innewohnt: "Loh (Weidewald) an der Schön". Loh, mundartlich Lou, das hier zu -la wurde, haftet an lichten Waldstücken, die vorwiegend der Brennholzgewinnung dienten. Die Stockausschläge der Laubbäume wurden hier seit alter Zeit in 10 - 15 Jahren immer wieder abgeholzt und mit der Hacke (Beil), dem dafür am besten geeigneten Werkzeug, zu Brennholz zerkleinert. Es handelt sich also bei diesem Burglehen Schönerloh (mundartlich Scheierla) um ein Lohholz, das an der Schön lag. Die "Schön", so bezeichnet man noch heute ein Flurstück in der nahen Gemarkung von Hechlingen, das wegen seines guten Bodens als "in der Schön" benannt wurde (8). Dieses Burglehen Schönerloh = Scheierla war noch 1329 im Besitz des Ritters "Schaup, der Hirsch". Das Rittergeschlecht der Schaupen oder Schuppen war im 13. und 14. Jahrhundert in Westheim ansässig und lebte in den "Hirschen von Westheim" fort (9).

Als weiteren Inhaber eines Burglehens in der Nähe der Adelsburg Hohentrüdingen sind die Rodeler genannt, ebenfalls in Truhendinger Diensten (10). Alle diese Burglehen sind sicherlich schon mit der Errichtung der Adelsburg Hohentrüdingen um 1200 und später ausgewiesen worden, treten aber erst im 14. Jahrhundert in den Urkunden in Erscheinung. Wir werden nicht fehlgehen, wenn wir sie als Folgeerscheinung der großen Waldrodungen der Edlen von Truhendingen um die Burg Hohentrüdingen im 12. Jahrhundert betrachten. Dieses Adelsgeschlecht wurde im 12. Jahrhundert anlässlich der Reform des Klosters Heidenheim mit der Vogtei über eichstättischen und klösterlichen Besitz um Heidenheim beauftragt und baute mit Hilfe dieser Vogtei auf ehemaligen Waldboden eine eigene Adelsherrschaft um die Burg Hohentrüdingen auf, wobei Heidenheim der wirtschaftliche und politische Schwerpunkt wurde, geschützt durch die Burg Hohentrüdingen. Diese Rodungen erfolgten alle westlich der Rohrach in dem einst von Kaiser Heinrich III. 1053 an den Bischof von Eichstätt und von diesem als Vogteilehen an die Edlen von Truhendingen gegebenen Waldgebiet (11).

Die Rohrach bildete die östliche Grenze dieses eingeforsteten Gebietes und auf diesem entstand die Adelsherrschaft Truhendingen mit der Burg und ihren in deren Außenfeldern entstandenen Burglehen. In den Heidenheimer Quellen erscheint dieser Bereich, der heute den südwestlichen Teil der Gemarkung dieses Ortes bildet und über die Rohrach hinüber greift, erstmals 1391 hinter Eggental als Gerewt = "das durch Rodung gewonnene Land" (12). Diese Flurbezeichnung blieb noch lange gebräuchlich. So z.B. im Jahre 1496:

Das Kloster, seit 1263 Eigentümer der Pfarrei St. Walburg (14), hatte also später auch Anteil an den Rodungen der Edlen von Truhendingen. Die eindrucksvollste Erinnerung an die Burglehen der Edlen von Truhendingen bewahrt noch heute die Flurbezeichnung "Burglehen" an der Gemarkungsgrenze zwischen Heidenheim und Hohentrüdingen. Da lesen wir 1535:

Der Kreuthof im Besitz des Ulrich von Geilsheim aus Gunzenhausen

Als Obereigentümer über den Kreuthof erscheint 1437 ein gewisser Ulrich von Geilsheim. Er verlehnte dem Hans Ottlein zu Heidenheim seinen Hof "genannt das Gereut bey Heidenheim gelegen" als Erblehen (15). Wer war dieser Ulrich von Geilsheim? Seine Ahnen - so dürfen wir vermuten- stammten wohl aus dem nahen Geilsheim. Sie müssen aber diesen Ort verlassen und freiwillig oder auf Befehl nach Gunzenhausen gezogen sein, denn in Geilsheim, in ihrer Heimat hätte man sie nicht Geilsheimer genannt. Dass sie einer gehobenen Standesklasse angehörten, darf aus ihrer wirtschaftlichen Aktivität in unserem heimatlichen Raum vermutet werden. Das "von Geilsheim" wurde von der Familie aufgegeben, wie das bei vielen ritterlichen Leuten geschah, die damals vom Land in die Stadt zogen. Von Ulrich von Geilsheim aus Gunzenhausen gilt als sicher, dass seine Ahnen in die von den Edlen von Truhendingen gegründeten Stadt Gunzenhausen zogen. 1463 wird in der Stadt Gunzenhausen das Haus eines Ulrich Geilsheimer genannt (16). Ulrich war also Gunzenhäuser Bürger. Dafür spricht auch sein Jahrtag in Gunzenhausen (17). Der Wald, der zum Kreuthof gehörte, wird auch im Salbuch des Klosters Heidenheim erwähnt:

Der Kreuthof selbst gehörte nicht zum Kloster Heidenheim. Nun müssen wir freilich die Frage stellen: Wie kommt der Gunzenhäuser Bürger Ulrich Geilsheimer in den Besitz des Kreuthofes bei Heidenheim? Hat er ihn durch Kauf erworben oder hat er ihn von seinen Ahnen als Burglehen der Burg zu Hohentrüdingen ererbt? Für den Kreuthof als Burglehen der Edlen von Truhendingen könnte die Tatsache sprechen, dass er an die Felder, Wiesen und Hölzer des Burglehens Schönerloh (Flurname Scheierla) stößt, das 1329 der Ritter Schaup der Hirsch von Westheim innehatte. Ein weiteres Burglehen unter der Bezeichnung Burglehen (mundartlich "Burglähla") grenzt gegen Heidenheim zu an die Grundstücke des Kreuthofes. Es wäre also denkbar, dass das Waldgebiet, auf dem heute der Kreuthof steht, auch ein Burglehen war, das im 12. Jahrhundert an die Ritter von Geilsheim für die Burgwacht auf Hohentrüdingen ausgegeben und von einem Vorfahren des in Gunzenhausen wohnenden Ulrich Geilsheimer ererbt wurde. Jedoch lässt sich kein Geilsheimer, die im Dienste der Edlen von Truhendingen standen, als Burgwart von Hohentrüdingen schriftlich nachweisen.

Mehr Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Bürger Ulrich von Geilsheim aus Gunzenhausen den Kreuthof von einem Vorbesitzer käuflich erworben hat. Es ist allgemein erkannt worden, dass niederadelige Familien, die in die Stadt zogen, und dort Bürger wurden, im 14. und 15. Jahrhundert ihr Geld in Landrenten anlegten, indem sie Grundstücke oder ganze Bauernhöfe kauften, diese bewirtschaften ließen und dafür Abgaben in Naturalien oder Geld erhielten. Es gehörte zu diesem Geschäft Mut und Unternehmungslust dazu. Der Bürger Ulrich von Geilsheim aus Gunzenhausen, dort kurz Ulrich Geilsheimer genannt, ist als Ankäufer von Bauernhöfen bekannt, denn er erwarb 1441 vom Markgrafen von Brandenburg-Ansbach einen Hof in Unterasbach (19). 1402 eigneten er oder sein Vater Ulrich vom Kloster Ellwangen sich Zehnten in Oberwurmbach an (20), vor 1469 den Bühlhof bei Westheim und Güter vom Kloster Ellwangen zu Laubenzedel (20). Freilich, ein "niederadeliger Territorialpolitiker" wie Burkard von Seckendorff (20a) war Ulrich von Geilsheim nicht, aber der Kauf von Höfen, Äckern und Wiesen brachte Einnahmen. So könnte auch der Kreuthof durch Kauf von Ulrich von Geilsheim erworben worden sein.

Weitere Ereignisse auf dem Kreuthof

Ulrich von Geilsheim verkaufte im Jahre 1469 seinen Kreuthof an einen gewissen Wilhelm Leinleuterer (21). Dieser war Vogt in der Stadt Gunzenhausen und Mitglied einer gehobenen Bürgerfamilie, vielleicht nach Ober- oder Unterleinleuter in der Fränkischen Schweiz benannt. Er behielt den Hof nicht lange, sondern verkaufte ihn im Jahre 1475 an den Kaplan der Kapelle zu Mariabrunn. Der Kaplan hieß damals Peter Hagen, der 1482 Abt des Klosters Heidenheim wurde. Von dieser Zeit an war der "Hof zu dem Gereut" Eigentum der Propstei Mariabrunn. Diese war 1469 mit einem Ablass ausgestattet, im Jahre 1472 von Papst Sixtus V. zur Propstei erhoben und im gleichen Jahr wieder mit einem Ablass bedacht worden (22). Es scheint, dass in dieser "Zeit der Frömmigkeit ohne Grenzen" die Wallfahrtsgelder in Mariabrunn reichlicher flossen und so der Kauf des Kreuthofes möglich war. Bis nach der Reformation blieb nun der Hof bei der Propstei, die zwar als Wallfahrtskirche und Propstei eingegangen war, deren ehemaliges Vermögen an Gütern aber gesondert vom Klosterverwalteramt Heidenheim verwaltet wurde.

Ein Besitzwechsel auf dem Kreuthof um 1550

1550 steht über den Kreuthof geschrieben:

Was ist diesen Zeilen zu entnehmen? Der Bauer Peter Fuchs saß vor 1550 auf dem Kreuthof. Sein Vater Hans Fuchs aus Hohentrüdingen hatte diesen Hof schon 1499 aus den Händen des Propstes von Mariabrunn erhalten (bestanden). Diesen Vorgang erfahren wir aus einem Eintrag im Bestandbuch des Klosters Heidenheim, der lautet:

Dieser Hans Fuchs von Hohentrüdingen wird auch 1497 im "Reichssteuerregister des Fürstentums Brandenburg Ansbach-Kulmbach "unterhalb Gebürgs" genannt (25). Sein Sohn dürfte Peter Fuchs zum Gereut gewesen sein. Dieser beschwerte sich schon 1536 zusammen mit dem Propst Peter Hörnlein gegen den Abt des Klosters und die Bürgerschaft des Marktes wegen des "Viehtriebs halben" beim Markgrafen (26). Damit die Höfe und Mühlen südlich Heidenheim nicht zuviel Vieh hielten, wurde die Zahl der Rinder für jeden Hof in diesem Raum festgelegt.

Peter Fuchs auf dem Kreuthof ist wohl im Jahre 1549/50 verstorben. Nun war "Ursula, weiland Peter Fuchsens seligen, verlassene Witfrau" allein auf dem Kreuthof. Sie musste ihn vor dem Obereigentümer, dem Propst Balthasar Rößner, wieder bestehen, denn der Kreuthof wurde ja 1475 von dem Gunzenhäuser Vogt Wilhelm Leinleuterer an die Propstei Mariabrunn verkauft (28). Es gehörte allgemein zum Rechtszustand jener Zeit, dass beim Abgang oder Tod des bisherigen Bewirtschafters (Peter Fuchs) der Grundherr (Propstei Mariabrunn) eine Besitzwechselabgabe erhob, Handlohn genannt. Kleinere Anwesen wie Sölden und Hofstätten waren davon befreit. Die Propstei forderte nun von der Ursula, des Peter Fuchsens seligen Witwe, 9 Gulden Handlohn. Der Witwe blieb wohl keine andere Wahl: entweder vom Hof abziehen oder die 9 Gulden bezahlen. Zu ihrem Glück wohnte ihr Vater Michel Täschner nicht weit ab (in Hohentrüdingen). Er kam ihr zu Hilfe, zahlte die 9 Gulden und sie durfte weiterhin auf dem Kreuthof als Lehen der Propstei Mariabrunn verbleiben. Aber alleine auf dem Kreuthof wirtschaften, in der Einsamkeit zwischen Heidenheim und Hohentrüdingen hausen, das wollte sie sicherlich nicht. Und so hielt sie Umschau nach einem neuen Mann. Verwandte oder Kuppler kamen ihr zu Rate. Junggesellen oder Witwer, deren gab es dazumal genug. Ob sie schön und stramm waren, das zählte weniger, Hauptsache war, sie konnten arbeiten. Der Kreuthof als größere Bauernstelle und die Witwe dazu bedeuteten zu jener Zeit eine anziehende Versorgungsstelle für einen Mann. Und so fand sich auch bald einer aus dem nahen Hohentrüdingen. Schon im Jahre 1551 erhielt der Kreuthof wieder einen neuen Bewirtschafter. Für die Propstei Mariabrunn bedeutete die Wiederverheiratung der Ursula Fuchs, geborene Täschner aus Hohentrüdingen, ein neues Geschäft. Darüber berichtet ein Eintrag in das Bestandbuch:

Die Propstei Mariabrunn hatte also in verhältnismäßig kurzer Zeit dreimal eine Besitzwechselabgabe einzunehmen, wenn auch die Gelder an den Markgrafen nach Ansbach, dem neuen Grundherrn, flossen. So fällt ein Blatt vom Baum nach dem andern in der langen Geschichte des Kreuthofes und trübt die menschlichen Gemüter. Doch das Leben auf dem Kreuthof ging weiter. Er sah viele Besitzer kommen und gehen. Freude und Leid zogen aus und ein, Tränen der Freude wechselten oft mit Tränen des Leids. Im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) musste der Kreuthof schreckliche Jahre überstehen. Der Klosterverwalter von Heidenheim hatte 1650, zwei Jahre nach dem Ende des Krieges, an den Markgrafen von Ansbach über den Zustand seiner Höfe im Hahnenkamm zu berichten. Von vielen lautete sein Eintrag in ein Register: "das Haus hinweg, die Scheune zerschlagen, das Haus steht nur noch auf drei Stützen, ...alles öd und eingefallen, ...an Gebäuden noch einiges sehr bußwürdig vorhanden".... So heißt es in demselben gleichen Ton von vielen Höfen. Vom Kreuthof steht 1650 geschrieben:

Die menschlichen Schicksale und Leiden, die sich hinter den kurzen Bemerkungen des Klosterverwalters verbergen, können nur erahnt werden. Doch 1682 lesen wir:

Das Leben auf dem Hof war wieder erwacht. 1732:

Die "ewige Kuh" vom Kreuthof

In einem Verzeichnis der Stiftungen an die Propstei Mariabrunn in den Jahren 1456-1462 steht geschrieben:

Was mag dieser Eintrag wohl bedeuten? Der Kreuthof wurde 1437 von Ulrich von Geilsheim als Obereigentümer an Hans Ottlein zur Bewirtschaftung ausgegeben. Dessen Sohn Utz (Ulrich) Ottlein fühlte sich 1462 wohl aus Sorge um sein Seelenheil verpflichtet, der nahen Wallfahrtskirche Mariabrunn eine Stiftung zukommen zu lassen, denn gute Werke im Diesseits bewirkten nach dem Glauben jener Zeit eine Anwartschaft im Himmel am Jüngsten Tag. Um der Beihilfe und Fürsprache der heiligen Maria sicher zu sein, stiftete Utz Ottlein eine "ewige Kuh", Diese wurde Eigentum der Marienkapelle in Mariabrunn, blieb aber im Stall des Kreutbauern stehen. Der konnte sowohl die Milch, als auch die Kälber nutzen. Dafür hatte er der Kirche zu Mariabrunn alljährlich am St. Michaelstag (29. September) 1 Pfund Wachs zu reichen. Solche Kühe bekam die Wallfahrtskirche Mariabrunn auch von anderen Leuten gestiftet. Die Kirche konnte alle diese Kühe nicht selbst unterhalten, darum blieben diese gestifteten Kühe im Stall des Stifters stehen oder wurden an Leute zur Nutzung vergeben, die dafür Wachs zu reichen hatten. Starben diese der Kirche gestifteten Kühe ab, so wurde in der Regel der Kuh das Fell abgezogen und verkauft. Für den Erlös musste der Nutzer wieder ein Kalb kaufen und halten, bis dieses wieder zu einer nutzbaren Kuh heranwuchs. Die einst von Utz Ottlein gestiftete Kuh, auch wenn diese verendete, blieb der Wallfahrtskirche Mariabrunn auf dem Kreuthof in Gestalt der neuen Kuh für immer erhalten und dafür die Abgabe von 1 Pfund Wachs. Man nannte solche Kühe allgemein "Immerkühe" oder "Ewige Kühe", auch "Eiserne Kühe". (32) In Hechlingen gehörten 3 Ewigkühe zur Pfarrei, denn es heißt in der Dorfordnung von 1681:

Die drei Ewigkühe der Pfarrei Hechlingen wurden einmal nicht dem Pfarrer persönlich, sondern dem Heiligen gestiftet, gehörten also zum Vermögen der Kirche. Der Pfarrer musste sie zurücklassen, wenn er an eine andere Stelle wechselte.

Die Kreuthofscholle

Aus dem grünen Rohrachgrund bei der Balsenmühle steigt eine Höhe zum Kreuthof und weiter bis zur Lindengruppe in der Hohentrüdinger Gemarkung empor, die die Geologen als "Kreuthofscholle" bezeichnen. Früher führte der unterste Bereich dieser Erdmasse den Namen Rohrbuck. Vom Namen her glaubten fantasiebegabte Leute sagen zu müssen, beim Rohrbuck standen anlässlich eines großen Manövers die Kanonen der schweren Artillerie mit ihren langen Rohren, deshalb sei der Rohrbuck so genannt worden. Ein lustiger Wirtshausbruder taufte dann am Stammtisch diesen Hügel in "Kanonenbuck" um. Doch der Rohrbuck wurde schon um 1400 so genannt und bedeutet "Buck an der Rohrach, Rohrachbuck oder kurz Rohrbuck". Er bildet den Anfang einer Gesteinsmasse, die in mehr oder minder losen Zusammenhang vom Kreuthof in der Heidenheimer Gemarkung nach Hohentrüdingen hinaufzieht. Die Geologen haben die Kreuthofscholle als ortsfremde Gesteinsmasse erkannt. Darüber wurde sogar eine Doktorarbeit geschrieben. Die Erdscholle besteht in ihrem mittleren Teil aus Kalkschichten, die aber, wie einst in einem alten Steinbruch, der heut als Bauschuttplatz dient, zu erkennen war, nicht waagrecht gelagert waren, sondern senkrecht "auf dem Kopf" standen. Weiter oben nach Hohentrüdingen zu, an der Wolfsgrube, waren die Kalkschichten stark zertrümmert, so dass sie zum Teil mit Hacke und Schaufel zur Straßenschotterung abgebaut werden konnten.

Dem Kundigen, der aufmerksam die Gesteinslagerung und Zertrümmerung der Kalkschichten vor Jahrzehnten noch beobachten konnte, wird klar: diese Kreuthofscholle ist ein Fremdling in dem sonst geregelten Schichtengebäude des Jura. Hier muss eine fremde Erdscholle gewaltigen Ausmaßes auf die heimische Landschaft nachträglich aufgesetzt worden sein. Wer aber konnte in Urzeiten solche Riesenmassen von bunt durcheinander gewirbelten und zertrümmerten Gesteinsmassen bewegen? Die Geologen haben schon seit über hundert Jahren sich mit dieser Frage beschäftigt und verschiedene Thesen entwickelt. Doch erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde durch die Wirkung von Atombombenversuchen auf das Gestein eine überzeugende Erklärung gefunden. Heute weiß man, dass vor etwa 15 Millionen Jahren in unserer Nachbarlandschaft, im Ries, ein Asteroid, ein Riesenstein aus dem Weltall, niedergegangen ist. Der bewegte sich blitzartig auf die Erde zu, schlug bei Nördlingen ein, wurde dabei auf ein Viertel seines Rauminhaltes zusammengepresst und explodierte. Dadurch wurde eine unvorstellbare Kraft von mehreren tausend gleichzeitig explodierenden Atombomben frei. Ein Krater von 25 Kilometern Durchmesser und 700 Meter Tiefe entstand und aus ihm im Laufe der Millionen Jahre die heutige Rieslandschaft. Die Wirkung war fürchterlich. Gewaltige Gesteinsmassen wurden aus dem Krater herausgeschleudert und zertrümmert. Ganze, einst zusammenhängende Schichten sind durch die Wucht dieser kosmischen Katastrophe aus dem Riesbecken auf sein Vorland heraus geschoben und zertrümmert worden. Eine solche Riesenscholle ist einst in der Tertiärzeit der Erdgeschichte auch in der Gegend des Kreuthofes in der heutigen Heidenheimer Gemarkung niedergegangen. Kein Mensch hat je dieses grässliche Ereignis beobachtet. Das Menschengeschlecht schlummerte noch im Schoße der Zukunft, so lange ist das schon her. Die Kreuthofscholle als Fremdling aus dem Ries hat sich im Laufe von Millionen Jahren an das Gelände angepasst. Niemand ahnt noch etwas von ihrer fremden Herkunft. Der Kreuthofbauer zieht heute den Pflug friedlich über seinen Ackerboden, der Weizen wiegt sich im Frühsommerwind und der Mais rauscht im Spätsommer der Ernte entgegen, so als ob nichts gewesen wäre. Nur die weißen, oft im braunen Feld herumliegenden Kalksteine, könnten diese schauerliche Geschichte des Asteroideneinschlags und die Entstehung der Kreuthofscholle erzählen.

Anmerkungen:

  1. StA. Nürnberg, Rep. 122, Nr. 53, fol. 89
  2. Odilo Engels, Die Vita Willibaldi und die Anfänge des Bistums Eichstätt, in: Der heilige Willibald Klosterbischof oder Bistumsgründer in: Eichstätter Studien, Neue Folge Bd. XXX, Regensburg 1990, S. 171-198
  3. Als mögliche weltliche Stifter und Schenker an das angelsächsische Kloster Heidenheim könnten in dieser Zeit des 8. Jahrhunderts in Frage kommen: Radolf und seine Frau Dietlind in Altentrüdingen, Westheim, Geilsheim und Hüssingen. Ebenso ein Dietmund in Ostheim. Man muss bedenken, dass die fuldaschen Stiftungen in diesen Orten an Heidenheim gekommen sein könnten. Wunibalds Reise nach Fulda könnte damit in Zusammenhang stehen. Doch hier kommt man über Spekulationen nicht hinaus.
  4. StA. Nürnberg, Rep. 122, Nr. 53, S. 84/85
  5. Hans-Martin Maurer, Der Hohenstaufen, Geschichte der Stammburg eines Kaiserhauses, Stuttgart 1977, S. 58
  6. Urkundenbuch des Landes ob der Enns Bd. 5, Wien 1868, S. 553
  7. A.a.O., S 553, "Alt-Gunzenhausen" Heft 51/1996, S. 37-39
  8. Friedrich Lutz, Hechlinger Heimatbuch, S. 352
  9. Willi Schorr, in 1500 Jahre Franken in Westheim, München 1996, Bd. I, S. 135
  10. "Alt-Gunzenhausen" Heft 51/1996, S. 37-39
  11. Heidingsfelder, Eichstätter Regesten, Nr. 196
  12. StA. Nürnberg, Rep. 165a, Nr. 697
  13. StA. Nürnberg, Rep. 165a, Nr. 709, S. 3
  14. Heidingsfelder, Eichstätter Regesten, Nr. 819, 820 u. 821

    14a. StA. Nürnberg, Rep 122, Nr. 59, S 86

  15. R. Schuh, Historisches Ortsnamenbuch von Bayern, Gunzenhausen, Nr.153, S. 162
  16. Alt-Gunzenhausen Heft 6, Nr. 61
  17. Zeitschrift für bayerische Kirchengeschichte 22. Jhg., 1953, Heft 1, S. 17
  18. StA. Nürnberg, Rep.122, Nr. 53 unter dem Verzeichnis der Hölzer des Klosters
  19. R. Schuh, Historisches Ortsnamenbuch von Bayern, Gunzenhausen, Nr. 11
  20. Wie Anmerkung 15, Nr. 11

    20a. Gerhard Rechter, Ein niederadeliger Territorialpolitiker im mittelalterlichen Franken: Burkard von Seckendorff- Jochsberg in: Tradition und Geschichte in Frankens Mitte, Festschrift für Günther Schuhmann, Ansbach 1990- 1991, S. 19-32

  21. Wie Anmerkung 15, Nr. 153
  22. R. Schuh, Historisches Ortsnamenbuch von Bayern, Gunzenhausen, Nr. 168
  23. StA. Nürnberg, Rep. 213, S. 462
  24. A.a.O., Rep. 213, Nr. 460, S. 91
  25. Gerhard Rechter, Das Reichssteuerregister von 1497 des Fürstentums Brandenburg-Ansbach-Kulmbach unterhalb des Gebürgs, 1.Teilband, S. 208
  26. StA. Nürnberg, Rep. 165a, Nr. 730, S. 126-130
  27. StA. Nürnberg, Rep. 165a, Nr. 730, S. 126-130
  28. Robert Schuh, Historisches Ortsnamenbuch von Bayern, Gunzenhausen, Nr. 153
  29. StA. Nürnberg, Rep. 213, Nr. 462, S. 169
  30. StA. Nürnberg, Rep. 120 II, Nr. 36, S. 65 unter Kreuthof
  31. StA. Nürnberg, Rep. 165a, Nr. 729, S. 12
  32. Matthias Simon, Das Schenkungsbuch von St. Johannis in Ansbach aus dem Jahre 1351, Nürnberg 1962, S. 67/68., 33
  33. Friedrich Lutz, Heimatbuch Hechlingen, 1999, S. 505