Die Fischerei spielte im Mittelalter in den Binnengewässern vor allem wegen der vielen Fastentage im Jahr eine große Rolle, denn Fisch galt als Fastenspeise. Die großen und kleinen Flüsse wiesen dazumal noch einen erheblichen Reichtum an vielen Fischarten auf, da nur eine geringe Gewässerverschmutzung erfolgte und viele Altwasser die Flüsse begleiteten. Trotzdem reichte oft der Fischbedarf aus den natürlichen Gewässern nicht aus. So gingen manche Klöster zu einer ausgedehnten künstlichen Fischzucht durch Anlage von Weihern über. Das Kloster Heidenheim musste sich hier gewissen Beschränkungen unterwerfen, denn die umgebende Juralandschaft, der Hahnenkamm, mit seinen vielen wasserdurchlässigen Kalkböden und seinen bewegten Bodenformen ließ nur eine kleinräumige Anlage von Weihern zu. So ermöglichte die an Heidenheim nahe im Westen in einem Tal vorbeifließende Rohrach durch einen Aufstau in unmittelbarer Nähe wenigstens einige Fischweiher und Fischgruben zu unterhalten. Davon berichten Einträge in das Rechnungsbuch des Abtes Wilhelm von Vestenberg (1427-1446) (1):
Wann diese Weiher vom Kloster angelegt wurden, bleibt unbekannt. Vor 1053 bildete die Rohrach ja eine Grenze zwischen der Heidenheimer Markung und dem von Kaiser Heinrich (1039-1056) an den Eichstätter Bischof Gebhard geschenkten Königsforst (2). Ob das Kloster schon damals das Recht hatte, die Weiher anzulegen, bleibt fraglich. Die Mahdweiher erhielten ihre Namen von den umgebenden Wiesen, die gemäht, nicht beweidet wurden, daher Mahd genannt. Mahdweiher bedeutet also: "Weiher an der Mahd". Neben dem oberen und unteren (niederen) Mahdweiher waren vom Kloster um 1400 auch Fischgruben angelegt. Darüber steht im Rechnungsbuch:
Diese Weiher und Fischgruben lagen alle im Rohrachgrund in unmittelbarer Nähe des Klosters. Im Süden von Heidenheim liegt noch heute der Schildsweiher, wohl genannt nach dem Schildsberg, der sich in seiner Nähe erhebt. Er wird vor allem von Quellen gespeist, die auf dem oberen Quellhorizont, dem wasserundurchlässigen Ornatenton entstehen, wie der Rötelbrunnen und der Brunnen über der ehemaligen Grottenmühle. Auch dieser Weiher wird schon um 1400 genannt und besteht noch heute. Um 1430 steht über ihn geschrieben:
Neben diesen in der Heidenheimer Gemarkung gelegenen Weihern verfügte das Kloster noch über Weiher in den auswärtigen Orten. Da ist die Rede vom Lunkenweiher bei der Lunkenburg bei Wolfsbrunn. Dieser dürfte im Jahre 1400 durch Kauf der Lunkenburg an das Kloster gelangt sein (5). Über den Lunkenweiher steht 1432 geschrieben:
Als letzten Weiher verfügte das Kloster schließlich über den Weiher im Tal bei Roßmeiersdorf. Diese Gegend der Einzelhöfe südlich von Westheim nannte man früher "das Tal" und die Leute, die dort wohnten, die "Talleute" Bei alten Leuten in Westheim heißen sie heute noch so. In der Nähe von Zirndorf lag einst der Membartshof, der heute verschwunden ist und der Eigentum des Klosters war. Über diesen Talweiher steht geschrieben:
Der Talweiher bei Roßmeiersdorf wurde aus einem Bächlein gespeist, das im Wald Mutzenhöll bei Hohentrüdingen entspringt und unter dem Namen "Arlaßgraben" in vielen Windungen durch den Staatswald in Richtung Roßmeiersdorf zur Wörnitz fließt. Der Weiher ist heute eingegangen. Alle diese Weiher wurden wohl einst vom Bauhof des Klosters unter Aufsicht des Baumeisters betreut. Von einem eigenen Fischer als Bediensteten im Kloster ist kein Nachweis zu finden. Auch von einem Familiennamen Fischer, der an eine mit der Fischerei verbundene Person in Heidenheim erinnern könnte, fehlt in den Quellen um 1400 jede Spur.
Diese Weiher des Klosters reichten wohl kaum aus, den Fischbedarf des Klosters während der vielen Fastentage zu befriedigen. Daher richteten die Mönche schon frühzeitig den Blick in das nahe Altmühltal, um dort ein Fischwasser zu erwerben. Die Altmühl, ein Fluss mit vielen Altwassern vor ihrer Begradigung galt als fischreiches Gewässer (7). Unter einem Fischwasser verstand man um 1400 nicht etwa nur ein Recht, in der Altmühl fischen zu dürfen. Wie sollten die Bediensteten des Klosters zu Fuß den 10 Kilometer langen Weg von Heidenheim zur Altmühl zurücklegen, dort die günstige Zeit für den Fischfang abwarten und wieder, womöglich bei stockdunkler Nacht nach Heidenheim zurückgehen? Zudem fehlte ihnen jegliche Erfahrung im Fischen.
Nein, hier brauchte man einen Mann, der im Umgang mit den Fischen bewandert war und der in der Nähe der Altmühl wohnte und seine Fischerei berufsmäßig ausübte. Unmittelbar an der Altmühl konnte nur der Fischer vom Fischhaus zu Trommetsheim wohnen, etwas erhöht über dem Fluss und den Wiesen an der alten Grießfurt, die schon zur Römerzeit die Menschen über den Fluss geleitete und an der im Mittelalter eine Landschranne, ein Gerichtsplatz, festgelegt war (8). Die anderen Fischer mussten in den etwas vom Fluss entfernten Ortschaften ihre Wohnstätte suchen, denn die Altmühl tritt gar oft in längeren Regenzeiten aus ihrem Bett und verwandelt das weite Tal in einen See. Der Fischer des Klosters Heidenheim musste also in einem dem Fluss nahe gelegenen Ort wohnen, wo er nur einen kurzen Weg zur Altmühl hatte. Allerdings konnte der Fischer mit seiner Familie nicht allein vom Fischfang leben. Deshalb erwarb das Kloster in den Orten Unterasbach, Gundelsheim, Fischhaus bei Trommetsheim und Berolzheim mehrere kleine Anwesen, die von der Familie der Fischer bewirtschaftet werden konnten, während der Fischer selbst seinem Fischfang nachgehen konnte. Unter einem Fischwasser verstand man also um 1400 mehr als nur ein Recht, auf einer festgelegten Strecke der Altmühl Fische fangen zu dürfen, sondern ein kleines landwirtschaftliches Anwesen, auf dem das Fischrecht ruhte. Das Salbuch des Klosters um 1400 gibt über das Fischwasser zu Unterasbach folgenden Aufschluss:
Noch ausführlicher berichtet das Salbuch um 1400 über das Fischwasser des Klosters zu Berolzheim:
Dieser Eintrag in das Salbuch des Klosters um 1400 bedarf einiger Erläuterung. Da ist zunächst einmal die Rede von Abgaben an das Kloster. Alljährlich hatte der Fischer von Berolzheim an Geld 5 Schilling Haller und 1 Fastnachthenne zu leisten. Die Fastnachthenne wurde von sämtlichen Grundholden des Klosters als Anerkennungszins für das Obereigentum des Klosters gefordert, sie war auch dem Fischer nicht erlassen worden. Eigentlich waren die Abgaben von dem Fischwasser zu Berolzheim gering bemessen. Von dem Anwesen des Fischers mit dem einen Tagwerk Wiesen und 2½ Joch Acker konnte aber nicht mehr gefordert werden. Der Grundbesitz reichte gerade zur Haltung einer Kuh oder einiger Ziegen und zur Vorsorge für das tägliche Brot.
Das Fischwasser des Klosters Heidenheim in Berolzheim war also ein Kleingut, eine Hofstatt, wie das Salbuch es benennt. Das war sicherlich vom Kloster so gewollt, damit der Fischer ihm die meiste Zeit mit seinem Fischfang zur Verfügung stehen konnte. Der Fischer hatte im Jahr 58 gewöhnliche Dienste und 3 hochzeitliche Dienste zu leisten. Bei den hochzeitlichen Diensten darf man nicht etwa an eine Trauung denken, sondern an ein hohes kirchliches Fest, an dem mehr Fische gebraucht wurden. Der Fischer hatte also an 53 Tagen im Jahr zu sorgen, dass er mit Fischen im Kloster aufwarten konnte. Die Zahl der Fische wird nicht immer gleich gewesen sein können, denn Fischfang ist auch eine Glückssache, einmal erbringt ein Fang mehr, einmal weniger.
Das Salbuch legt sich auch auf die Zahl der Fische nicht fest, es bezeichnet den Fang als Dienst. Die 58 Tage erklären sich wohl aus den vielen Fastentagen im Kloster, an denen Fische als Fastenspeise benötigt wurden. Diese Fischdienste wurden im Kloster angeschnitten. Man darf hier wohl an ein Kerbholz denken, ein stabförmiges Gerät, das aus zwei in einander fügbaren Teilen bestand, die bei jedem Dienst mit einem Schnitt versehen wurden. Den einen Teil behielt das Kloster, den andern der Fischer. So konnte beim Zusammenfügen der beiden Teile die Zahl der Dienste überprüft werden. Das Kerbholz war als Kontrollorgan noch bis in das 19. Jahrhundert allgemein im Gebrauch (11).
Wenn also der Fischer von Berolzheim einen Fang Fische ins Kloster brachte oder er vom Kloster abgeholt wurde, so bestätigte man dies gegenseitig durch einen Schnitt in das Kerbholz. Nicht angeschnitten wurde der so genannte Baudingsfisch, den der Fischer ursprünglich einmal im Jahr in das Bauding mitzubringen hatte (12).
Zu merkwürdigen Vorstellungen könnte man gelangen, wenn wir die Bestimmung lesen:
Hier ist an den Fall gedacht, dass der Fischer das Fischwasser des Klosters, auf dem er bisher saß, verlassen muss, sei es durch Wegzug, oder von Alters wegen oder durch Tod. oder durch schlechte Leistung. So wie ein Bauer von seinem Hof kommen konnte, wenn er seine Abgaben dem Kloster gegenüber nicht erbrachte oder an seinen Sohn vererben musste, so konnte der Fischer von seinem Fischwasser, seiner Arbeitsstelle, kommen. Für diesen Fall hat das Kloster Vorsorge getroffen, dass ein neuer Fischer sofort wieder fischen konnte, indem er die hinterlassenen Fischgeräte, die ja dem Kloster gehörten, vom Vorgänger übernahm. Fischen erfordert Fleiß, Geduld und Glück. Darum konnte ein Fischdienst für das Kloster nicht ausfallen wie der andere. Der Eifer des Fischers musste aber belohnt werden:
Der Fischer konnte also seinen Dienst auch statt der Abgabe von Fischen schon damals in Geld ablösen, für jeden Dienst 30 Denar. Die Fischer auf den vier Fischwassern des Klosters im Altmühltal waren sicherlich keine reichen Leute. Aber das Kloster ermöglichte ihnen ein gesichertes Dasein. Sie konnten von den Fischen, die sie für sich fingen, leben. Außerdem konnten sie ihr Fischwasser ihren Nachkommen übergeben, denn sie besaßen es meist zu Erbrecht. Der Abt konnte sie dann nicht mehr von ihrem Erbe vertreiben. Nach der Auflösung des Klosters im Jahre 1537 und der Lockerung der strengen Fastenzeit konnten die Fischer ihre Dienste allmählich in Geld ablösen und ihre Fische verkaufen. Sie blieben aber mit ihrem Fischwasser auch beim Klosterverwalteramt Heidenheim als ihrem Grundherrn verbunden.