Hohentrüdingen

Aus der Geschichte eines Dorfes

Die Edlen von Truhendingen

Ulrich von Truhendingen
Grabmal Ulrichs I. von Truhendingen im Münster von Heidenheim.

Wenn heutzutage von einem Edlen Menschen die Rede ist, so denken wir an Leute, die anderen Gutes tun. Sie können aus allen Schichten der Bevölkerung kommen, aus der Armut oder aus dem Wohlstand. Unter der Bezeichnung "Edle von Truhendingen" dürfen wir uns nicht eine Gemeinschaft von geistig-sittlich gesinnten Wohltätern vorstellen. Die Edlen von Truhendingen waren Angehörige einer Familie von hohem Herkommen, reichem Besitz und starkem Familienbewußtsein; das bedeutet: sie waren Adelige. Unter diesen Edlen konnten auch sehr brutale Leute dabeigewesen sein, sie werden trotzdem in der Fachsprache als Edle bezeichnet, denn edel kommt von dem mittelhochdeutschen Wort adel und das bedeutet ursprünglich "von hoher Geburt". Edelig oder Adelig war im Mittelalter vor allem ein Standesbegriff. Die Gesellschaft war ständisch gegliedert.

Die große Masse der unfrei Geborenen, die Basisgesellschaft, hatte die Nahrungsmittel zu produzieren. Dieser Unterbau der Gesellschaft, die bäuerlichen Menschen auf dem Lande, zeigte selbst wieder ständische Prägung. Von unbehausten Knechten und Mägden über den Seldner, Lehner und Hübner bis zum wohlsituierten Meierbauern wirkte hier alles zusammen. Über dieser breiten Schicht der unfrei Geborenen, die den Grund und Boden bewirtschafteten, erhob sich die weniger zahlreiche Schicht der Freigeborenen, die höheres Ansehen genoß. In der Fachsprache nennt man sie die Edelfreien. Freie Geburt spielte im Mittelalter eine bedeutende Rolle. Sie beanspruchte volles Eigentumsrecht über Grund und Boden. Diejenigen unter den Freigeborenen, die über viel Land, oft zerstreut über viele Orte und entfernte Landschaften und hohes Ansehen verfügten, gehörten zum Adel, wobei auch wieder unterschieden werden muß zwischen dem niederen und dem hohen Adel.

Als die Edlen von Truhendingen zu Beginn des 12. Jahrhunderts in das Licht der schriftlichen Überlieferung eintraten, waren sie wohl schon in anderen Orten begütert. Es scheint, daß sie im altbesiedelten Ries in der Gegend von Pfäfflingen, Dürrenzimmern und Wechingen ein frühes Familienzentrum besaßen und daß sie von dort aus einen überraschenden Aufstieg nahmen, der aber nicht allein auf dem Obereigentum an Grund und Boden, sondern auch am Besitz von Rechten bewirkt wurde. Herr Dr. Hubert Ruß hat in den Jahren vor 1992 eine Doktorarbeit über die Edelfreien und Grafen von Truhendingen verfaßt und über ihre Herkunft, ihren Aufstieg und die Entfaltung und den Niedergang ihrer Adelsherrschaft ausführlich berichtet. Er zeigte auf, daß sich die Adelsherrschaft der Truhendinger über einen weiten Raum bis Ober- und Unterfranken und weiter erstreckte, wobei wir zu beachten haben, daß es sich hier um eine Herrschaft, zusammengesetzt aus Rechten, Eigengütern Lehen und abhängigen Personen, nicht aber um ein flächengreifendes Territorium handelte, das sie nicht erreichen konnten.