1100 Jahre

Ursheim

und Appenberg

Folge des Gütertausches von 899:

Stärkung der Position des Bischofs von Eichstätt

Die ehemals königlichen Güter in Ursheim, Hechlingen, Appenberg und Prunnon sind nicht durch unmittelbare Schenkung aus der Hand König Arnulfs an die Bischofskirche von Eichstätt gelangt, sondern durch ein Tauschgeschäft, das der Bischof begehrte und der König genehmigte. Der König hatte sie als ehemalige Königslehen den beiden Adeligen Cozpreht und Theotger wegen deren Untreue entzogen und zunächst seinem Getreuen Meginward geschenkt. Näheres über Herkunft und Verwandtschaftsbeziehungen dieser beiden Lehensträger ist bisher nicht bekannt geworden. In der Forschung herrschte unterschiedliche Meinung, ob diese Güter nun wirklich Königsgut oder ob sie vielleicht Eigengut des Cozpreht und Theotger waren. Der Historiker Manfred Kudorfer hat in einer bedeutenden wissenschaftlichen Abhandlung "Das Ries zur Karolingerzeit" darüber Klarheit geschaffen, und die Güter als Königslehen qualifiziert, denn Eigengüter hätte der König nach damaligem Recht den beiden ungetreuen Adeligen nur schwerlich entziehen können.

Willibaldsburg

Willibaldsburg Eichstätt

Die ehemalige Residenz der Bischöfe von Eichstätt

Diese Schenkung von entzogenen Königslehen an seinen Getreuen Meginwart mag den Bischof Erchanbald in Eichstätt veranlasst haben, ein Tauschgeschäft unter Zustimmung des Königs Arnulf in die Wege zu leiten. Erchanbald suchte diese Königslehen in Ursheim, Hechlingen, Appenberg und Prunnon für seine Bischofskirche in Eichstätt zu erwerben. Die Urkunde spricht eigens davon, dass diese Güter dem Bischof "günstig gelegen" waren. Er musste aber an Meginwart auf dem Tauschwege dafür eichstättische Besitzungen in Pappenheim und der Pappenheimer Mark, in Oberhochstatt bei Weißenburg und eine Hube (Bauernhof) in Ellingen abtreten. Legt man als Maßstab die Entfernung dieser an Meginward abgetretenen Güter, vom Bischofssitz in Eichstätt aus betrachtet, zugrunde, so ergibt sich eigentlich ein Widerspruch. Diese um Pappenheim, Ellingen und Oberhochstatt an Meginward abgegebenen Besitzungen lagen ja dem Bischofssitz in Eichstätt näher (günstiger?) als die gewonnenen, aber entfernteren Neuerwerbungen im Hahnenkamm in Hechlingen, Ursheim, Appenberg und Prunnon.

Münster Heidenheim

Münster Heidenheim

Die Klosterkirche der ehemaligen Benediktinerabtei

Warum will der Bischof dann diese von Eichstätt ferner gelegenen, ehemals königlichen Besitztümer im Hahnenkamm gewinnen und dafür seine näher gelegenen in der Pappenheimer Gegend aufgeben? Liegt hier etwa ein Irrtum vor? Wohl kaum, denn die Qualifizierung als "günstig gelegen" muss sich hier nicht auf den Bischofssitz in Eichstätt, sondern wohl auf das nahe eichstättische Kloster Heidenheim beziehen. Dieses stand schon seit seiner Gründung im Jahre 752 in enger Beziehung zur Bischofskirche in Eichstätt, denn der erste Abt Wunibald erwarb den Boden zu seiner Klostergründung im Hahnenkamm "mit Zustimmung und Rat des Bischofs" und dieser Bischof war sein Bruder Willibald von Eichstätt. Das Kloster Heidenheim war also der älteste Stützpunkt, vorerst auch der einzige im Hahnenkamm, der der Eichstätter Kirche gehörte. Eine weitere Stärkung der Bischofskirche von Eichstätt im Hahnenkamm erfolgte dann schon um 790. In dieser Zeit löste der Nachfolger Willibalds, Bischof Gerhoh, das zuletzt von Walburgis, der Schwester des heiligen Wunibald und Willibald, geleitete Doppelkloster Heidenheim auf und verwandelte es in ein Stift von Weltgeistlichen.

Damit war es unmöglich, dass sich Wunibalds Kloster, das nach dem Vorbild von Fulda gegründet wurde, zu einer selbständigen großen Abtei entwickeln und Eichstätt wieder entfremdet werden konnte. Bischof Gerhoh war ein mächtiger Mann. Die neuere Forschung vermutet, dass er mit dem bayerischen Präfekten Gerold, dem Schwager Karls des Großen, verwandt und von diesem auch um 793 mit der Abtei Murbach im Elsaß betraut war. Gerhoh sorgte bei der Säkularisation des Klosters Heidenheim um 790 vor allem für die wirtschaftliche Stärkung seiner Bischofskirche im Hahnenkamm. Er stellte den nunmehr dort amtierenden Weltgeistlichen nur mehr einen Teil des ehemaligen Klostergutes zur freien Verfügung. Den anderen Teil vermachte er seiner Bischofskirche in Eichstätt. Schon seit dieser frühen Zeit um 790 bis 800 liegt wohl in Heidenheim eine Zweiteilung des Grund und Bodens vor: Der nördliche mit der Klosterkirche gehörte nun den Stiftsherrn, der südliche mit der Walburgis-Pfarrkirche wurde in einen eichstättischen Fronhofsverband mit Meierhof, Huben, Lehen und dienenden Hofstätten verwandelt, aus dem nun die Eichstätter Kirche grundherrliche Abgaben bezog. Später gelangte dann dieser Besitz über die Vogtei in die Hände der Truhendinger Grafen. Womöglich stammt auch der eichstättische Meierhofsverband in Döckingen, der schon im ältesten Salbuch des Hochstifts Eichstätt um 1300 erscheint und dessen Besitz 1535 im Hohentrüdinger Salbuch aufgeschlüsselt ist, aus säkularisiertem Heidenheimer Klostergut. Nicht auszuschließen ist auch, dass der frühe Besitz der Eichstätter Kirche in Meinheim und Wolfsbronn aus altem Heidenheimer Klostergut entnommen wurde, denn 1180 erscheint dort ein Konrad von Wolfsbrunn als Eichstätter Ministeriale.

Unter Bischof Erchanbald (882?- 912) erfolgte eine neue Bindung des Bistums Eichstätt an das deutsche Königtum, deren Grundlage schon Willibald, der Bruder Wunibalds, gelegt hatte. So wird verständlich, dass Erchanbald die guten Beziehungen zu König Arnulf nutzte, um die durch die Säkularisation des Klosters Heidenheim durch Bischof Gerhoh erworbenen eichstättischen Besitzpositionen im Hahnenkamm auszubauen und durch die ehemaligen Königslehen in unmittelbarer Nähe in Hechlingen, Ursheim, Appenberg und Prunnon zu erweitern und zu verstärken. Aus dieser klugen Erwerbspolitik Bischofs Erchanbald für sein Bistum Eichstätt muss man das Tauschgeschäft mit dem Edlen Meginward erkennen, dem der König Arnulf seine Zustimmung erteilte. Im Hahnenkamm und seinem fruchtbaren Umland war schon in der Anfangszeit des Bistums Eichstätt durch die Säkularisation des Klosters Heidenheim um 790 eine frühe, fernabgelegene Machtposition der Bischofskirche entstanden, die durch Erchanbald nun planmäßig ausgebaut und durch den Gütertausch mit Meginward aus dem ehemaligen Königsgut in Hechlingen, Ursheim, Appenberg und Prunnon erweitert wurde. Diese Güter lagen günstig zum alten eichstättischen Besitzkomplex um das ehemalige Kloster Heidenheim und sie waren damit auch ein wertvoller Baustein für die Diözese Eichstätt.

Dass Bischof Erchanbold diese neu gewonnenen Machtpositionen im Hahnenkamm gegen kommende Einfälle der Ungarn auch zu schützen wusste, darf vielleicht aus der Tatsache entnommen werden, dass der untere Wall der Gelben Bürg, zwischen Heidenheim und Dittenheim gelegen, durch ihn oder zumindest durch seine Nachfolger erneuert wurde. Erchanbald hatte im Jahre 908 Markt und Münze für seinen Bischofssitz und das Recht erworben, in seinem Bistum Munitiones, das heißt Befestigungen gegen die Heiden, anzulegen. Zu seinem Bistum gehörten nun auch die Besitzergruppen um Heidenheim, Hechlingen und Ursheim. Aus Vorsorge für sie könnte in dieser Zeit unter seinem Nachfolger die aufgelassene Befestigung der Gelben Bürg wiederhergestellt worden sein, wie die Ausgrabungen im Jahre 1968 bezeugen.