Wer vor fünfzig und mehr Jahren, als die Welt noch groß und weit und unsere Heimat voller Geheimnisse und Wunder war, durch die damals oft noch schmutzigen Straßen der Hahnenkammorte wanderte und seinen Blick auf die Gebäude richtete, die in alter Zeit nicht so fein herausgeputzt und so farbenfroh verklärt waren wie heutzutage, der gewahrte in der Nähe der Kirche, manchmal auch etwas entfernt von ihr, einen großen Bauernhof.
Fragte der Fremde einen Einheimischen, wem dieser Hof gehöre, so erhielt er nicht selten zur Antwort: das ist der Moar (Meier). Der Befragte nannte nicht etwa den Familiennamen der Hofbesitzer wie Sauber, Stöhr, Rosenbauer, Brunnacker, Oberhauser, Tröster oder ähnliche, sondern den Hofnamen Moar = Meier. Bisweilen erfolgte die Beantwortung der Frage sogar mit dem Ausdruck einer gewissen Hochachtung und Wertschätzung. Dies zeugt doch davon, dass einst mit dem Meierhof eine besondere Würde verbunden war, die wohl aus alten Zeiten stammte.
Welche Bewandtnis hatte es nun mit dem Meierhof im Dorf? Die Sprachforscher haben herausgefunden, dass der Name Meier auf das lateinische Wort maior zurückgeht, das "größer" bedeutet. Eng verwandt damit ist unsere militärische Dienstgradbezeichnung Major. Wie bei den Soldaten dem Rang nach der Major als der "höhere" Offizier über dem Hauptmann und Leutnant und allen untergeordneten Mannschaften steht, so erhob sich einst der Meierhof aufgrund der größeren Zahl seiner Äcker und Wiesen über die anderen Bauernhöfe. Ja noch mehr, der Meierhof war nicht nur wegen seiner Größe höher gestellt, er hatte auch eine besondere Funktion inne.
Im frühen und hohen Mittelalter oblag dem Meierhof die Beaufsichtigung der ihm unterstellten kleineren Höfe, der Hufen (Vollbauernhof), der Lehen (Halbbauernhof) der Selden und landlosen Hofstätten. Der Meier war also vor Jahrhunderten so eine Art Oberbauer, der anderen, ihm untergeordneten Bauern und "kleinen Leuten" im Dorf zu gebieten hatte. Es herrschte nicht Gleichberechtigung aller bäuerlichen Betriebe im Ort wie heutzutage, sondern sie waren insgesamt eingebunden in eine gewisse Rangordnung, die der adelige Grundherr als Obereigentümer an Grund und Boden festlegte.
Dabei haben wir zu bedenken, dass im frühen und hohen Mittelalter alle landwirtschaftlichen Betriebe eines Grundherren, vom wohl situierten Meierhof, über Hufen, Lehen, Selden und Hofstätten herunter in einem Wirtschaftsverband zusammengeschlossen waren, der einem Adeligen gehörte, dem das Obereigentum über Grund und Boden zustand und der Herrschaft über die unfreien bäuerlichen Menschen ausübte. Fronhofsverband nennt man heute in der Fachsprache so einen Zusammenschluss von größeren und kleineren landwirtschaftlichen Anwesen im Mittelalter nach dem mittelhochdeutschen Wort vron, das die Bedeutung hat "was den Herren betrifft, was dem Herrn gehört".
Damit wird schon das Wesen eines Fronhofsverbandes ausgedrückt: er ist auf den Herrn hin ausgerichtet, hat dem Herrn zu dienen. Dieser Herr kann weltlicher Herkunft sein: ein König, ein Herzog, ein Graf, ein Ritter. Einen Fronhofsverband kann aber auch ein Bischof, ein Kloster, ein Orden oder eine Kirche eingerichtet haben. Je nach dem Eigentümer spricht man in der Forschung von einer weltlichen oder geistlichen Grundherrschaft. Was wir nach unserem heutigen Rechtsempfinden nicht mehr gut verstehen können, ist das geteilte Eigentum am Fronhofsverband. Der Grundherr gibt seinen Besitz zur Bewirtschaftung an unfreie Leute aus, richtet einen Meierhof zur Aufsicht über die Höfe ein und bezieht dafür Abgaben in Naturalien und Geld, um ein standesgemäßes Leben als Adeliger führen zu können. Er besitzt das Obereigentum am Fronhofsverband. Meier, Hübner, Lehner, sind unfreier Herkunft und durften ursprünglich gar kein Eigentum an Grund und Boden besitzen. Sie erwarben sich aber durch ihrer Hände Arbeit ein Erbrecht an den Höfen. Der adelige Grundherr konnte sie nun von ihrem Anwesen nicht mehr vertreiben. So ist beiden gedient: der Grundherr leiht den Boden hin, bezieht Abgaben und festigt damit seine Adelsherrschaft, der Bauer übernimmt die schwere Aufgabe der Bodenbearbeitung, erwirtschaftet dem Herrn die Abgaben und sichert so das Dasein seiner Familie. Der Meier überwacht die ordentliche Funktion dieser Lebensgrundlage für beide.
Wenn von einem Meierhof in Heidenheim die Rede ist und die Frage nach seiner Entstehung gestellt wird, so denkt man zunächst einmal an das hiesige ehemalige Kloster, das zur Bewirtschaftung und Verwaltung seines Fronhofverbandes in dem Hahnenkammort diesen Meierhof eingerichtet haben könnte. Forscht man jedoch in alten Schriften nach, so stellt sich heraus, dass der Heidenheimer Meierhof im Laufe des Mittelalters mit dem Kloster fast nichts zu tun hatte. Lediglich ab dem Jahre 1350 bezog das Kloster aus dem Hof alljährlich 2 Malter Roggen, die ihm Ulrich von Rechenberg im Tausch gegen den Haselacker vermachte (1).
Wohl war auch dem Kloster Heidenheim das Meierhofwesen wie vielen geistlichen Grundherrschaften sehr vertraut. Es hatte zur Verwaltung seiner auswärtigen Besitzungen Fronhofsverbände mit einem führenden Meierhof in folgenden Orten eingerichtet: Drei große Meierhöfe in Hüssingen, Hechlingen und Geilsheim, sechs kleinere in Ostheim, Obermögersheim, Dittenheim, Meinheim, Kattenhochstatt und Otting (im Landkreis Donauwörth).
Den Meiern oblag ursprünglich die Verpflichtung, die alljährlich erwirtschafteten Abgaben von den Höfen einzusammeln und sie beim Kloster abzuliefern. Die Meier waren auch gehalten, an den regelmäßig wiederkehrenden Zins- und Gülttagen im Kloster zu erscheinen, ihre schuldigen Erträge abzuliefern und Weisungen des Abtes entgegenzunehmen. In der Hand der Meier ruhte das wirtschaftliche Wohlergehen der geistlichen Grundherrschaft des Klosters Heidenheim. Von einer Mitwirkung und Verpflichtung des hiesigen Heidenheimer Meierhofes an der Versorgung von Mönchen und Laien im Kloster ist allerdings nichts zu vernehmen.
Während die drei großen und die sechs kleinen auswärts gelegenen Meierhöfe das Kloster zu versorgen hatten, stand der Heidenheimer Meierhof bei diesem Geschehen völlig im Abseits. Wie war dies möglich?
Der Meierhof zu Heidenheim gehörte nicht zur Grundherrschaft des Klosters; er unterstand dem Bischof von Eichstätt als Grundherrn. In Heidenheim verfügten zwei geistliche Grundherrschaften als Obereigentümer über den gesamten Grund und Boden: der Abt des Klosters und der Bischof von Eichstätt. Der Abt besaß den großen Bauhof, der im so genannten Siedelhof zwischen der heutigen Ringstraße und der Stelzengasse lag und zu dem etwa 500 Joch Ackerland gehörten. Er ist heute verschwunden. Nur der Hofname Klostermühle erinnert noch an die Mühle, die zum Bauhof gehörte.
Der Bischof von Eichstätt dagegen konnte einen ganzen Fronhofsverband sein Eigen nennen, der aus einem Meierhof (heute Raiffeisenbank), mehreren Vollhöfen (Hufen), Lehen (Halbhöfen) und zugehörigen Hofstätten bestand.
Diese Zweiteilung der Grundherrschaft in Heidenheim muss schon sehr früh erfolgt sein. Franz Heidingsfelder, der bekannte Historiker und Bearbeiter der Urkunden der Bischöfe von Eichstätt, fand dafür eine überzeugende Meinung: das Kloster Heidenheim, eine Gründung der angelsächsischen Mönche Willibald und Wunibald, sei anfänglich noch viel reicher mit Grund und Boden ausgestattet gewesen. Bischof Gerhoh, der Nachfolger des ersten Eichstätter Bischofs Willibald, ein mächtiger Mann, der in den Kreis der Vertrauensleute Karls des Großen eingebunden war, habe anlässlich der ersten Säkularisation des Klosters um 790, also bei der Umwandlung des Klosters Heidenheim in ein Stift von Säkularkanonikern (Weltgeistlichen) dessen ursprünglich größere Ausstattung beschnitten und einen Teil des ehemals klösterlichen Bodens in Heidenheim zur wirtschaftlichen Stärkung seiner Bischofskirche in Eichstätt verwendet. Der Besitz der Eichstätter Kirche in Heidenheim und Umgebung, den wir im ältesten Salbuch des Hochstifts Eichstätt verzeichnet finden, stamme noch aus dieser frühen Zeit (2).
Folgen wir der These Heidingsfelders, finden wir einen ungefähren Zeitpunkt für die Entstehung des Meierhofes und seines Fronhofsverbandes in Heidenheim und eine Antwort auf die Frage, wer ihn gegründet hat: nicht das Kloster, sondern der Bischof von Eichstätt. Spätestens seit dem 9. Jahrhundert muss in Heidenheim nun ein Nebeneinander von ehemals klösterlichem (nunmehr Stiftsgut) und bischöflich-eichstättischen Grund und Boden bestanden haben. Diese Nachbarschaft von einerseits klösterlichem und andererseits bischöflichem Bereich in Heidenheim lässt sich in den Quellen des 14. und 15. Jahrhunderts noch verfolgen.
Der Grund und Boden in Heidenheim wurde damals auch auf verschiedene Weise bewirtschaftet. Der Abt des Klosters war in Heidenheim ansässig. Er richtete sich zur intensiven Nutzung seines Besitzes schon von Anfang an um die Klosterkirche oder in deren unmittelbaren Nähe einen Großhof ein, keinen Meierhof wie bei seinen auswärtigen Besitzungen, sondern eine Art Gutshof, einen Bauhof, wie er in alten Schriften genannt wird, den er durch Knechte, Mägde und Taglöhner unter Aufsicht eines gedungenen Baumeisters bewirtschaften ließ. Alles, was auf diesem Bauhof erzeugt wurde, floss unmittelbar in das Kloster, das alle Arbeitskräfte davon wieder entlohnen musste. Eigenbauwirtschaft nennt man in der Fachsprache so eine Art von Gutswirtschaft. Darum erfahren wir auch nichts von einem klösterlichen Meierhof in Heidenheim, sondern nur etwas von einem Bauhof. Eine derartige Organisation seines Besitzes betrachtete der Abt als rentabelste Wirtschaftsweise. Er hatte zu jederzeit seine Leute zur Dienstleistung im Kloster zur Verfügung.
Schwieriger hatte es der Bischof von Eichstätt, seinen ihm um 790 zugefallenen Grund und Boden in Heidenheim zu nutzen. Er war weit entfernt und er konnte nicht jeden Tag Arbeitskräfte von Eichstätt nach Heidenheim schicken. Deshalb folgte er wie viele geistliche und weltliche Grundherrn jener Zeit, die einen weit entfernten Besitz zu nutzen hatten, dem Vorbild der königlichen Güterverwaltung, die das weit über das gesamte Reichsgebiet verteilte Königsgut so zu organisieren hatte, dass es den wandernden königlichen Hof und sein Gefolge mit Nahrung versorgen konnte. Der Bischof von Eichstätt verzichtete daher auf den Bezug aller auf seinem Grund und Boden in Heidenheim erwirtschafteten Erträgnisse, gab seine Liegenschafen im Ort an selbständig wirtschaftende Bauern aus und begnügte sich mit festgesetzten jährlichen Abgaben seiner Grundholden in Naturalien und Geld. Er ließ südlich der Klosterkirche zwischen dem Bach (heute verrohrt) und dem Krächelberg (Krankenhausstraße) einen mäßiggroßen Haupthof, Meierhof genannt, errichten und ordnete ihm dienende Nebenhöfe zu, deren Grund und Boden so bemessen wurde, dass er von der Arbeitskraft einer bäuerlichen Familie bewirtschaftet werden konnte. Huben oder Hufen wurden diese dem Meierhof verbundenen Vollbauernhöfe genannt. Später folgte bisweilen eine Teilung in halbe- oder Viertelshufen, meist Lehen genannt. Meierhof, Hufen, Lehen und Hofstätten zusammen bildeten einen grundherrlich nach Eichstätt gehörigen Wirtschaftsverband in Heidenheim.
Damit eine möglichst beständige Erwirtschaftung sowohl der dem Bischof zu leistenden Abgaben erfolgen konnte, wies der Bischof als Obereigentümer vor allem dem Meier, aber auch den Hufeninhabern und Lehnern unbehauste und behauste Leute zu. Die Unbehausten, meist ledige Knechte und Mägde, halfen dem Meierhof und den Hufen das Vieh zu betreuen und das Feld zu bearbeiten. Die behausten Leute des Wirtschaftsverbandes waren meist verheiratet und wohnten in kleinen Häusern, Selden oder Hofstätten genannt. Da sie nicht spannfähig waren, kein oder wenig Land besaßen, auch über keinen Pflug und teuren Wagen und über keine Zugtiere verfügten, musste das Stückchen Acker, das ihnen bisweilen zur Nutzung zugeteilt war, vom Meierhof oder von den Hufen mitbebaut werden. Meierhof, Hufen, Lehen, Selden und Hofstätten bildeten zusammen einen eichstättischen Wirtschafts- oder Fronhofs-verband, in den lateinischen Quellen meist "curia villicalis" genannt. Er nahm den gesamten südlichen Bereich Heidenheims ein. Aus ihm ist der heute südliche Teil des Marktes Heidenheim erwachsen.
Der Ort Heidenheim ist also aus zwei geistlichen Grundherrschaften entstanden, die unterschiedlich den Boden bewirtschafteten: nördlich der heutigen Klosterkirche aus dem gutshofartigen Bauhof des Klosters und südlich davon aus dem Fronhofsverband der Eichstätter Bischofskirche mit dem Meierhof an der Spitze. Diese Struktur des Marktes Heidenheim hat bis in das 17. Jahrhundert bestanden, als das Kloster längst verschwunden war. Sie lässt sich noch heute aus dem Kern des Ortsplanes herauslesen.
Der bischöflich-eichstättische Meierhof zu Heidenheim mit seinen zugeordneten Hufen, Lehen und Hofstätten erscheint verhältnismäßig spät in der schriftlichen Überlieferung, was freilich kein Grund dafür sein darf, sein Dasein vom 9. bis zum 13. Jahrhundert zu leugnen. Im Eichstätter Salbuch um 1300 werden erstmals nähere Einzelheiten über diesen bischöflichen Güterkomplex in Heidenheim bekannt. Demnach stand auch hier an der Spitze des Besitzes der Eichstätter Kirche ein führender Meierhof (an der Stelle der Raiffeisenbank), dem mehrere dienstbare Nebenhöfe, die Hufen, Lehen, Hofstätten und 2 Mühlen zugeordnet waren.
Die Lage am Bach, der heute weitgehend verrohrt ist, erwies sich als günstig zur Viehtränke und zum Betreiben der Mühlen (Hochrädlein- und Gallenmühle). Der Meierhof selbst wird als "curia villicalis" erwähnt (3). Wir erfahren die Namen von Leuten, die um 1300 auf seinen untergeordneten Gütern saßen und Abgaben an die Bischofskirche von Eichstätt zu erbringen hatten. Es handelt sich ausschließlich um Geldabgaben. Da ist die Rede von einem Hof, den ein gewisser Spech oder Specht bebaut, von einem Lehen des Teleonator (Zöllner?), von einer Hube des Hammerlin oder Herrlin?, von zwei Lehen des Zoblin, von einem Lehen des Ouenhuser (Offenhäuser?), des Wagner, des Werlin, des Puggelin (Buckelein?), von einer Hufe des Ketzlin.
Alle diese Vollbauernhöfe standen im Verband des eichstättischen Fronhofes. Auch die Namen der Leute, die als Kleinbauern auf den Selden oder Hofstätten saßen und als Tagwerker auf dem Meierhof zu dienen hatten, werden aufgezählt. Da wird ein junger Faber (ein Schmied?), ein Replin (Rebelein?) ein Ahuser (Auhausener?), ein Merzner, ein Swäblin (ein Schwabe?), ein Bochner (Bogener Bogenmacher?), ein Wagner, ein Pader (Bader) und ein Stähelin genannt.
Zu einem derartigen Fronhofsverband als grundherrlich-eichstättischen Wirtschaftsbetrieb gehörten auch zwei Mühlen im Markt. Genannt wird die Mühle eines Thainlinger, die spätere Gallenmühle, und die verschwundene superiorem molendino, die obere Mühle, worunter wohl die spätere Hochrädleinsmühle zu verstehen ist, die in der heutigen Hechlinger Straße gegenüber der Raiffeisenbank am Bach lag, der jetzt weitgehend verroht ist. (4).
Nicht alle Namen sind zu entziffern, doch erlauben die Einträge anzunehmen, dass schon im hohen Mittelalter im Süden des heutigen Ortes Heidenheim ein großer und alter Fronhofsverband existierte, der nicht dem Kloster, sondern dem Bischof von Eichstätt gehörte. Überblicken wir die Namen der Besitzer der Hofstätten, so fallen außer den Herkunftsnamen (Auhauser, Offenhäuser, Schwäblein) vor allem Berufsbezeichnungen wie Faber (Schmied), Bogner (Bogenmacher?), Wagner, Bader und Stähelin besonders auf. Da Berufsbezeichnungen um diese Zeit erblich und oft zu Familiennamen wurden, wäre es denkbar, dass auf einigen zum Meierhof gehörigen Hofstätten Leute saßen, die außer ihrer Tätigkeit als Taglöhner in der Landwirtschaft auch ein Handwerk ausübten.
Diese alten Fronhofsverbände der Grundherrschaften waren im frühen und noch im hohen Mittelalter zum großen Teil Selbstversorger. Sie bezogen nur "Luxusgüter" wie z.B. Schmuck und kostbare Gewürze (Safran), auch Salz aus der Ferne. Güter für den täglichen Gebrauch wurden meist im engen Bereich des Meierhofes selbst gefertigt. Unentbehrlich für einen bäuerlichen Betrieb jener Zeit waren Schmiede und Wagner. Eisen war allerdings knapp und sehr teuer. Viele Geräte wurden aus Holz hergestellt. Vielleicht dürfen wir in dem genannten Faber einen Schmied, in dem Stählin einen Nadler sehen. 1535 wird in Heidenheim ein Nadler genannt. Nachdem auch Heidenheim als ein alter Marktort erwiesen ist, darf man vermuten, dass um 1300 schon Handwerker ansässig waren, die nebenbei als Taglöhner arbeiteten.
Der Bischof von Eichstätt verlangte von seinen auf eichstättischen Grund und Boden in Heidenheim und Umgebung eingewurzelten Leuten nicht nur Abgaben zur Stärkung seiner Herrschaft, er gewährte ihnen in dieser frühen Zeit auch als Grundherr einen gewissen Schutz. Bei der Durchführung dieses Schutzes lag es nahe, im 10. Jahrhundert, in einer Zeit der vermehrten Ungarneinfälle, an den Ausbau der vorzeitlichen Befestigungen auf der Gelben Bürg (Gelber Berg zwischen Heidenheim und Dittenheim) zu denken.
Schon Wunibald hatte wohl im 8. Jahrhundert seine Klostergründung zu Heidenheim an die Gelbe Bürg angelehnt und sie der schirmenden Wirkung dieses seit vorgeschichtlicher Zeit befestigten Berges anvertraut. In dessen Umland war schon im 7. Jahrhundert eine fränkische Adelsippe eingewurzelt. Davon können die Ortsnamen Zeugnis geben. Um ein Altheim oder Altoheim (heute Kurzenaltheim) unmittelbar unterhalb der Gelben Bürg scharen sich Ortsnamen auf -heim, alle mit einem Personennamen verbunden, die auf den Buchstaben "O" enden, was auf eine Verwandtschaft der Namensträger schließen lässt:
Heido in Heidenheim, Meino oder Megino in Meinheim, Dito in Dittenheim, Sambo in Sammenheim. Dazu passt noch der Name Gebo in Gebenbürg, wie um 1400 die Gelbe Bürg genannt wurde (5). Wunibald folgte im 8. Jahrhundert bei seiner Klostergründung um 752 dem Vorbild seines großen Meisters, Lehrers und Blutsverwandten Bonifatius, der im hessisch-thüringischen Missionsfeld bei der Errichtung seiner angelsächsischen Missions-Stützpunkte das schützende Umfeld von befestigten fränkischen Adelshöfen oder alten Gauburgen aufsuchte (6).
Dieser sichernden Wirkung der Gelben Bürg wurde sich wohl der Bischof von Eichstätt im 10. Jahrhundert wieder bewusst, der ja in diesem Raum in Heidenheim, Wolfsbronn, Dittenheim und Meinheim und auch in Hechlingen, Ursheim und Appenberg, Prunnon (abgegangen zwischen Hechlingen und Degersheim) und auch in Döckingen über Grundeigentum verfügte (7), das es zu schirmen galt. Diese These könnte auch durch Beobachtungen bestätigt werden, die anlässlich der letzten Grabung im unteren Südwall der Gelben Bürg im Jahre 1968 gemacht wurden (8).
Der Grabungsbefund ergab, dass dort die alten, aus alemannischer Zeit stammenden Mauern im 10. Jahrhundert erneuert wurden und den so genannten "Ungarnwällen" zugeordnet werden müssen. Diese Deutung kann Beifall finden, denn der bedeutendste Grundherr in dieser Gegend war im 9. und 10. Jahrhundert der Bischof von Eichstätt. Dieser hatte für den Schutz seiner Grundholden und seines bischöflichen Eigenklosters (Stift) Heidenheim Sorge zu tragen. Er konnte dies ohne Risiko dem König gegenüber tun und die alten Befestigungen auf der Gelben Bürg verstärken, denn der König hatte schon 908 dem Eichstätter Bischof Erchanbald erlaubt, in seinem Bistum" munitiones contra paganorum" = Befestigungen gegen die Einfälle der Heiden (gemeint sind wohl die Ungarn) anzulegen (9).
Im 11. und 12. Jahrhundert setzte der Bischof von Eichstätt zur Sicherung seiner Grundherrschaft in dem Raum Heidenheim eigene Ministerialen ein. So wird 1180 in einer Urkunde des Bischofs Egelolf (1171-1182) sein Dienstmann Chono de Woluesprunn (Wolfsbrunn) genannt. Seine Burg stand wohl auf jener Höhe gegen den Dürren Berg, die heute verfallen, aber noch den Namen Burgstall führt:
Ein Halsgraben und verstürzte Mauerreste zeugen dort noch von einer wohl hochmittelalterlichen Wehranlage.
Zum Schutz seines großen Fronhofsverbandes in Heidenheim hatte der Bischof in dem Ort selbst ein eigenes Ministerialengeschlecht beauftragt, das sich nach seinem Dienstsitz "von Heidenheim" benannte. Wir wissen allerdings nicht viel über diese Familie. Immerhin wird schon 1163 in einer Urkunde des Bischofs Konrad von Eichstätt ein Radbodo von Heidenheim genannt (11). 1212 erscheint in einer Urkunde ein Manegoldus von Heidenheim, nach dem wohl die Mangoldsmühle (heute Gallenmühle) von Heidenheim benannt sein könnte (12). Nachfahren der Familie von Heidenheim erscheinen auch noch im 13. Jahrhundert in Nürnberg und Würzburg (13).
Der Bischof von Eichstätt sorgte schon früh dafür, dass sein grundherrlicher Hofverband mit dem Meierhof an der Spitze auch in einer eigenen Pfarrei kirchlich betreut wurde, damit er die Seelen seiner Grundholden lenken konnte. Nicht das Stift von Säkularkanonikern oder das im 12. Jahrhundert reformierte Benediktinerkloster St. Wunibald kümmerte sich um das geistliche Wohl der eichstättischen Hintersassen in Heidenheim, sondern eine eigene bischöfliche Pfarrei mit der Pfarrkirche St. Walburgis.
Sie stand einst erhöht als befestigte eichstättische Eigenkirche über dem Meierhofbereich auf dem Krächelberg im jetzigen alten Friedhof. 1551 brannte sie zusammen mit mehreren Häusern ab und wurde nicht wieder aufgebaut, weil die durch die Aufhebung des Mönchslebens in Heidenheim nunmehr leer stehende Klosterkirche dem Gottesdienst der evangelisch gewordenen Gemeinde zu dienen hatte. Jahrhunderte lang war die alte St. Walburgiskirche hoch auf dem Krächelberg kultischer Mittelpunkt für die Grundholden des Bischofs von Eichstätt gewesen. Damit existierte in Heidenheim im frühen und hohen Mittelalter eine eigene geistliche Welt neben dem Kloster. Doch im Jahre 1263 tauschte der Bischof seine Eigenpfarrei in Heidenheim mit dem Kloster gegen das Patronatsrecht über die zwei Pfarrkirchen St. Peter und St. Walburg in Stetten. Die einst bischöflich-eichstättische Eigenkirche St. Walburg auf dem Krächelberg trat 1263 unter die Herrschaft des Klosters (14).
Seit dem ausgehenden 11. Jahrhundert bahnte sich im süddeutschen Raum als Folge des Investiturstreites ein großer wirtschaftlicher, politischer und gesellschaftlicher Wandel an. Viele Adelsgeschlechter hatten gegen den deutschen König revoltiert, erwachten zu ihrem Selbstbewusstsein und entwickelten nun eigene neue Herrschaftsformen von erheblicher Stärke, indem sie aufgrund der Vogtei, der weltlichen Schutzherrschaft über Kirchengut, ihre Macht um feste Burgen konzentrierten und sie mit Hilfe der aus den Unterschichten aufsteigenden Dienstmannen verwalten ließen.
Die Vogtei, eine alte Rechtseinrichtung zum Schutze des Kirchengutes, die an edelfreie Herren verliehen wurde, entfaltete im 12. Jahrhundert eine starke herrschaftsbildende Kraft, weil sie mit der Hochgerichtsbarkeit über Leben und Tod verbunden war. Dieser gesellschaftliche Wandel ging auch an dem bischöflichen Meierhof und seinen angeschlossenen Hufen und Hofstätten nicht spurlos vorüber. Zunächst vermochte sich die Grundherrschaft des Bischofs von Eichstätt im Hahnenkamm Mitte des 11. Jahrhunderts enorm zu erweitern.
Kaiser Heinrich III. (1039 - 1056), ein fein gebildeter, ganz der Kirche verbundener Herrscher, schenkte im Jahre 1053 dem Bischof Gebhard I. von Eichstätt, dem späteren Papst Viktor II (1055 - 1057) einen großen Forst beiderseits der mittleren Wörnitz (15). Unter einem Forst verstand man dazumal freilich kein geschlossenes Waldgebiet wie heutzutage, sondern einen grob umgrenzten Raum, in dem schon ältere Siedlungen mit ihren Feldern und privaten Nutzungsrechten eingestreut sein konnten, in dem aber auch noch große zusammenhängende Waldungen das Land bedeckten, die sich das Königtum zur Jagd und Holznutzung vorbehalten hatte.
In diesem von König Heinrich III. an Bischof Gebhard I. von Eichstätt geschenkten Bereich dehnten sich dazumal vom nördlichen Riesrand bis zum Hesselbergvorland geschlossene Wälder, heute Oettinger Forst genannt. Ebenso waren die Höhen des westlichen Hahnenkamms von Spielberg über die Hohentrüdinger Höhe bis zum Ries hin mit zusammenhängenden Waldbeständen in die Schenkung einbezogen. Die Grundherrschaft des Bischofs von Eichstätt erfuhr dadurch eine große Erweiterung im Hahnenkamm. Doch diese Forstschenkung vom Jahre 1053 verlangte auch ihren Preis. Der Bischof konnte sich nicht lange seines Waldreichtums im Hahnenkamm erfreuen. Er hatte wie alle geistlichen Fürsten jener Zeit dem deutschen König Reichsdienste zu leisten, ihm auch Streitkräfte zur Verfügung zu stellen und gepanzerte Ritter zu seinen Heerfahrten nach Italien heranzuführen. Die Ausstattung dieser Ritter kostete sehr viel Geld. Ein Schlachtross, das nur im Kampf, nicht auf dem Marsch eingesetzt wurde, hatte den Wert von 45 Kühen oder 15 Ackerpferden (16). Hinzu kam noch die teuere Ausrüstung und Verpflegung der Ritter und Knappen, die von diesen selbst beschafft werden musste. Der Bischof konnte diese Leistungen für den König nur aufbringen, wenn er Rechte oder Güter des Bistums als Lehen an seine edelfreien Vasallen und an Ritter ausgab.
Im Zuge dieser neuen geschichtlichen Entwicklung musste der Bischof von Eichstätt die Schutzherrschaft (Vogtei) über die vom König geschenkten Wälder am westlichen Hahnenkamm an die Edelfreien von Gnotzheim-Spielberg (17), an die Ritter von Rechenberg, an die Edlen von Truhendingen (erst Altentrüdingen, dann Hohentrüdingen) ausgeben. Westlich und östlich der Wörnitz gelangten große Waldungen auch an die Grafen von Oettingen. Diese Vergabe der Vogtei über bischöflichen Grund und Boden am westlichen Hahnenkamm hatte schwerwiegende Folgen. Die beiden Edelfamilien Oettingen und Truhendingen versuchten im 12. Jahrhundert auf kirchlich-eichstättischen Boden eigene Adelsherrschaften mit Hilfe der Vogtei flächengreifend aufzubauen und wurden nun eine starke Konkurrenz zur Stellung des Bischofs von Eichstätt selbst, denn die Lehennahme bedeutete keine Standesminderung für die Edelfreien und Grafen.
Das bischöfliche Eigenkloster Heidenheim (Stift bis in die Mitte des 12. Jahrhunderts) wurde nun als verbliebener Stützpunkt des Bischofs durch die um sich greifenden Herrschaftsbildungen der hochedlen Familien von Oettingen im Bunde mit den Grafen von Hirschberg und den Edlen von Auhausen selbst zum begehrten Objekt für ihren eigenen Machtbereich (18). Bischof Gebhard II. von Eichstätt (1125-1146), selbst ein Angehöriger des Hirschberger Grafenhauses, war deshalb gewillt, das ihm gehörige, aber stark gefährdete Stift Heidenheim als sein Besitztum zu behalten und in ein Reformkloster zu verwandeln. Nicht mehr aus einflussreichen adeligen Familien stammende Weltgeistliche (Kanoniker) sollten das Kloster Heidenheim beherrschen, sondern Mönche, die streng nach den Vorschriften der Hirsauer Bewegung lebten. Das Stift sollte wieder in ein Kloster verwandelt und den Begierden umliegender Adelsfamilien entzogen werden. Der Streit um die Reform des Klosters Heidenheim dauerte viele Jahre und lenkte das Interesse des deutschen Königs und des Papstes auf sich (19).
Wirre Zeiten mussten die Menschen im Ort Heidenheim durchstehen, erfüllt von gegenseitigen Anfeindungen. Bischof Gebhard rief den Edlen Adelbert von Truhendingen zu Hilfe, der mit militärischer Macht den Reformmönchen in Heidenheim zum Durchbruch verhalf und dafür das Lob des Papstes erntete. Bischof Gebhard II. musste den Truhendinger wohl dafür belohnen und verlieh ihm die Vogtei, die weltliche Schutzherrschaft, über seinen alten Fronhofsverband in Heidenheim mit dem Meierhof als zentralen Stützpunkt. Aus der alten, der Eichstätter Kirche seit dem 8. Jahrhundert dienenden Fronhofsverband wurde nun im 12. Jahrhundert eine von den Edlen von Truhendingen bevorzugte Grundherrschaft. Der Meierhof und die ihm nur noch lose verbundenen Hufen, Lehen und Hofstätten bildeten nun eine wirtschaftliche Basis für eine weltliche truhendingische Herrschaft in Heidenheim, die für den Schutz der ehemals bischöflichen Güter und der auf ihnen wirtschaftenden Menschen zu sorgen hatte. Die Schirmherrschaft wurde von den weltlichen Herren von Truhendingen nicht umsonst geboten. Alle ehemals bischöflich-eichstättischen Grundholden in Heidenheim wurden nun mit Vogteiabgaben neu belastet. Der Bischof von Eichstätt blieb nach wie vor der Grundherr, bezog seine grundherrlichen Abgaben und hielt alljährlich im Meierhof - von den Vogtherren nicht gern gesehen - sein Hofgericht, das Bauding, ab. Da aber mit der truhendingischen Vogtei die Gerichtsbarkeit verbunden war, wurde der Bischof als Grundherr allmählich vom Vogtherren, den Grafen von Truhendingen, vom Hofe verdrängt und die Edlen von Truhendingen blieben nun Herren über Heidenheim. Sie errichteten sich 1200 auf ihrem eichstättischen Lehen die Burg Hohentrüdingen, beschützten von dort das Kloster und verwendeten den ehemaligen Fronhofsverband des Bischofs zum Aufbau einer eigenen starken Herrschaft. Von nun an sprechen die Quellen stets von der Herrschaft Hohentrüdingen.
Bischof Gebhard musste den Truhendinger für seinen Beistand wohl belohnen und verlieh ihm die Vogtei, die weltliche Schutzherrschaft über seinen Meierhofverband in Heidenheim. Er wurde im Laufe der Jahre zu einem zentralen Stützpunkt der Truhendinger Herrschaft im Hahnenkamm. Die Grundherrschaft verblieb dem Bischof nach wie vor, doch entscheidend für die weitere Entwicklung im Markt blieb die Vogtei und die lag nun in weltlicher Hand. Die Schutzherrschaft über die Grundholden des Meierhofverbandes wurde von den Truhendingern nicht umsonst geboten. Alle ehemals bischöflich-eichstättischen Grundholden in Heidenheim wurden nun Untertanen der Edlen von Truhendingen und mit Vogteiabgaben belastet. Der Bischof blieb weiterhin der Grundherr, bezog seine grundherrlichen Abgaben und hielt alljährlich im Meierhof, von den Vogtherren nicht gerne gesehen, sein grundherrliches Hofgericht, das Bauding. Da aber mit der truhendingischen Vogtei die hohe Gerichtsbarkeit verbunden war, wurde der Bischof als Grundherr allmählich vom Vogtherrn verdrängt Dieser errichtete sich vor 1200 auf seinen eichstättischen Lehen die Burg Hohentrüdingen, beschützte von dort aus viele Besitzungen des Klosters und verwendete den ehemals eichstättischen Meierhofverband als Stützpunkt seiner Macht im Hahnenkamm, die nach dem Aussterben der Truhendinger in verschiedene Hände und im 14.Jahrhundert an die Burggrafen von Nürnberg, die späteren Markgrafen von Brandenburg-Ansbach, überging. Nur noch wenigen Menschen ist heute beim Anblick der Klosterkirche in Heidenheim bewusst, aus welch verschiedenen geistlichen und weltlichen Elementen der Markt Heidenheim entstanden ist. Neben dem Kloster bildete auch der Meierhof mit seinem Zubehör einen bewegenden Faktor in der Geschichte des Marktes.